
Vor SPD-Krisenklausur weiter Diskussionen zur "GroKo"

Die SPD kommt nach dem Wahldebakel in Bayern und Hessen und vor entscheidenden Gremiensitzungen am kommenden Wochenende nicht zur Ruhe. Parteilinke drängten weiterhin auf einen Ausstieg aus der großen Koalition. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) machte den Fortbestand der "GroKo" vom künftigen Kurs der CDU nach der Ablösung von Bundeskanzlerin Angela Merkel als Parteichefin abhängig.
"Die SPD muss ihr Profil schärfen", sagte die SPD-Linke Hilde Mattheis den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Donnerstag. "Das bedeutet: Die SPD muss raus aus der großen Koalition", forderte die Vorsitzende des Forums Demokratische Linke 21 in der SPD. Ansonsten bleibe die Partei "gefangen in den Kompromissen der Regierung".
Die SPD-Spitze kommt ebenso wie der CDU-Vorstand am Sonntag in Berlin zu einer zweitägigen Klausur zusammen. Bei beiden Terminen wird es maßgeblich um den Neubeginn der großen Koalition gehen, den Spitzenpolitiker beider Parteien nach den Wahlen in Bayern und Hessen eingefordert haben.
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil forderte, seine Partei müsse sich wieder "mutiger aufstellen und inhaltlich klarer" werden. Im Mittelpunkt stehen müsse dabei "ein starker Sozialstaat, der den Menschen Schutz bietet". Zudem müsse "die Verteilung des Vermögens gerechter werden".
Weil stellte mit Blick auf den im Dezember anstehenden Führungswechsel in der CDU die Frage: "Bleibt die politische Ausrichtung der CDU die gleiche?". Davon hänge eine ganze Menge ab - "am Ende auch der Fortbestand der Koalition", sagte der niedersächsische Ministerpräsident nach Information von Deutsche Tageszeitung, in einem aktuellen Interview.
Auf jeden Fall forderte Weil "ein Großreinemachen" in der "GroKo". Diese müsse "bis zum Jahresanfang die Resettaste gedrückt" und offene inhaltliche Fragen geklärt haben. Als Beispiele nannte er die Flüchtlingspolitik, ein modernes Einwanderungsrecht und die Klimapolitik, die allerdings etwa in der Frage des Braunkohleausstiegs auch in der SPD selbst heftig umstritten ist.
Eine härtere Gangart gegenüber der Union verlangte Juso-Chef Kevin Kühnert. Dies biete die Chance, Befürworter und Gegner der "GroKo" in der SPD zusammenzuschweißen, schrieb er in einem Gastbeitrag im "Handelsblatt" vom Mittwoch. Kühnert selbst hat sich allerdings wiederholt für ein Ende der Koalition ausgesprochen.
Auf eine auch personelle Erneuerung der SPD-Spitze drängte in der "Süddeutschen Zeitung" vom Mittwoch der frühere SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück. Als Vorbild nannte er jemanden wie den linksgerichteten US-Politiker Bernie Sanders, "nur 30 Jahre jünger". Indirekt stellte er damit die Führungsrolle von Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles in Frage. Zudem verlangte Steinbrück, die SPD müsse wieder mehr "zuspitzen" und dürfe sich nicht von der Angst leiten lassen, "bloß nicht anzuecken".
Rückendeckung erhielt die SPD-Chefin von Weil. "Ich unterstütze Andrea Nahles", sagte er nach DTZ-Information. Auch strebe er selbst keinen Wechsel nach Berlin an. Klingbeil sagte zu Diskussionen über die Zukunft von Nahles: "Personaldebatten bringen uns nicht weiter." Auch Mattheis sagte, die Frage nach neuem Spitzenpersonal sei für sie "nie die erste Frage". (A.Nikiforov--DTZ)