
Nach der Hessen-Wahl wächst in der CDU der Druck auf Merkel

Nach dem schlechten Abschneiden der CDU bei der Hessen-Wahl steigt der Druck auf Parteichefin Angela Merkel. "Wer hier in Berlin dieses Ergebnis schönreden will, hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt", sagte der stellvertretende Unionsfraktionschef Carsten Linnemann (CDU) der "Rheinischen Post" (Montagsausgabe). "Unsere massiven Stimmenverluste lassen befürchten, dass wir weiterhin dabei sind, unseren Status als Volkspartei zu verlieren."
Die CDU ist in Hessen zwar erneut stärkste Kraft geworden, die Christdemokraten rutschten im Vergleich zur Wahl vor fünf Jahren aber um 11,3 Punkte auf 27 Prozent ab. Bereits am Wahlabend wurde in der CDU über die Zukunft von Kanzlerin Merkel diskutiert. Merkel hat bislang stets betont, dass aus ihrer Sicht Parteivorsitz und Kanzleramt in eine Hand gehören.
Entsprechend will sie sich auf dem CDU-Parteitag im Dezember als Vorsitzende zur Wiederwahl stellen. CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer sagte am Wahlabend, sie gehe "zur Stunde" davon aus, dass Merkel trotz des Wahlergebnisses in Hessen erneut antreten wolle.
Die CDU-Spitzengremien beraten zunächst am Montag in Berlin über den Ausgang der Wahl in Hessen. Am kommenden Sonntag kommt die Parteispitze zudem zu einer zweitägigen Klausurtagung zusammen. Bei den Gesprächen dürfte es dann auch darum gehen, ob Merkel nicht doch den Parteivorsitz abgeben könnte.
Der thüringische CDU-Vorsitzende Mike Mohring forderte mit Blick auf die Landtagswahlen 2019 in Brandenburg, Sachsen und Thüringen Konsequenzen von Merkel. "Wenn sie die Themen anpackt, hat sie natürlich den Zuspruch", sagte Mohring dem "Handelsblatt". Die Menschen erwarteten eine handlungsfähige Bundesregierung.
"Die große Koalition braucht einen Neustart und muss sich endlich auf die Arbeit konzentrieren und entscheiden, wo Lösungen erwartet werden", sagte Mohring. Die Bundesregierung müsse beweisen, "dass der Staat handlungsfähig ist".
Sollte Merkel beim Bundesparteitag im Dezember zur Wiederwahl antreten, wäre die CDU "gut beraten, sie zu unterstützen", sagte Mohring dem "Handelsblatt" weiter. Die CDU dürfe keinen "Chaos-Parteitag" abliefern, "mit gravierenden Folgen für die Regierbarkeit des Landes in einem schwierigen weltpolitischen Umfeld". Alles andere würde den Zustand der Selbstbeschäftigung nur quälend verlängern.
Der Landesgruppenchef der Hessen-CDU im Bundestag, Michael Brand, bezeichnete das Ergebnis gegenüber dem Nachrichtenportal "t-online" als "klaren Kinnhaken" und der sei aus Berlin gekommen. Wer wie Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) eine "ganze Koalition über Monate in Geiselhaft nimmt, der darf sich nicht wundern, wenn die Leute am Schluss sagen: Jetzt auch endlich mal ein Schuss vor den Bug", sagte Brand.
Das Ergebnis aus Hessen müsse Konsequenzen für die CDU auf Bundesebene haben: "Jetzt kommt es darauf an, dass auch Angela Merkel die Botschaft versteht und entsprechend handelt, dass sie endlich offener wird, mehr zu Gespräch und Beteiligung einlädt, und dass die bleierne Atmosphäre endet, die sich über die Union in Berlin gelegt hat."
Ein Weiter so könne es auf gar keinen Fall geben, sagte Brand: "Wenn wir den Stil und damit auf Dauer auch die Ergebnisse unserer Arbeit verbessern, dann haben wir eine Chance, aus dieser Katastrophe zu lernen."
(S.A.Dudajev--DTZ)