
Kreml-Kritiker Nawalny erhält Sacharow-Preis für Menschenrechte

Das EU-Parlament hat den diesjährigen Sacharow-Preis für Demokratie und Menschenrechte an den russischen Oppositionellen Alexej Nawalny vergeben. Das Parlament rühmte den prominenten Kreml-Kritiker am Mittwoch in Straßburg für seinen "unermüdlichen" Kampf für Demokratie und gegen Korruption in seinem Land. Der 45-Jährige ist in Russland inhaftiert und muss sich in einer Reihe von Prozessen vor Gericht verantworten.
Nawalny "hat unermüdlich gegen die Korruption von Wladimir Putins Regime gekämpft. Das hat ihn seine Freiheit und beinahe sein Leben gekostet", schrieb EU-Parlamentspräsident David Sassoli im Onlinedienst Twitter. Das EU-Parlament verlange seine "sofortige Freilassung".
Der Putin-Widersacher hatte im Sommer vergangenen Jahres einen Mordanschlag mit Nervengift knapp überlebt. Zwischenzeitlich war er deswegen in der Berliner Charité behandelt worden. Nawalny machte den Kreml für den Anschlag verantwortlich und kehrte trotz der ihm drohenden Verhaftung im Januar nach Moskau zurück.
Dort wurde er umgehend festgenommen und wenige Wochen danach wegen angeblicher Verstöße gegen Bewährungsauflagen zu mehr als zwei Jahren Lagerhaft verurteilt. Danach überzog die russische Justiz den Oppositionellen und seine Organisationen mit weiteren Verfahren, zuletzt wegen Aufrufen zum "Machtwechsel durch Gewalt".
Seit vielen Jahren habe Nawalny für Menschenrechte und grundlegende Freiheiten in seinem Land gekämpft, sagte die Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Heidi Hautala. Auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg begrüßte die Vergabe des Sacharow-Preises an Nawalny. Dies sei eine "Anerkennung für die wichtige Rolle, die er viele Jahre lang bei der Unterstützung der demokratischen Werte gespielt hat und dafür, dass er eine starke Stimme in Russland ist", sagte Stoltenberg.
Die Vergabe des renommierten Sacharow-Preises an den Putin-Widersacher dürfte in Moskau als Affront aufgefasst werden. Die Beziehungen zwischen Russland und den westlichen Staaten befinden sich seit der Annexion der Krim-Halbinsel durch Russland im Jahr 2014 in einer Abwärtsspirale.
Nawalnys Antikorruptionsstiftung begrüßte die Entscheidung des EU-Parlaments als Sieg für alle Unterstützer der "Wahrheit". Es sei ein Preis "für alle Menschen, die nicht gleichgültig sind, die selbst in den finstersten Zeiten keine Angst haben, die Wahrheit zu sagen", schrieb die Stiftung bei Twitter.
Nominiert für den diesjährigen Sacharow-Preis waren auch eine Gruppe afghanischer Frauen und die bolivianische ehemalige Übergangspräsidentin Jeanine Áñez, die in Haft sitzt.
Die mit 50.000 Euro dotierte Auszeichnung wird am 15. Dezember in Straßburg während der letzten Plenarsitzung des Jahres verliehen. Vergangenes Jahr ging der Preis an die Opposition in Belarus. Der Preis ist nach dem 1989 verstorbenen sowjetischen Dissidenten und Physiker Andrej Sacharow benannt.
(V.Sørensen--DTZ)