Deutsche Tageszeitung - Israelische Armee umzingelt Chan Junis - Schwere Gefechte mit Hamas-Kämpfern

Israelische Armee umzingelt Chan Junis - Schwere Gefechte mit Hamas-Kämpfern


Israelische Armee umzingelt Chan Junis - Schwere Gefechte mit Hamas-Kämpfern
Israelische Armee umzingelt Chan Junis - Schwere Gefechte mit Hamas-Kämpfern / Foto: © AFP

Die israelische Armee hat sich in der Stadt Chan Junis im Süden des Gazastreifens schwere Gefechte mit Kämpfern der radikalislamischen Hamas geliefert. Die Gegend um die Großstadt werde von israelischen Einheiten umzingelt, sagte Israels Generalstabschef Herzi Halevi. Tausende Bewohner flohen am Mittwoch vor dem Beschuss der Stadt und den Kämpfen, die zu den intensivsten seit Kriegsbeginn zählten. Im gesamten Gazastreifen griff die Armee nach eigenen Angaben binnen 24 Stunden rund 250 Ziele an.

Textgröße ändern:

Die durch den Großangriff der Hamas auf Israel vom 7. Oktober ausgelösten israelischen Gegenangriffe hatten sich wochenlang auf den Norden des Gazastreifens konzentriert. Bereits am Wochenende war aber auch der Süden stark unter Beschuss genommen worden. "Wir haben viele Hochburgen der Hamas im nördlichen Gazastreifen gesichert und gehen nun gegen ihre Hochburgen im Süden vor", sagte Generalstabschef Halevi am späten Dienstagabend.

Wie AFP-Journalisten berichteten, waren die Straßen von Chan Junis am Mittwoch fast menschenleer, während israelische Panzer, Militärtransporter und Bulldozer in die Stadt vordrangen. Die Bewohner versuchten, sich vor den israelischen Bombardements und den Gefechten in Sicherheit zu bringen. Viele von ihnen flohen zu Fuß, auf Motorrädern, Karren oder in überladenen Autos in Richtung der im Süden gelegenen Grenzstadt Rafah.

Der Bewohner Hassan Al-Kadi, der wegen des Krieges aus Chan Junis vertrieben wurde und in Rafah Zuflucht suchte, beklagte die "ständigen Bombenangriffe" der israelischen Armee und die Zerstörung in der Stadt. "Viele Menschen, die aus dem nördlichen Gazastreifen kommen, befinden sich in einer schrecklichen Lage. Viele sind obdachlos und einige suchen nach ihren vermissten Kindern."

Die Bevölkerung im Gazastreifen lebe "im totalen Horror", erklärte der UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk. Die Zivilbevölkerung in dem Palästinensergebiet werde "weiterhin unerbittlich von Israel bombardiert und kollektiv bestraft". Den Menschen würden Lebensmittel, Wasser, Arzneimittel und andere lebenswichtige Güter vorenthalten.

Die israelische Armee erklärte am Mittwoch, sie habe in den vergangenen 24 Stunden etwa 250 Ziele im Gazastreifen angegriffen. Die Einheiten spürten weiterhin "Waffen, unterirdische Schächte, Sprengstoff und andere militärische Infrastruktur" auf.

Nach Armeeangaben wurden bei einem Luftangriff in der Nähe eines von Indonesien betriebenen Krankenhauses im Norden des Gazastreifens mehrere Hamas-Kommandeure getötet. Inzwischen seien "die meisten hochrangigen Kommandeure" des bewaffneten Arms der Hamas getötet worden, die von einem Tunnelnetzwerk im nördlichen Gazastreifen aus operierten, teilte das Militär im Onlinedienst Telegram mit.

Quellen in der Hamas und der militanten Palästinensergruppe Islamischer Dschihad sagten AFP, dass ihre Kämpfer in Gefechte mit israelischen Soldaten verwickelt seien, um diese daran zu hindern, in Chan Junis und die umliegenden Gebiete einzudringen. Nach Angaben der Hamas-Regierung wurden bei Artillerieangriffen auf Gebiete östlich von Chan Junis in der Nacht zum Mittwoch dutzende Menschen getötet oder verletzt.

Bei einem Angriff auf das Flüchtlingslager Nuseirat im Zentrum des Gazastreifens wurden dem von der Hamas geführten Gesundheitsministerium zufolge sechs Menschen getötet und 14 weitere verletzt. Auch bei einem Angriff der Armee auf das Flüchtlingslager Dschabalija habe es mehrere Tote gegeben.

Nach Angaben des UN-Büros für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (Ocha) ist Rafah nun der einzige Ort in dem Küstengebiet, in dem in begrenztem Umfang noch humanitäre Hilfsgüter verteilt werden. "Kein Ort in Gaza ist sicher. Weder die Krankenhäuser noch die Unterkünfte oder die Flüchtlingslager", sagte der UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths. "Diese eklatante Missachtung der Grundlagen der Menschlichkeit muss aufhören."

Nach jüngsten Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden seit Kriegsbeginn mehr als 16.200 Menschen in dem Palästinensergebiet getötet, die meisten von ihnen Zivilisten.

Die Angriffe der israelischen Armee auf Ziele im dicht besiedelten Gazastreifen sind eine Reaktion auf den Großangriff der Hamas auf Israel vom 7. Oktober. Damals waren hunderte Kämpfer der von den USA und der EU als Terrororganisation eingestuften Palästinenserorganisation nach Israel eingedrungen und hatten Gräueltaten überwiegend an Zivilisten verübt.

Israelischen Angaben zufolge wurden etwa 1200 Menschen in Israel getötet und etwa 240 Menschen als Geiseln verschleppt. Während einer einwöchigen Feuerpause wurden Ende November 105 Geiseln freigelassen.

Israelischen Angaben zufolge befinden sich 138 Verschleppte weiterhin in der Gewalt der Hamas. Sie würden unter "brutalen und unmenschlichen Bedingungen" gefangengehalten, sagte Armeesprecher Daniel Hagari. Das Militär habe seine "Mission zur Rettung unserer Geiseln nicht aus den Augen verloren". Er rief zugleich die internationale Gemeinschaft zum Handeln auf. "Das Rote Kreuz muss Zugang zu den Geiseln erhalten, die sich in den Händen der Hamas befinden."

(L.Møller--DTZ)

Empfohlen

Vance und von der Leyen sprechen in Rom über Zölle

US-Vizepräsident JD Vance hat bei einem Treffen mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Rom Europa als "wichtigen Verbündeten" bezeichnet und gleichzeitig Meinungsverschiedenheiten etwa beim Thema Zölle eingeräumt. Er hoffe, dass das Gespräch "der Beginn langfristiger Handelsverhandlungen sein" werde, sagte Vance am Sonntag zu Beginn des Treffens im Büro der italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni, die ebenfalls anwesend war.

Portugiesen wählen zum dritten Mal in drei Jahren neues Parlament

Drei Parlamentswahlen in drei Jahren: Die Menschen in Portugal waren am Sonntag erneut aufgerufen, eine neue Volksvertretung zu wählen. Die Neuwahl wurde notwendig, nachdem Regierungschef Luís Montenegro im März eine Vertrauensabstimmung verloren hatte. Montenegro ging erneut als Spitzenkandidat der in Umfragen mit 34 Prozent führenden Demokratischen Allianz (AD) ins Rennen. Die Sozialistische Partei (PS) kam in Umfragen auf 26 Prozent, die rechtsextreme Partei Chega ("Genug") auf 19 Prozent.

Papst Leo XIV. kritisiert bei Amtseinführung Umgang mit Ärmsten - Privataudienz für Selenskyj

Der neue Papst Leo XIV. hat bei der Messe zu seiner offiziellen Amtseinführung eine Ausbeutung der Erdressourcen und den Umgang mit den Ärmsten kritisiert. Es gebe "noch immer zu viel Zwietracht, zu viele Wunden, die durch Hass, Gewalt, Vorurteile, Angst vor dem Anderen und durch ein Wirtschaftsmodell verursacht werden, das die Ressourcen der Erde ausbeutet und die Ärmsten an den Rand drängt", sagte er am Sonntag auf dem Petersplatz. Später empfing der Papst den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu einer Privataudienz.

Ukraine-Krieg: Trump will am Montag mit Putin telefonieren

US-Präsident Donald Trump will nach eigenen Angaben am Montag mit Kreml-Chef Wladimir Putin in einem Telefonat über den Ukraine-Krieg sprechen. Es solle darum gehen, wie ein Ausweg aus dem "Blutbad" gefunden werden könne, erklärte Trump. Nach Angaben von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) wollen die Europäer noch vor dem Telefonat mit Trump reden. Russland griff die Ukraine derweil in der Nacht zum Sonntag nach ukrainischen Angaben mit einer "Rekord"-Zahl von Drohnen an.

Textgröße ändern: