
Guterres fordert Milliarden für Kampf gegen "humanitäre Katastrophe" im Jemen

Die Vereinten Nationen haben die internationale Gemeinschaft zu Milliardenhilfen für die notleidenden Menschen im Jemen aufgerufen. UN-Generalsekretär António Guterres sprach auf einer internationalen Geberkonferenz in Genf von einer "überwältigenden humanitären Katastrophe". Mehr als 24 Millionen Menschen in dem Kriegsland bräuchten Unterstützung. Die UNO hofft auf Zusagen in Höhe von 4,2 Milliarden Dollar (3,7 Milliarden Euro). Deutschland versprach 100 Millionen Euro, die EU über 160 Millionen Euro.
Nach UN-Angaben leiden 14,3 Millionen Menschen im Jemen akut unter Hunger. Besonders betroffen seien die Kinder, sagte Guterres: "Sie haben den Krieg nicht angefangen, zahlen aber den höchsten Preis". Rund 360.000 Kinder seien akut unterernährt, und einem "glaubwürdigen Bericht" der Organisation Save the Children zufolge seien bereits mehr als 80.000 der bis zu Fünfjährigen seit Kriegsbeginn verhungert.
Im Jemen herrscht seit 2015 Krieg zwischen den von Saudi-Arabien und anderen arabischen Staaten unterstützten Truppen von Präsident Abd Rabbo Mansur Hadi und schiitischen Huthi-Rebellen, hinter denen der Iran steht. Die UNO spricht von der schlimmsten humanitären Krise weltweit. Nach UN-Angaben wurden in dem Konflikt bereits mehr als 10.000 Menschen getötet, unter ihnen tausende Zivilisten. Nichtregierungsorganisationen sprechen von einer weit höheren Zahl von Todesopfern.
Eine "gute Nachricht" konnte Guterres auf der Genfer Konferenz allerdings verkünden: Erstmals seit September sei es einem UN-Team gelungen, ein Lager mit dringend benötigten Weizenvorräten für die hungernde Bevölkerung zu erreichen. In den Red Sea Mills am Rande der umkämpften Hafenstadt Hodeida lagern 51.000 Tonnen Weizen - "genug, um mehr als 3,7 Millionen Menschen einen Monat lang zu ernähren," sagte ein Sprecher des Welternährungsprogramms der Nachrichtenagentur AFP.
Der Zugang zu den Getreidespeichern ist seit Beginn der Kämpfe zwischen Huthi-Rebellen und Hadis Truppen um die Kontrolle von Hodeida im September blockiert. Im Februar einigten sich beide Seiten auf die erste Phase eines Truppenabzugs aus Hodeida und zwei weiteren Häfen. Danach sollte auch die von den Regierungstruppen kontrollierte Anlage mit den Weizenvorräten wieder frei zugänglich sein.
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) kündigte 100 Millionen Euro für das humanitäre Hilfsprogramm der UNO für das laufende Jahr an. Humanitäre Organisationen dürften nicht daran gehindert werden, lebensrettende Hilfe zu leisten, erklärte der Außenminister. Er forderte die Konfliktparteien auf zu zeigen, dass sie es mit ihren Zusagen von vertrauensbildenden Maßnahmen ernst meinten.
Die EU sagte 161,5 Millionen Euro an humanitärer Hilfe zu. Nach Angaben des für die Hilfe zuständigen EU-Kommissar Christos Stylianides leistete Brüssel damit seit Beginn des Jemen-Kriegs bereits 710 Millionen Euro an Unterstützung.
Die für Projekte im Jemen zuständige Vertreterin von Ärzte ohne Grenzen, Jana Brandt, rief am Dienstag die Bundesregierung auf, sich als derzeitiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat "erfolgreicher als bisher" für einen uneingeschränkten humanitären Zugang in dem Land einzusetzen. Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter forderte die Bundesregierung auf, die deutschen Rüstungsexporte an die Kriegsbeteiligten dauerhaft zu stoppen. Das wäre "der effektivste Beitrag" zur Geberkonferenz, sagte er der Nachrichtenagentur AFP.
Das "schreckliche Leid der Zivilbevölkerung" im Jemen könne nur gestoppt werden, "wenn die rücksichtslosen Bombardierungen und Kampfhandlungen ein Ende finden", sagte Hofreiter. Solange die Bundesregierung die Lieferung deutscher Rüstungsgüter an "Länder wie Saudi-Arabien, die aktiv am Kriegsgeschehen beteiligt sind", lediglich kurzzeitig aussetze, konterkariere sie ihr eigenes humanitäres Engagement "und macht sich mitschuldig am Leid und Sterben im Jemen".
(U.Stolizkaya--DTZ)