Deutsche Tageszeitung - Richter ordnet Fußfessel und Hausarrest für Brasiliens Ex-Präsidenten Bolsonaro an

Richter ordnet Fußfessel und Hausarrest für Brasiliens Ex-Präsidenten Bolsonaro an


Richter ordnet Fußfessel und Hausarrest für Brasiliens Ex-Präsidenten Bolsonaro an

Der wegen eines Putschversuches angeklagte brasilianische Ex-Präsident Jair Bolsonaro muss auf richterliche Anordnung hin fortan eine elektronische Fußfessel tragen. Ferner verhängte Richter Alexandre de Moraes vom Obersten Gericht am Freitag eine nächtliche Ausgangssperre gegen den Ex-Staatschef. Die Regierung von US-Präsident Donald Trump, der sich mit Bolsonaro solidarisiert hat, kündigte daraufhin an, Moraes sein US-Visum zu entziehen. Brasiliens Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva verurteilte die US-Sanktionen gegen den Richter.

Textgröße ändern:

Moraes verfügte auch, dass Bolsonaro keine Onlinemedien mehr benutzen sowie nicht mehr "mit ausländischen Botschaftern und Behörden in Kontakt treten" darf. Zur Begründung teilte der Richter mit, dass Bolsonaro und sein Sohn Eduardo im Verdacht stünden, zu "feindlichen Akten" gegen Brasilien aufzuhetzen. Die Maßnahmen seien daher notwendig.

Laut brasilianischen Medienberichten zielen die Maßnahmen gegen Bolsonaro darauf ab, eine Flucht des 70-Jährigen zu verhindern. Dies habe er nie vorgehabt, versicherte der rechtsradikale Ex-Staatschef: "Ich habe nie daran gedacht, Brasilien zu verlassen, ich habe nie daran gedacht, in eine Botschaft zu gehen." Die Fußfessel-Pflicht bezeichnete Bolsonaro als "größte Demütigung", auch nannte er die gegen ihn verhängten Maßnahmen "erdrückend".

Eduardo Bolsonaro erklärte im Onlinedienst X, die Polizei habe am Morgen das Haus seines Vaters durchsucht. Der Sohn des Ex-Präsidenten, der in den USA lebt, warf Moraes zudem in einem Brief vor, ein "politischer Gangster" in Richterrobe zu sein, der das Oberste Gericht "als seine persönliche Waffe" missbrauche.

Moraes gilt als Erzfeind Bolsonaros. Die Anwälte des Ex-Präsidenten hatten versucht, ihn als Richter absetzen zu lassen. Sie argumentierten, Moraes sei in dem Fall befangen, da er laut Anklage im Zusammenhang mit dem mutmaßlichen Putschversuch hätte ermordet werden sollen.

Bolsonaro und sieben Mitangeklagte hatten nach Überzeugung der Anklage nach Bolsonaros Wahlniederlage im Jahr 2022 versucht, einen Staatsstreich gegen seinen linksgerichteten Nachfolger Lula auszuführen. Sie müssen sich daher vor dem Obersten Gerichtshof in Brasília verantworten. Bei einem Schuldspruch drohen ihnen bis zu 40 Jahre Haft.

Am Dienstag hatte die brasilianische Staatsanwaltschaft beantragt, Bolsonaro und die weiteren Angeklagten für schuldig zu befinden, eine "bewaffnete kriminelle Vereinigung" gegründet zu haben. Sie hätten versucht, "die demokratische Ordnung gewaltsam zu stürzen".

Un dem Prozess stehen nur die Schlussplädoyers der Verteidigung noch aus. Anschließend wird das Urteil des fünfköpfigen Richtergremiums erwartet, dem Moraes angehört.

Bolsonaro weist die gegen ihn vorgebrachten Vorwürfe zurück. Der rechtsradikale Politiker, der von 2019 bis 2023 Präsident war, beschreibt sich als Opfer politischer Verfolgung. Die Staatsanwaltschaft hält dem entgegen, Bolsonaros Putschversuch sei nur deshalb gescheitert, weil das Militär sich nicht auf seine Seite gestellt habe.

Unterstützung erhält Bolsonaro indes von Trump. Dieser fordert, den Prozess gegen Bolsonaro zu stoppen und spricht von einer "Hexenjagd" - so hatte Trump auch stets gegen ihn selbst laufende Ermittlungen und Prozesse bezeichnet. In der vergangenen Woche kündigte Trump an, wegen des Vorgehens der brasilianischen Justiz gegen Bolsonaro ab August Brasiliens Einfuhren in die USA mit einem Zollsatz von 50 Prozent zu belegen.

Nach der Fußfessel-Anordnung für Bolsonaro erklärte Trumps Außenminister Marco Rubio, Washington werde Moraes sein US-Visum entziehen. Die "politische Hexenjagd" des Richters gegen Bolsonaro habe "zu einer Verfolgung und Zensur geführt, die nicht nur die Grundrechte der Brasilianer verletzt, sondern sich auch über die brasilianischen Küsten hinaus bis nach Amerika ausbreitet", erklärte Rubio.

Die Visa-Einschränkungen gelten dem US-Chefdiplomaten zufolge auch für andere Richter, die mit Moraes zusammenarbeiten, sowie für ihre engsten Familienangehörigen.

Brasiliens Präsident Lula kritisierte die Maßnahme scharf. "Die Einmischung eines Landes in das Justizsystem eines anderen Landes ist inakzeptabel", schrieb er im Onlinedienst X. Die von den USA verhängten Sanktionen gegen die Richter seien "willkürlich und völlig unbegründet".

Bolsonaro hatte im Oktober 2022 die Präsidentschaftswahl gegen Lula verloren. Kurz nach dessen Amtsantritt im Januar 2023 stürmten Bolsonaro-Anhänger den Kongress in der Hauptstadt Brasília, den Amtssitz des Präsidenten sowie das Oberste Gericht und richteten dort schwere Verwüstungen an. Die Vorfälle erinnerten an den Sturm von Trump-Anhängern auf das Kapitol in Washington im Januar 2021 nach dessen damaliger Wahlniederlage gegen Joe Biden.

(L.Barsayjeva--DTZ)

Empfohlen

Gespräche in Berlin über "möglichen Waffenstillstand in Ukraine"

Das diplomatische Ringen um ein Ende des Ukraine-Krieges verlagert sich ab Sonntag nach Berlin: Der US-Sondergesandte Steve Witkoff will sich dort nach Angaben des Weißen Hauses mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und europäischen Staatenlenkern treffen. Nach Angaben aus deutschen Regierungskreisen führen zunächst die außenpolitischen Berater "unter anderem der USA und der Ukraine" Gespräche "zu einem möglichen Waffenstillstand in der Ukraine".

Zweite Runde der Präsidentschaftswahl in Chile

In Chile findet am Sonntag (ab 8.00 Uhr Ortszeit, 12.00 Uhr MEZ) die zweite Runde der Präsidentschaftswahl statt. In der Stichwahl um die Nachfolge des linksgerichteten Präsidenten Gabriel Boric treten der deutschstämmige Rechtsextreme José Antonio Kast, der Sohn eines Wehrmachtssoldaten, und die Sozialdemokratin Jeannette Jara gegeneinander an. Wichtigste Themen im Wahlkampf waren der Kampf gegen kriminelle Banden und die Einwanderung.

Ungarn fordern Rücktritt Orbans nach Bekanntwerden von Missbrauchsfällen

Nach dem Bekanntwerden von Missbrauchsfällen in staatlichen Kinder- und Jugendeinrichtungen haben in Ungarns Hauptstadt Budapest am Samstag mehr als 50.000 Menschen den Rücktritt von Ministerpräsident Viktor Orban gefordert. Sie riefen Parolen wie "Orban, hau ab!". Zu der Demonstration hatte Oppositionsführer Peter Magyar aufgerufen, dessen Partei Tisza vor der Parlamentswahl im Frühling die Meinungsfragen anführt. Er führte den Protestzug an und trug ein Banner mit den Worten "Lasst uns Kinder schützen".

US-Soldaten in Syrien in mutmaßlichem Hinterhalt des IS getötet

In Syrien sind am Samstag zwei US-Soldaten und ein US-Übersetzer bei einem Angriff eines mutmaßlichen Mitglieds der Dschihadistenmiliz IS auf eine gemeinsame Patrouille von syrischen und US-Soldaten getötet worden. Drei weitere US-Soldaten seien verletzt worden, teilte das Nahost-Regionalkommando der US-Armee, Centcom, mit. "Wir trauern um den Verlust von drei großen amerikanischen Patrioten in Syrien", erklärte US-Präsident Donald Trump auf seiner Online-Plattform Truth Social und drohte mit "sehr ernster Vergeltung".

Textgröße ändern: