
Hessens SPD-Partei und -Fraktionschef Schäfer-Gümbel zieht sich aus Politik zurück

Der hessische SPD-Partei- und -Fraktionsvorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel zieht sich aus der Politik zurück. Aus dem Ergebnis der hessischen Landtagswahl am 28. Oktober 2018 müssten "personelle und inhaltliche Konsequenzen gezogen werden", sagte Schäfer-Gümbel am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Wiesbaden. Er lege zum 30. September alle politischen Ämter nieder, um ab dem 1. Oktober für die Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) in Bonn zu arbeiten.
Die Entscheidung, nach einer Wahlniederlage nicht erneut als SPD-Spitzenkandidat für das Amt des Ministerpräsidenten zu kandidieren, habe er vor einem Jahr getroffen. Er habe der SPD-Parteivorsitzenden Andrea Nahles bereits am Tag nach der Landtagswahl gesagt, dass es mit ihm keinen vierten Anlauf auf das Amt des Ministerpräsidenten geben werde. "Mit Blick auf die knappen und unklaren Verhältnisse im Landtag habe ich jedoch von öffentlichen Erklärungen abgesehen", sagte Schäfer-Gümbel.
Er sei überzeugt, dass die SPD im hessischen Wahlkampf einen guten Weg für die Zukunft vorgeschlagen habe. "Der Sturm aus Berlin war jedoch zu stark", sagte Schäfer-Gümbel. Er legt nun seine Ämter und sein Landtagsmandat in Hessen nieder und will auch nicht mehr zur Wahl des stellvertretenden SPD-Bundesvorsitzenden antreten.
Über eine Nachfolge für Landes- und Fraktionsvorsitz wollte sich der 49-Jährige noch nicht äußern. Auf einer Sondersitzung des Landesvorstands solle in der kommenden Woche darüber beraten werden. Als aussichtsreiche Kandidatin gilt die SPD-Landesgeneralsekretärin Nancy Faeser.
Schäfer-Gümbel ist nach eigenen Angaben als GIZ-Personalvorstand nominiert. Eine endgültige Entscheidung über die neue Aufgabe ab dem 1. Oktober solle Anfang April fallen. Er freue sich auf seine neue Aufgabe, sagte Schäfer-Gümbel. Sie sei eine Rückkehr zu seinen früheren beruflichen Wünschen.
"Bei der Aufnahme meines Studiums der Agrarwissenschaften wollte ich Entwicklungshelfer werden - für mich schließt sich hier der Kreis", sagte Schäfer-Gümbel. Er sei seit zehn Jahren Oppositionsführer in Hessen. Seine Gestaltungsmöglichkeiten in dieser Position seien jedoch eingeschränkt geblieben, sagte der SPD-Politiker.
Schäfer-Gümbel gehört seit dem Jahr 2003 dem hessischen Landtag an, seit 2009 führt er die Landtagsfraktion als Oppositionsführer. Er kandidierte dreimal als Spitzenkandidat der Landes-SPD, verlor die Landtagswahlen aber gegen die CDU. Seit 2009 ist Schäfer-Gümbel hessischer SPD-Chef, seit 2013 auch Vizechef der Bundes-SPD. Bei der Landtagswahl 2018 holte die SPD das schlechteste Ergebnis in Hessen seit 1946.
2009 hatte Schäfer-Gümbel bei der damaligen vorgezogenen Neuwahl des hessischen Landtags als Notkandidat gegolten. Zuvor war seine Vorgängerin Andrea Ypsilanti mit dem Versuch gescheitert, eine von den Linken tolerierte rot-grüne Minderheitsregierung zu bilden.
Landtagspräsident Boris Rhein (CDU) bescheinigte Schäfer-Gümbel in einer Stellungnahme "guten Stil und Fairness im Umgang miteinander über die Parteigrenzen hinweg". Ministerpräsident Volker Bouffier und Fraktionsvorsitzender Michael Boddenberg (beide CDU) erklärten, Schäfer-Gümbel habe in "einer schwierigen Zeit Verantwortung in der hessischen SPD übernommen und sie wieder zu neuer Geschlossenheit geführt".
Auch ein zweiter SPD-Landeschef steht vor dem Abschied. Ralf Stegner wird Ende März sein Amt als Vorsitzender der Partei in Schleswig-Holstein abgeben. Er bleibt aber Fraktionschef im Kieler Landtag.
(W.Novokshonov--DTZ)