Deutsche Tageszeitung - Attentäter von Paris bekannte sich in Video zu Dschihadisten-Miliz IS

Attentäter von Paris bekannte sich in Video zu Dschihadisten-Miliz IS


Attentäter von Paris bekannte sich in Video zu Dschihadisten-Miliz IS
Attentäter von Paris bekannte sich in Video zu Dschihadisten-Miliz IS / Foto: © AFP

Eine Tag nach dem tödlichen Messerangriff auf einen 23 Jahre alten deutsch-philippinischen Touristen in Paris sind weitere Details zu dem mutmaßlichen Täter bekannt geworden. Der 26-Jährige, der sich in Polizeigewahrsam befindet, habe sich in einem Video zur Dschihadisten-Miliz Islamischer Staat (IS) bekannt, teilte die französische Anti-Terrorismus-Staatsanwaltschaft am Sonntagabend in Paris mit. Sie ermittelt nun wegen Mordes mit terroristischem Hintergrund.

Textgröße ändern:

Auf dem erst im Oktober im Onlinedienst X (vormals Twitter) eingerichteten Konto habe der 26-Jährige viele Beiträge "zur Hamas, zu Gaza und zu Palästina" veröffentlicht, sagte Staatsanwalt Jean-François Ricard. Nach Angaben aus Polizeikreisen erwähnte er in seinem Bekennervideo "das Ermorden unschuldiger Muslime".

Die Mutter des mutmaßlichen Täters habe bereits Ende Oktober die Behörden informiert, dass sie sich um den Zustand ihres Sohnes sorge, da dieser sich stark zurückziehe. "Es gab jedoch keinen Anlass für eine strafrechtliche Verfolgung", sagte Ricard.

Der in Frankreich geborene Mann stammt demnach aus einer nichtreligiösen iranischen Familie. Er sei mit 18 Jahren zum Islam konvertiert und habe sich dann schnell der dschihadistischen Ideologie zugewandt. Er habe mit anderen dschihadistischen Attentätern in Kontakt gestanden und zudem vorgehabt, in das syrisch-irakische Grenzgebiet auszureisen.

2016 wurde er dann wegen der Planung eines Anschlag im Pariser Geschäftsviertel La Défense zu fünf Jahren Haft verurteilt, von denen er vier Jahre verbüßte. Anschließend stand er weiter unter juristischer Aufsicht. In dieser Zeit habe er unter anderem Kontakt mit dem künftigen Mörder des Lehrers Samuel Paty aufgenommen.

Wegen anhaltender psychischer Probleme ordnete die Anti-Terrorismus-Staatsanwaltschaft eine psychiatrische Behandlung an, die im vergangenen April endete. Nach Informationen aus Ermittlerkreisen bescheinigten ihm die Ärzte zu dem Zeitpunkt, das von ihm keine Gefahr ausgehe. Seitdem habe er unter Beobachtung des Geheimdienstes gestanden, sagte der Staatsanwalt.

Der 26-Jährige war am Samstagabend nach Angaben der Ermittler gegen 20.30 Uhr in der Nähe des Eiffelturms mit einem Hammer und einem Messer auf eine kleine Gruppe philippinischer Touristen losgegangen. Als ein Taxifahrer eingreifen wollte, habe er "Allah ist groß" geschrien. Ein 23-Jähriger, der die deutsche und philippinische Staatsangehörigkeit besitzt, erlag seinen Verletzungen. Die beiden anderen, unter ihnen die Partnerin des Getöteten, blieben körperlich unverletzt, stehen aber unter Schock.

Der mutmaßliche Täter entkam zunächst und flüchtete über eine Brücke auf die andere Seite der Seine, wo er einen 60-jährigen Franzosen und einen 66-jährigen britischen Touristen verletzte. Eine Polizeistreife setzte ihn schließlich mit einer Elektropistole außer Gefecht.

Bei seiner Festnahme soll der 26-Jährige davon gesprochen haben, dass er es nicht ertragen könne, dass Muslime in "Afghanistan und Palästina" getötet würden. Frankreich warf er vor, Israels "Komplize" im Gaza-Krieg zu sein. Drei Personen aus seinem Umfeld wurden laut Ricard in Gewahrsam genommen.

Die erneute dschihadistisch motivierte Tat - zwei Monate nach dem tödlichen Messerangriff auf einen Lehrer in Arras und wenige Monate vor den Olympischen Sommerspielen in Paris - löste weithin Bestürzung aus.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) äußerte sich erschüttert. Ihre Gedanken seien bei den Freunden und der Familie des jungen Mannes, gleichzeitig wünsche sie den Verletzten gute Besserung, erklärte sie im Onlinedienst X. "Hass und Terror haben in Europa keinen Platz", fügte sie hinzu.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sprach den Angehörigen des Todesopfers sein Beileid aus. Premierministerin Elisabeth Borne betonte: "Wir werden dem Terrorismus nicht klein beigeben."

Nach einem Sicherheitstreffen am Sonntagnachmittag in Paris forderte Innenminister Gérald Darmanin, den Behörden künftig mehr Handlungsspielraum bei der Verpflichtung zu psychiatrischer Behandlung zu geben.

Seit dem Großangriff der radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober und dem nachfolgenden Krieg haben die Spannungen in Frankreich mit seinen großen jüdischen und muslimischen Bevölkerungsanteilen massiv zugenommen.

In Frankreich gilt die höchste Anschlag-Alarmstufe, nachdem am 13. Oktober an einer Schule im nordfranzösischen Arras ein radikalisierter Ex-Schüler einen 57-jährigen Lehrer erstochen und drei weitere Mitarbeiter verletzt hatte.

(S.A.Dudajev--DTZ)

Empfohlen

IStGH-Chefankläger Khan legt Amt wegen Ermittlungen gegen ihn vorerst nieder

Angesichts gegen ihn laufender Ermittlungen wegen mutmaßlichen sexuellen Fehlverhaltens hat der Chefankläger am Internationalen Strafgerichtshof (IStGH), Karim Khan, sein Amt vorerst niedergelegt. Khan habe entschieden, sein Amt bis zum Abschluss der Untersuchungen ruhen zu lassen, erklärte sein Büro am Freitag. Mehrere Medien hatten über Vorwürfe unangemessenen Verhaltens gegen den Briten berichtet, eine Untersuchung läuft seit November.

Russland und Ukraine vereinbaren Austausch von jeweils 1000 Gefangenen

Russland und die Ukraine haben bei ihren ersten direkten Gesprächen seit mehr drei Jahren einen massiven Gefangenenaustausch vereinbart. In den kommenden Tagen wollten beide Seiten jeweils 1000 Kriegsgefangene austauschen, sagte der russische Verhandlungsführer Wladimir Medinski am Freitag in Istanbul. Der ukrainische Chefdelegierte, Verteidigungsminister Rustem Umerow, bestätigte den geplanten Austausch.

Offenbar keine Annäherung zu Waffenruhe bei ukrainisch-russischen Gesprächen in Istanbul

Die ersten direkten Gespräche zwischen der Ukraine und Russland seit über drei Jahren haben offensichtlich zunächst keine Annäherung bei der Frage einer Waffenruhe zwischen den Kriegsparteien gebracht. Ein ukrainischer Regierungsvertreter sagte am Freitag der Nachrichtenagentur AFP, die russische Seite habe "inakzeptable" Forderungen gestellt, um die Gespräche scheitern zu lassen. Dazu gehöre, dass Kiew ukrainische kontrollierte Gebiete abtreten solle, bevor es eine Waffenruhe gebe. Von russischer Seite lagen zunächst keine Angaben zum Verhandlungsverlauf vor.

Deutschland, Frankreich und Großbritannien führen Atomgespräche mit dem Iran in der Türkei

Vertreter des Iran und Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens haben in Istanbul erneut Gespräche über das iranische Atomprogramm geführt. Bei dem Treffen am Freitag sei der "aktuelle Stand der indirekten Atomverhandlungen sowie die Aufhebung von Sanktionen" besprochen worden, erklärte der stellvertretende iranische Außenminister Kasem Gharibabadi im Onlinedienst X mit Blick auf die jüngsten Atomgespräche zwischen dem Iran und den USA. US-Präsident Donald Trump machte derweil erneut Druck auf Teheran, einem Abkommen zuzustimmen - andernfalls werde "etwas Schlimmes passieren".

Textgröße ändern: