
Guaidó ruft bei Rückkehr nach Venezuela zu neuen Protesten auf

Venezuelas selbsternannter Übergangspräsident Juan Guaidó ist am Montag unbehelligt in seine Heimat zurückgekehrt. Der Oppositionspolitiker landete auf dem Flughafen der Hauptstadt Caracas, wo er auch von EU-Botschaftern empfangen wurde. Anschließend fuhr er weiter ins Stadtzentrum, wo er vor zehntausenden Anhängern zu weiteren Protesten gegen Staatschef Nicolás Maduro aufrief. Maduro hatte Guaidó mit seiner Festnahme gedroht, da er trotz eines Ausreiseverbotes das Land verlassen hatte.
"Wir werden auf den Straßen weitermachen, die Mobilisierung dauert an", rief Guaidó bei seiner Ankunft. Neben einer Gruppe von Anhängern des 35-Jährigen waren auch Botschafter und Diplomaten aus mehreren lateinamerikanischen und EU-Ländern, darunter Deutschland, am Flughafen zur Begrüßung Guaidós versammelt. Mehrere von ihnen gaben an, Guaidó mit ihrer Anwesenheit vor einer Festnahme schützen zu wollen.
Guaidó rief später vor zehntausenden Anhängern in Caracas dazu auf, am Samstag erneut gegen Maduro auf die Straße zu gehen. "Ganz Venezuela wird sich auf der Straße treffen", rief er. "Wir werden nicht eine Minute, nicht einmal eine Sekunde stillhalten, solange wir nicht unsere Freiheit zurückgewonnen haben." Auch in anderen großen venezolanischen Städten strömten unterdessen tausende Guaidó-Anhänger zu Kundgebungen zusammen.
US-Vizepräsident Mike Pence versprach aus Anlass von Guaidós Landung eine "schnelle Reaktion", sollte es "Drohungen, Gewalt oder Einschüchterungen" gegen den Politiker geben. "Die USA messen der sicheren Rückkehr von Juan Guaidó nach Venezuela die größte Wichtigkeit bei", schrieb Pence im Kurzbotschaftendienst Twitter.
Rund 50 Staaten haben den selbsternannten Interimsstaatschef anerkannt. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini hatte die venezolanische Regierung davor gewarnt, Guaidó bei seiner Rückkehr festzunehmen. Dieser hatte von Ecuador aus für Montag und Dienstag zu neuen Massenprotesten gegen Maduro aufgerufen.
Guaidó will Maduro aus dem Amt drängen und Neuwahlen organisieren. Am 23. Februar war der Präsident des von der Opposition dominierten Parlaments trotz eines Ausreiseverbots ins benachbarte Kolumbien gereist. Zudem besuchte er in den folgenden Tagen Brasilien, Paraguay, Argentinien und Ecuador. Maduro hat angekündigt, dass sich Guaidó wegen der unerlaubten Ausreise in Venezuela vor Gericht verantworten muss.
Venezuelas Oberstes Gericht ermittelt gegen den Oppositionspolitiker wegen Machtmissbrauchs, weil er sich am 23. Januar während einer Demonstration zum Interimsstaatschef erklärt und zu Maduros Sturz aufgerufen hatte. Die Behörden hatten Guaidó wegen der gegen ihn laufenden Ermittlungen die Ausreise aus Venezuela untersagt.
Angesichts der internationalen Unterstützung für Guaidó ist dessen Festnahme für Venezuelas linksnationalistische Regierung eine heikle Angelegenheit. Wenn sie andererseits nichts unternimmt, hieße das ein Verlust ihrer Autorität. Noch steht aber die Armee mehrheitlich hinter Maduro.
Maduro hatte am 10. Januar offiziell seine zweite Amtszeit angetreten. Amtlichen Ergebnissen zufolge war er im vergangenen Mai mit 68 Prozent der Stimmen bis zum Jahr 2025 wiedergewählt worden. Die Wahlbeteiligung lag unter 50 Prozent. Der größte Teil der Opposition hatte die Wahl boykottiert und erkennt das Ergebnis ebenso wenig an wie die EU, die USA und zahlreiche lateinamerikanische Länder.
Statt im Parlament legte Maduro seinen Amtseid vor dem Obersten Wahlgericht ab. Die Nationalversammlung hat er durch eine verfassunggebende Versammlung faktisch entmachtet.
2017 hatte es monatelange Proteste der Opposition gegeben, in deren Verlauf 125 Menschen getötet worden waren. Abgesehen von der politischen Krise leidet Venezuela auch unter schweren Wirtschaftsproblemen mit Versorgungsengpässen und einer Hyperinflation.
Guaidós Plan, Hilfsgüter über die Grenzen zu bringen, scheiterte bislang am Widerstand regierungstreuer Sicherheitskräfte. Maduro sieht in den Hilfslieferungen einen Vorwand für ein militärisches Vorgehen der USA. US-Präsident Donald Trump erklärte wiederholt, dass "alle Optionen offen" seien.
(U.Beriyev--DTZ)