Deutsche Tageszeitung - Tausende Migranten sitzen an der Grenze zwischen Belarus und Polen fest

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Tausende Migranten sitzen an der Grenze zwischen Belarus und Polen fest


Tausende Migranten sitzen an der Grenze zwischen Belarus und Polen fest
Tausende Migranten sitzen an der Grenze zwischen Belarus und Polen fest / Foto: ©

An der polnischen EU-Außengrenze zu Belarus spitzt sich die Lage zu: Tausende Migranten saßen dort am Dienstag bei eisigen Temperaturen fest. Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki warnte vor einer Gefahr für die Sicherheit der gesamten EU und warf Russland vor, hinter dem Flüchtlingsstreit zwischen Belarus und der EU zu stecken. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) forderte mehr Unterstützung aus Brüssel für Polen und Deutschland.

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Die EU-Länder Polen, Lettland und Litauen verzeichneten in den vergangenen Monaten tausende illegale Grenzübertritte aus Belarus. Am Montag versammelten sich nach Angaben der polnischen Regierung 3000 bis 4000 Migranten nahe der polnischen Grenze. Sie harrten dort am Dienstag bei eisigen Temperaturen aus und hofften, in die EU zu gelangen. Laut Migranten, die es über die Grenze schafften, hindert Belarus die Menschen an der Rückkehr nach Minsk, während Polen ihnen den Grenzübertritt verweigert.

In der Nähe des polnischen Grenzpostens Kuznica haben die Migranten ein provisorisches Lager auf belarussischer Seite aufgebaut. Nach Angaben belarussischer Grenzschützer sind die Menschen in einem "extrem schlechten" physischen und psychischen Zustand, da es an Wasser und Lebensmitteln fehle.

Journalisten ist der Zugang zum Grenzgebiet verboten. Bilder der Behörden beider Länder zeigten jedoch hunderte Männer, Frauen und Kinder in Zelten oder auf dem nackten Boden, die sich bei frostigen Temperaturen um Lagerfeuer drängen.

Insgesamt kamen in der EU nach Brüsseler Angaben bisher knapp 8000 Menschen über die Belarus-Route an, davon die meisten in Litauen und Polen. Die EU wirft dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko vor, Menschen aus dem Nahen Osten absichtlich nach Belarus und an die Grenze zur EU bringen zu lassen. Die Aktion gilt als Vergeltung für Brüsseler Sanktionsbeschlüsse gegen Minsk.

Polens Regierungschef Morawiecki sprach von einem "hybriden Angriff des Regimes von Lukaschenko" - also der Einsatz von Angriffsmethoden bei gleichzeitiger Verschleierungstaktik. Dieser richte sich gegen die gesamte europäische Gemeinschaft, erklärte Morawiecki im Onlinedienst Twitter.

Morawiecki beschuldigte zudem Russland, der eigentliche Drahtzieher des Flüchtlingsstreits zu sein. Lukaschenko sei "der Ausführende", Russlands Präsident Wladimir Putin jedoch der "Auftraggeber", sagte er auf einer Dringlichkeitssitzung des polnischen Parlaments.

Minsk wirft wiederum Polen vor, seinen humanitären Verpflichtungen nicht nachzukommen, indem es die Aufnahme der Flüchtlinge verweigere. Polen hatte auf die steigende Zahl von Menschen an seiner Grenze mit einer massiven Aufstockung der Grenzsoldaten, der Errichtung eines Stacheldrahtzauns und der Verhängung eines Ausnahmezustands im Grenzgebiet reagiert. Auch sogenannte Pushbacks wurden legalisiert.

Die angespannte Lage an der Grenze hat Befürchtungen vor einer Eskalation geweckt. Belarus wolle keine bewaffnete Auseinandersetzung, betonte Lukaschenko in einem von der Nachrichtenagentur Belta veröffentlichten Interview. "Aber wir werden nicht in die Knie gehen."

Die EU-Staaten einigten sich derweil auf weitere Strafmaßnahmen gegenüber Belarus. Demnach soll die Visa-Vergabe an Verantwortliche deutlich erschwert werden.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) forderte zusätzliche Hilfe. "Das können Polen oder Deutschland nicht allein bewältigen", sagte er der "Bild"-Zeitung. "Wir müssen der polnischen Regierung bei der Sicherung der Außengrenze helfen. Das wäre eigentlich Aufgabe der EU-Kommission."

Russland gab dem Westen die Schuld an der angespannten Lage. Der russische Außenminister Sergej Lawrow machte die militärischen "Abenteuer" des Westens im Nahen Osten für die Flucht der Menschen verantwortlich.

Die EU geht auch einer möglichen Verwicklung Russlands in dem Flüchtlingskonflikt nach. Brüssel habe Moskau wegen möglicher Flüge von Flüchtlingen nach Minsk "auf dem Radar", sagte EU-Kommissionssprecher Peter Stano. Auf 13 Staaten wie die Türkei, Irak und Ägypten hat die EU bereits Druck wegen der Flüchtlingsflüge gemacht.

(V.Sørensen--DTZ)

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