Deutsche Tageszeitung - Westlichen Staaten läuft bei den Rettungsflügen aus Kabul die Zeit davon

Westlichen Staaten läuft bei den Rettungsflügen aus Kabul die Zeit davon


Westlichen Staaten läuft bei den Rettungsflügen aus Kabul die Zeit davon
Westlichen Staaten läuft bei den Rettungsflügen aus Kabul die Zeit davon / Foto: ©

Am Kabuler Flughafen zählt nun jede Minute: Die westlichen Rettungsflüge für schutzbedürftige Menschen aus Afghanistan dürften noch in dieser Woche enden. Angesichts des bevorstehenden US-Truppenabzugs zum 31. August könnte die Luftbrücke der Bundeswehr aus Kabul schon am Freitag aufgehoben werden, wie die Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch aus Sicherheitskreisen in Berlin erfuhr. Am Kabuler Flughafen warteten derweil weiter Tausende verzweifelt auf einen der Plätze in den letzten Evakuierungsflügen.

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Das Verteidigungsministerium wollte die Informationen über ein Ende der Evakuierungsflüge der Bundeswehr schon am Freitag nicht bestätigen. Einen Zeitpunkt könne er "weder bestätigen noch dementieren", sagte ein Ministeriumssprecher. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hob in ihrer Regierungserklärung zu Afghanistan im Bundestag hervor, dass die Flüge "so lange wie möglich" fortgesetzt würden. Paris hatte bereits mitgeteilt, dass die französischen Rettungsflüge bei einem US-Abzug zum 31. August am Donnerstagabend eingestellt würden.

Bis zum Mittwochnachmittag flog die Bundeswehr nach Angaben der Regierung mehr als 4850 Menschen aus dem Land aus. Am Mittwoch wurden demnach 218 Menschen in Sicherheit gebracht (Stand 14.00 Uhr MESZ).

Merkel nannte die Entwicklung der vergangenen Tage in Afghanistan eine "einzige Tragödie". Sie betonte: "Klar ist: Die Taliban sind jetzt Realität in Afghanistan, und viele Menschen in Afghanistan haben große Angst." Sie sagte auch ein weiteres Engagement Deutschlands vor allem zur Rettung afghanischer Ortskräfte zu.

Der Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Auswärtigen Ausschuss, Roderich Kiesewetter (CDU), sagte im ZDF, es sei klar, dass bei einem Abzug der USA am 31. August deren Partner zwei bis drei Tage vorher aus Afghanistan heraus müssten. Deshalb sei es ganz wichtig, dass afghanische Ortskräfte auch danach ausreisen könnten. Es gehe darum, mit den radikalislamischen Taliban zu verhandeln.

Auch der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hardt (CDU), betonte im Südwestrundfunk: "Es bleibt unser Ziel, diese Operation möglichst lange durchzuführen, um möglichst viele Personen in Richtung Usbekistan zu evakuieren." Gespräche dazu liefen auf allen Ebenen.

Die USA haben bislang mehr als 70.000 Menschen aus Afghanistan ausgeflogen, dennoch versammelten sich am Mittwoch erneut riesige Menschenmengen vor dem Kabuler Flughafen - in der Hoffnung, der Herrschaft der radikalislamischen Taliban zu entkommen. Es gilt als nahezu ausgeschlossen, dass alle afghanischen Ortskräfte, die in dem 20-jährigen Konflikt für die westlichen Truppen gearbeitet hatten, bis Monatsende außer Landes gebracht werden können.

US-Präsident Joe Biden hatte am Dienstag erklärt, er halte ungeachtet internationaler Appelle für einen längeren Militäreinsatz an dem US-Truppenabzug bis zum 31. August fest. Biden begründete sein Festhalten an der Frist mit einem wachsenden Risiko von Anschlägen auf US-Soldaten durch einen Ableger der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS). "Jeder Einsatztag bringt zusätzliche Risiken für unsere Soldaten", sagte der Präsident.

Auch der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbandes, André Wüstner, warnte im ZDF am Mittwoch vor der zunehmenden Gefahr am Flughafen Kabul. "Einerseits wissen die Afghanen, dass das Zeitfenster sich jetzt schließt", was den Druck in Richtung Airport weiter erhöhe, sagte Wüstner. Außerdem gebe es Berichte, wonach sich Selbstmordattentäter in der Stadt befinden sollen. Die Gefahr eines Anschlags sei "enorm".

Zuletzt war der Druck auf die USA gewachsen, den Militäreinsatz über den 31. August hinaus zu verlängern, damit westliche Bürger, aber auch gefährdete Ortskräfte das Land verlassen können. Vertreter Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens und anderer Länder hatten die Hoffnung geäußert, dass die Luftbrücke über August hinaus bestehen bleiben könnte.

(A.Nikiforov--DTZ)

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