
Präsidentschaftswahl in der Slowakei ein Jahr nach Journalistenmord

Gut ein Jahr nach der Ermordung des Journalisten Jan Kuciak hat am Samstag die Präsidentschaftswahl in der Slowakei begonnen. In Umfragen lag die Bürgerrechtlerin und Rechtsanwältin Zuzana Caputova in Führung, gefolgt von dem unabhängigen EU-Vizekommissionspräsidenten Maros Sefcovic, der von der Regierungspartei Smer-SD unterstützt wird. Es wurde damit gerechnet, dass keiner der Kandidaten im ersten Durchgang die absolute Mehrheit erhält. Dann wäre am 30. März eine Stichwahl erforderlich.
Kuciaks Ermordung könnte auch die Präsidentenwahl beeinflussen. Der 27-jährige Journalist und seine Verlobte waren im Februar 2018 in ihrem Haus im Dorf Velka Maca östlich von Bratislava erschossen worden. Er hatte zu Verbindungen zwischen der italienischen Mafia und der slowakischen Regierung recherchiert, sein unvollendeter Artikel wurde nach seinem Tod veröffentlicht. Die Recherche erschütterte das Vertrauen der Slowaken in ihre Regierung, Massenproteste führten zum Rückritt von Ministerpräsident Robert Fico.
Caputova hatte an den Protesten im vergangenen Jahr teilgenommen. Im Wahlkampf setzte sie sich für den Kampf gegen Korruption und einen politischen Wandel ein. Die 45-jährige Vize-Vorsitzende der neugegründeten Partei Progressive Slowakei kämpft seit Jahren für mehr Umweltschutz, befürwortet Abtreibungen und setzt sich für mehr Rechte gleichgeschlechtlicher Paare ein - Auffassungen, an denen sich viele Wähler des konservativen Lands stoßen dürften.
Meinungsumfragen sahen dennoch einen zweistelligen Vorsprung Caputovas vor ihrem wichtigsten Rivalen Sefcovic. Sie hat die Unterstützung des scheidenden Staatschef Andrej Kiska, einem Kritiker der Drei-Parteien-Koalition von Ministerpräsident Peter Pellegrini. Kiska hatte sich nicht um weiteres Mandat beworben.
Sefcovic ist seit 2009 Mitglied der EU-Kommission und seit 2014 deren Vize-Vorsitzender, davor hatte er eine Reihe diplomatischer Posten inne, unter anderem war er Botschafter in Israel. Der 52-jährige Ex-Kommunist, der eher traditionelle Werte vertritt, ist im Ausland bekannter als im eigenen Land.
Nur zwei Tage vor der Wahl hatte die slowakische Staatsanwaltschaft bekanntgegeben, dass der slowakische Geschäftsmann und Multimillionär Marian Kocner als mutmaßlicher Auftraggeber von Kuciaks Ermordung angeklagt wurde. Der Journalist hatte sich in seinen Recherchen auch mit den Machenschaften von Kocners zahlreichen Unternehmen befasst. Dafür wurde Kuciak nach eigenen Angaben von dem Multimillionär bedroht, der enge Verbindungen zur größten Regierungspartei Smer-SD unterhielt.
Insgesamt bewerben sich 13 Kandidaten für das Präsidentenamt. Zu ihnen zählen der umstrittene Richter am Obersten Gerichtshof und EU-Kritiker Stefan Harabin, der rechtsextreme Abgeordnete Marian Kotleba und der langjährige Abgeordnete Bela Burger als einziger Vertreter der ungarischen Minderheit in der Slowakei. Die Wahllokale schließen um 22.00 Uhr.
(A.Nikiforov--DTZ)