
Europäische Konservative verzichten vorerst auf Rauswurf von Orban-Partei

Die konservative Europäische Volkspartei (EVP) hat vorerst von einem Ausschluss der Fidesz-Partei des ungarischen Regierungschefs Viktor Orban abgesehen. Die politische Versammlung der EVP stimmte am Mittwochabend in Brüssel stattdessen für einen Kompromiss, wonach die Mitgliedschaft der Fidesz bis auf Weiteres aussetzt wird. Eine Experten-Kommission soll nun prüfen, ob die Mitgliedsrechte der rechtspopulistischen Partei zu einem späteren Zeitpunkt wiederhergestellt werden können. Orban äußerte sich erleichtert.
"EVP und Fidesz einigen sich gemeinsam darauf, die Mitgliedschaft auszusetzen", heißt es in dem , den die Delegierten der Mitgliedsparteien mit deutlicher Mehrheit annahmen. Dies bedeute, dass die Fidesz ab sofort nicht mehr an Parteitreffen teilnehmen dürfe, keine Stimmrechte mehr habe und keine Kandidaten für EVP-Posten nominieren dürfe, sagte der Fraktionschef der EVP im EU-Parlament, Manfred Weber (CSU).
Eine "Evaluierungskommission" unter Führung des ehemaligen EU-Ratspräsidenten Herman Van Rompuy werde begutachten, ob die Fidesz die "gemeinsamen Werte" der EVP achte. Zu einem späteren Zeitpunkt soll dann endgültig über die Mitgliedschaft der ungarischen Rechtspopulisten in der EVP entschieden werden. Neben Van Rompuy werden der ehemalige österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und der frühere EU-Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering (CDU) der Prüfkommission angehören.
Mit diesem Schritt zieht die EVP kurz vor der EU-Wahl Ende Mai Konsequenzen aus den anti-europäischen Umtrieben von Orbans Fidesz-Partei. Nach einer umstrittenen Plakatkampagne in Ungarn gegen EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker, der ebenfalls Mitglied der EVP ist, hatten 13 Mitgliedsparteien aus den Benelux-Staaten und Skandinavien den Ausschluss oder die Suspendierung der EVP-Mitgliedschaft von Fidesz gefordert.
Weber, der bei der EU-Wahl als EVP-Spitzenkandidat antritt, hatte von Orban ein Ende der Plakatkampagne verlangt, die auch auch gegen den US-Milliardär George Soros richtete. Er forderte zudem einen Verbleib der Zentraleuropäischen Universität (CEU) in Budapest, die von Soros unterstützt wird. Außerdem rief Weber Orban auf, sich bei den anderen EVP-Mitgliedsparteien zu entschuldigen, nachdem er seine parteiinternen Kritiker als "nützliche Idioten" bezeichnet hatte.
Die Plakatkampagne wurde inzwischen gestoppt. In der vergangenen Woche hatte Orban auch ein Entschuldigungsschreiben an die anderen Mitgliedsparteien geschickt, dies wurde aber von einer Reihe von EVP-Mitgliedern als unzureichend eingestuft.
"Das ist ein gutes Ergebnis", kommentierte Orban den Beschluss vom Mittwoch. "So können wir weiterhin Herrn Weber unterstützen." Die Mehrheit der EVP-Mitglieder habe Fidesz nicht endgültig ausschließen wollen, fügte er hinzu. Sie hätten verstanden, "dass es nicht klug wäre, uns dazu zu bringen, die Familie zu verlassen". Er werde seine Politik nicht ändern.
Grüne, Liberale und Sozialdemokraten warfen den Konservativen vor, sich weiterhin schützend vor Orban zu stellen. "Das ist ein wachsweicher Kompromiss", sagte der Vorsitzende der SPD-Abgeordneten im Europäischen Parlament, Jens Geier. "Ein Aussetzen der EVP-Mitgliedschaft ergäbe nur Sinn, wenn sich dadurch Orbans Politik änderte."
Es handle such lediglich um den "Versuch, über die Wahlen hinaus Zeit zu schinden", erklärte die Spitzenkandidatin der Europa-Grünen, Ska Keller. Der Fraktionschef der Liberalen im EU-Parlament, Guy Verhofstadt, bezeichnete den Kompromiss als "politischen Trick", der Schande über Europa bringe. "Die EVP hat die moralische Autorität verloren, um Europa zu führen", fügte der Belgier hinzu.
(U.Stolizkaya--DTZ)