Haager Strafgericht soll doch nicht gegen US-Soldaten in Afghanistan ermitteln
Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) soll nun doch nicht wegen möglicher Kriegsverbrechen durch US-Soldaten in Afghanistan ermitteln. Die Untersuchung zu Afghanistan müsse sich auf Taten der radikalislamischen Taliban und der Dschihadisten-Miliz Islamischer Staat konzentrieren, forderte der neue Chefankläger des in Den Haag ansässigen Tribunals, Karim Khan, am Montag. Er verwies auf "Schwere, Ausmaß und den anhaltenden Charakter" der mutmaßlichen Verbrechen der Islamisten.
Khans Vorgängerin Fatou Bensouda hatte mit ihrer Arbeit den Zorn Washingtons auf sich gezogen. Sie hatte sich seit 2017 für die Einleitung formeller Ermittlungen gegen Angehörige der US-Streitkräfte in Afghanistan eingesetzt. Die Haager Richter lehnten dies 2019 ab. In zweiter Instanz bekam Bensouda 2020 aber doch grünes Licht.
Zu Ermittlungen kam es dann nicht: Die mittlerweile abgesetzte Regierung in Kabul beantragte eine Aussetzung, weil sie den Vorwürfen selbst auf nationaler Ebene nachgehen wolle. Die internen Regeln des Gerichtshofs besagen, dass dieser Ermittlungen zu schweren Verbrechen dann übernehmen soll, wenn der betroffene Mitgliedstaat nicht in der Lage oder unwillig dazu ist.
Die Machtübernahme der Taliban in Afghanistan habe die Situation am Hindukusch "fundamental" verändert, sagte Khan nun. Die Untersuchung müsse nun wieder anlaufen. Weil der IStGH aber begrenzte Ressourcen habe, wolle er sich auf die Fälle konzentrieren, die am ehesten zu Verurteilungen führten.
Der Brite war im Februar von den Mitgliedstaaten des IStGH für eine neunjährige Amtszeit gewählt worden. Zuvor hatte die US-Regierung unter Präsident Donald Trump Sanktionen gegen seine Vorgängerin Bensouda verhängt. Unter Präsident Joe Biden nahm Washington die Sanktionen zwar zurück, bekräftigte aber die Kritik an den geforderten Ermittlungen.
Der IStGH ahndet Verbrechen wie Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Er nahm seine Tätigkeit 2002 auf. Die USA und weitere Länder wie China, Russland und Israel gehören ihm allerdings nicht an. Washington hatte das Tribunal in der Vergangenheit wegen Ermittlungen gegen Nicht-Mitgliedstaaten immer wieder scharf kritisiert.
(W.Novokshonov--DTZ)