Deutsche Tageszeitung - Opposition im Bundestag zieht vernichtende Bilanz des Afghanistan-Einsatzes

Opposition im Bundestag zieht vernichtende Bilanz des Afghanistan-Einsatzes


Opposition im Bundestag zieht vernichtende Bilanz des Afghanistan-Einsatzes
Opposition im Bundestag zieht vernichtende Bilanz des Afghanistan-Einsatzes / Foto: ©

Die Opposition im Bundestag hat ein vernichtendes Fazit der deutschen Afghanistan-Politik gezogen. Der "gescheiterte Afghanistan-Einsatz" sei der "schwärzeste Punkt" in der 16-jährigen Kanzlerinnenschaft von Angela Merkel (CDU), sagte Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch. Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock sprach von einem "außenpolitischen Desaster". FDP-Chef Christian Linder warf der Bundesregierung "Unverantwortlichkeit und Handlungsunfähigkeit" vor. Der AfD-Fraktionsvorsitzende Alexander Gauland legte der Regierung zur Last, dass sie das Leben deutscher Soldaten für eine zum Scheitern verurteilte Mission geopfert habe.

Textgröße ändern:

Grünen-Chefin Baerbock warf der Bundesregierung vor, die Alarmsignale vor der Machtübernahme der radikalislamischen Taliban in Afghanistan bewusst ignoriert zu haben. Sie habe das Land als stabil hingestellt, "weil Sie weiter nach Afghanistan abschieben wollten", sagte Baerbock an die Adresse der Regierung. "Sie haben politisch in den letzten Wochen entschieden, dass innenpolitische Motive höher gewertet werden als unsere außenpolitische Verantwortung."

Nun werde klar, "in welch ein außenpolitisches Desaster Sie als als Bundesregierung nicht nur die Bundeswehr, sondern die Menschen in Afghanistan, die sich auf unsere Hilfe verlassen haben, geführt haben", sagte Baerbock. Die Versäumnisse der Regierung bei der rechtzeitigen Rettung der Ortskräfte hätten dazu geführt, dass diese nun "in der Falle" säßen.

Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch forderte personelle Konsequenzen. Die Fehler insbesondere von Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) und Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) seien "unentschuldbar", sagte Bartsch. "Die Folgen Ihrer Fehler gefährden Menschenleben." Diejenigen, die daran beteiligt gewesen seien, "sollten nie wieder Teil einer Bundesregierung sein."

Auch Bartsch beklagte, dass die Regierung ihre einheimischen Helfer in Afghanistan im Stich gelassen habe. Die Ortshelfer hätten bereits vor dem Abzug der Bundeswehr herausgeholt werden müssen - dies wäre "die logische Reihenfolge" gewesen, sagte Bartsch. Die politische Verantwortung für den gescheiterten Einsatz wies Bartsch Bundeskanzlerin Merkel zu.

Auch FDP-Fraktionschef Lindner lastete der Bundesregierung Versagen an. "Die letzten Tage und Wochen haben den Eindruck unorganisierter Unverantwortlichkeit verstärkt", sagte er. Die aktuelle Situation sei "eine Katastrophe", sie komme aber "nicht aus dem Nichts". Hunderte Menschen mehr hätten evakuiert werden können, wenn die Regierung rechtzeitig gehandelt hätte.

Nun müsse "politische Verantwortung zugeordnet" werden, "personelle Konsequenzen müssen folgen", sagte der Liberale. Heute sei es allerdings noch zu früh dafür, nun stehe zunächst die "Linderung von Leid im Vordergrund".

AfD-Fraktionschef Gauland bezeichnete den internationalen Afghanistan-Einsatz als von vornherein falsch. "In Afghanistan ist die Idee des Exports der westlichen Lebensart krachend gescheitert", sagte er. "Die Afghanen pfeifen in ihrer Mehrheit auf die Verwestlichung. Wer glaubt, man könne tiefe, ethnisch kulturelle Prägungen mit Aufklärungskursen und Gender-Mainstreaming therapieren, bezeugt nur eine monströse Ignoranz."

Insbesondere kritisierte Gauland, dass sich der internationale Einsatz auch der Stärkung der Frauenrechte verschrieben habe. "Um Geschlechtergerechtigkeit in die muslimische Welt zu tragen, mussten deutsche Männer dort ihr Leben lassen", sagte er. "Wie viele afghanische Frauen in höchsten Ämtern oder Mädchen in Schulen wiegen eigentlich einen deutschen toten Soldaten auf?"

(W.Novokshonov--DTZ)

Empfohlen

USA und Ukraine setzen Gespräche in Berlin am Montag fort - Witkoff sieht "große Fortschritte"

Nach der ersten Gesprächsrunde zwischen Delegationen der USA und der Ukraine in Berlin hat der US-Sondergesandte Steve Witkoff ein positives Zwischenfazit gezogen. Es seien "große Fortschritte" erreicht worden, erklärte Witkoff nach dem gut fünfstündigen Treffen im Kanzleramt am Sonntagabend im Onlinedienst X. Die Verhandlungen würden am Montagmorgen fortgesetzt. Am Abend sollen dann zahlreiche europäische Staats- und Regierungschefs zu den Gesprächen hinzustoßen.

Ultrarechter Kandidat Kast gewinnt Präsidentenwahl in Chile

Der rechtsextreme Kandidat José Antonio Kast hat die Präsidentschaftswahl in Chile gewonnen. Der 59-Jährige lag am Sonntagabend nach Auszählung von 76 Prozent der Stimmen mit 58,3 Prozent uneinholbar in Führung, wie die Wahlkommission mitteilte. Die Sozialdemokratin Jeannette Jara kam demnach nur auf 41,7 Prozent.

Witkoff: "Große Fortschritte" bei Ukraine-Treffen im Kanzleramt

Der US-Sondergesandte Steve Witkoff hat ein positives Fazit der ersten Gesprächsrunde mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Berlin gezogen. Es seien "große Fortschritte" erreicht worden, erklärte Witkoff nach dem Treffen im Kanzleramt am Sonntagabend im Onlinedienst X. Es seien "intensive Diskussionen über den 20-Punkte-Friedensplan, wirtschaftliche Agenden" und weitere Themen geführt worden. Die Beratungen sollen nach Angaben der USA und der Ukraine am Montag fortgesetzt werden.

Selenskyjs Gespräche mit US-Gesandten in Berlin vorerst zu Ende - Fortsetzung am Montag

Die Gespräche zwischen dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und den US-Gesandten Steve Witkoff und Jared Kushner im Kanzleramt in Berlin sind am Sonntagabend vorerst zu Ende gegangen. Selenskyjs Berater Dmytro Lytwyn teilte mit, nach dem gut fünfstündigen Austausch sei vereinbart worden, die Gespräche am Montag fortzusetzen. Der ukrainische Präsident werde sich am Montag dazu äußern.

Textgröße ändern: