Deutsche Tageszeitung - Rechnungshof fordert Prüfung von Steuersubventionen - Skepsis zu Koalitionsplänen

Rechnungshof fordert Prüfung von Steuersubventionen - Skepsis zu Koalitionsplänen


Rechnungshof fordert Prüfung von Steuersubventionen - Skepsis zu Koalitionsplänen
Rechnungshof fordert Prüfung von Steuersubventionen - Skepsis zu Koalitionsplänen / Foto: © AFP/Archiv

Durch Steuerbetrug, wirkungslose Subventionen, aber auch einfach aufgrund technischer Probleme im Steuervollzug gehen dem Staat jährlich Einnahmen in zweistelliger Milliardenhöhe verloren. Das ist das Ergebnis eines Sonderberichts des Bundesrechnungshofs, der am Dienstag in Bonn vorgestellt wurde. Teil des Berichts ist ein Maßnahmenkatalog, wie dies geändert werden sollte.

Textgröße ändern:

"Für einen handlungsfähigen Staat brauchen wir stabile und nachhaltige Staatsfinanzen – auch und gerade im Interesse der kommenden Generationen", erklärte dazu Rechnungshof-Präsident Kay Scheller. "Angesichts des wachsenden Schuldenbergs sind Maßnahmen zur Konsolidierung des Bundeshaushalts aber dringlicher denn je", hob er hervor. "Allein auf konjunkturell bedingte Steuermehreinnahmen zu setzen, halten wir nicht für ausreichend", fügte er mit Blick auf die künftige Bundesregierung hinzu.

Durch die Umsetzung der empfohlenen Reformen könnten milliardenschwere Mehreinnahmen erzielt und künftige Haushalte entlastet werden, betonte Scheller. Zugleich führe dies zu mehr Steuergerechtigkeit. Effizientes Wirtschaften mahnte er mit Blick auf das neue Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaschutz an.

Der Rechnungshof empfiehlt vor allem die kritische Prüfung steuerlicher Subventionen. In diesem Feld allein gebe es ein Einsparpotenzial bei Bund und Ländern von 30 Milliarden Euro jährlich. Genannt werden die Steuervergünstigung für Handwerkerleistungen (2,1 Milliarden Euro) oder die steuerliche Begünstigung von Dieselkraftstoff im Vergleich zu Benzin (sieben Milliarden Euro).

Kritisch verwies Scheller hier auch auf als ökologisch schädlich betrachtete Subventionen, die zudem der Nachhaltigkeitspolitik von Bund und Ländern widersprechen. Neben dem Dieselprivileg gelte dies etwa für Vergünstigungen im Energiebereich. Der Rechnungshofpräsident verwies zudem auf die Koalitionspläne für die Erhöhung der Pendlerpauschale, "die auch immer im Ruf steht, ökologisch schädlich zu sein".

Eine grundlegende Reform verlangt der Rechnungshof beim ermäßigten Mehrwertsteuersatz, dessen finanzielle Wirkung ein Volumen von 35 Milliarden Euro erreicht habe. Es wäre gut, "wenn der ermäßigte Satz von sieben Prozent auf die Grundversorgung ausgerichtet wird", sagte dazu Scheller, nicht auf Dinge, die "eher Luxusgüter" seien. Kritisch äußerte er sich zu den Koalitionsplänen, Ermäßigungen im Bereich der Gastronomie noch auszuweiten: "Wir sind sehr zurückhaltend, was das Empfehlen von neuen Vergünstigungen angeht."

Eingestellt werden sollten laut dem Bericht zudem Mehrfachförderungen. Mitnahmeeffekten, die der Rechnungshof etwa beim Familienleistungsausgleich sieht, solle entgegengewirkt werden. So werde das Existenzminimum volljähriger Kinder bei diesen selbst steuerfrei gestellt, bei ihren Eltern aber auch. "Richtig steuerlich fördern, heißt zu prüfen, ob die Unterstützung mit Steuergeld tatsächlich erforderlich und gerechtfertigt ist", mahnt die Behörde.

Mehr Entschlossenheit wird im Kampf gegen Steuerhinterziehung gefordert - die zudem steuerehrliche Unternehmen im Wettbewerb benachteilige. Der Rechnungshof empfiehlt dafür, schärfer gegen Geldwäsche vorzugehen und die IT-Ausstattung der Finanzämter zu verbessern. Angemahnt wird, die bundesweit einheitliche Steuersoftware KONSENS 16 Jahre nach dem Start des Projekts endlich einzuführen. Generell müssten die Behörden personell und technisch gestärkt werden. Dazu gehöre auch eine bessere Vernetzung.

Auf bis zu 70 Milliarden Euro schätzt der Rechnungshof allein den Schaden durch Nichterfassung, Manipulation und Löschen von Bargeldeinnahmen in Kassensystemen. Eingedämmt werden könne dies durch die Kassen-Nachschau als Prüfinstrument, was bisher zu wenig genutzt werde. Auch die geltende Bonpflicht sei hier ein wichtiges Instrument, sagte Scheller. Er äußerte die Hoffnung, dass sich das Vorhaben von Union und SPD, die Bonpflicht wieder abzuschaffen, nur auf die Ausgabe in Papierform beziehe, nicht aber auf elektronische Bons.

"Die Umsetzung jeder einzelnen empfohlenen Maßnahme stärkt die Einnahmebasis des Staates oder trägt zu mehr Steuergerechtigkeit bei", hob Scheller hervor. Er räumte ein, für die Bürgerinnen und Bürger sowie für Unternehmen könne dies "den Verzicht auf gewohnte Vorteile oder zusätzliche Belastungen" bedeuten. Er warb daher für Transparenz, damit vor allem Unternehmen sich rechtzeitig auf Veränderungen einstellen könnten.

(V.Korablyov--DTZ)

Empfohlen

Union und SPD kommen zu erstem Koalitionsausschuss zusammen

Erstmals seit Amtsantritt der schwarz-roten Bundesregierung Anfang Mai kommt am Mittwoch der Koalitionsausschuss zusammen (16.30 Uhr). Die Spitzen von CDU, CSU und SPD wollen bei dem Treffen am Nachmittag im Kanzleramt insbesondere Prioritäten für ihre Arbeit bis zur Sommerpause festlegen. Einiges ist dabei noch umstritten - sei es inhaltlich oder von der Dringlichkeit her.

Kabinett beschäftigt sich mit Vorlagen zu Migration und Mietpreisbremse

Die schwarz-rote Bundesregierung will bei ihrer Kabinettssitzung am Mittwoch ihre ersten großen Reformen in den Bereichen Migration und Mieten anstoßen (Sitzung ab 10.00 Uhr). Auf der Tagesordnung stehen Gesetzentwürfe mit dem Ziel, wie im Koalitionsvertrag vereinbart die Migration nach Deutschland zu begrenzen: So will Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) die von der Ampel-Regierung eingeführte beschleunigte Einbürgerung nach nur drei Jahren wieder abschaffen.

Wadephul trifft US-Außenminister Rubio in Washington

Bei seinem Antrittsbesuch in den USA trifft Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) am Mittwoch seinen US-Kollegen Marco Rubio. Nach Angaben des Auswärtigen Amts stehen die bilateralen Beziehungen, die weitere Unterstützung der Ukraine angesichts des russischen Angriffskrieges sowie die transatlantische Sicherheits- und Verteidigungspolitik im Fokus der Gespräche, die Wadephul in der US-Hauptstadt führen wird.

Britischer König Charles III. betont Kanadas "Selbstbestimmungsrecht"

Bei seinem Besuch in Kanada hat der britische König Charles III. angesichts wiederholter Drohungen von US-Präsident Donald Trump die Unabhängigkeit des Landes betont. "Demokratie, Pluralismus, Rechtsstaatlichkeit, Selbstbestimmungsrecht und Freiheit sind Werte, die den Kanadiern am Herzen liegen und zu deren Schutz die Regierung entschlossen ist", sagte er am Dienstag in seiner Rede zur Eröffnung des Parlaments in Ottawa. Charles fügte hinzu, dass Kanada vor einem "kritischen Moment" stehe.

Textgröße ändern: