Deutsche Tageszeitung - Ende von Nato-Einsatz in Afghanistan steht unmittelbar bevor

Ende von Nato-Einsatz in Afghanistan steht unmittelbar bevor


Ende von Nato-Einsatz in Afghanistan steht unmittelbar bevor
Ende von Nato-Einsatz in Afghanistan steht unmittelbar bevor / Foto: ©

Fast zwei Jahrzehnte nach Beginn des internationalen Truppeneinsatzes in Afghanistan haben die USA und ihre Nato-Verbündeten ihre letzten Soldaten vom Haupt-Militärstützpunkt Bagram abgezogen. Das US-Militär habe die strategisch wichtige Luftwaffenbasis offiziell an die afghanische Armee übergeben, teilte das Verteidigungsministerium in Kabul am Freitag im Onlinedienst Twitter mit. Damit steht das Ende des Nato-Einsatzes am Hindukusch unmittelbar bevor.

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"Alle Streitkräfte der Koalition haben Bagram verlassen", sagte ein US-Verteidigungsbeamter am Freitag der Nachrichtenagentur AFP. Der Sprecher des afghanischen Verteidigungsministeriums, Fawad Aman, erklärte, dass von nun an afghanische Soldaten den Stützpunkt "beschützen und für den Kampf gegen den Terrorismus nutzen" würden.

Die radikalislamischen Taliban machten keinen Hehl aus ihrer Genugtuung über den Abzug der USA und ihrer Partner aus Bagram, das nur 50 Kilometer entfernt von der Hauptstadt Kabul liegt. Taliban-Sprecher Sabihullah Mudschahid sagte, der vollständige Abzug der internationalen Truppen werde "den Weg dafür ebnen, dass die Afghanen selbst über ihre Zukunft entscheiden können".

Die bereits während des Kalten Krieges in den 1950er Jahren entstandene Militärbasis Bagram war der wichtigste Stützpunkt der USA und der Nato in Afghanistan. Auf dem Stützpunkt, der als Dreh- und Angelpunkt für den US-Einsatz in Afghanistan diente, waren zeitweise bis zu 30.000 Soldaten stationiert. In den vergangenen Monaten war die Luftwaffenbasis immer wieder zum Ziel von Raketenangriffen geworden, zu denen sich die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) bekannte.

US-Präsident Joe Biden hatte ursprünglich angekündigt, bis spätestens zum 11. September - dem 20. Jahrestag der Terroranschläge in den USA - alle US-Soldaten aus Afghanistan abzuziehen. Die Anschläge waren der Auslöser der US-Militärinvasion in Afghanistan gewesen. Inzwischen läuft der Abzug aber sehr viel schneller: Auch der 4. Juli, der US-Nationalfeiertag, wurde zuletzt als endgültiges Abzugsdatum genannt - auf diesen scheint jetzt vieles hinzudeuten.

Mit dem Truppenabzug hatten die USA und ihre Nato-Verbündeten Ende April begonnen. Mehrere Militärstützpunkte wurden bereits an die afghanische Armee übergeben. Die letzten Bundeswehr-Soldaten verließen das Land am Hindukusch bereits am Dienstag; damit wurde der längste Auslandseinsatz in der Geschichte der Bundeswehr beendet. Medienberichten zufolge wird das Pentagon etwa 600 US-Soldaten in Afghanistan behalten, um das US-Botschaftsgelände in Kabul abzusichern.

Die Gewalt in Afghanistan hat in den vergangenen Wochen stark zugenommen. Die Friedensgespräche zwischen den radikalislamischen Taliban und der afghanischen Regierung kommen nicht voran. Beobachter warnen, dass sich die Sicherheitslage in dem Land nach dem vollständigen Abzug der Nato-Truppen noch verschlechtern könnte.

Zuletzt war den Taliban in mehreren Offensiven die Eroberung von Landesteilen gelungen. Die Fähigkeit der afghanischen Streitkräfte, die Kontrolle über den Luftwaffenstützpunkt Bagram zu behalten, wird sich wohl als entscheidend für die Aufrechterhaltung der Sicherheit in Kabul und den Druck auf die Taliban erweisen.

Der Abzug der ausländischen Truppen vom Stützpunkt Bagram sei ein Symbol dafür, "dass Afghanistan allein und verlassen ist und sich selbst gegen den Ansturm der Taliban verteidigen muss", sagte der in Australien lebende Afghanistan-Experte Nishank Motwani. "Nach ihrer Rückkehr nach Hause werden die Amerikaner und ihre verbündeten Streitkräfte nun aus der Ferne zusehen, wie das niederbrennt, wofür sie 20 Jahre lang so hart gekämpft haben."

Auch viele Bewohner von Bagram sorgten sich am Freitag um ihre künftige Sicherheit. "Die Situation ist schon jetzt chaotisch", sagte der Inhaber eines kleinen Geschäfts für Schuhbekleidung, Matiullah, zu AFP. "Es gibt viel Unsicherheit und die Regierung (in Kabul) verfügt nicht über genügend Waffen und Ausrüstung." Auch der Fahrradmechaniker Fasal Karim sagte, die Lage habe sich seit dem Beginn des Nato-Abzugs verschlechtert. "Es gibt keine Arbeit, kein Geschäft."

(I.Beryonev--DTZ)

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