Deutsche Tageszeitung - Grenzkonflikt mit Kambodscha: Bangkok warnt vor Gefahr eines Krieges

Grenzkonflikt mit Kambodscha: Bangkok warnt vor Gefahr eines Krieges


Grenzkonflikt mit Kambodscha: Bangkok warnt vor Gefahr eines Krieges
Grenzkonflikt mit Kambodscha: Bangkok warnt vor Gefahr eines Krieges / Foto: © AFP

Im eskalierenden Grenzkonflikt mit Kambodscha hat die thailändische Regierung vor einer möglichen Ausweitung der Kämpfe zu einem Krieg gewarnt. "Falls die Situation eskaliert, könnte sie sich zu einem Krieg entwickeln, auch wenn es bislang bei Zusammenstößen bleibt", sagte Übergangsregierungschef Phumtham Wechayachai am Freitag in Bangkok. Der seit Jahrzehnten schwelende Grenzkonflikt zwischen Thailand und Kambodscha war diese Woche eskaliert, mindestens 16 Menschen wurden seit Donnerstag getötet. Thailand verhängte daraufhin in mehreren Grenzbezirken das Kriegsrecht.

Textgröße ändern:

In sieben Bezirken der an das Nachbarland angrenzenden Provinz Chanthaburi und einem Bezirk der benachbarten Provinz Trat verhängte Thailand nach Grenzschutzangaben am Freitag das Kriegsrecht.

"Wir haben versucht, einen Kompromiss zu finden, da wir Nachbarn sind", sagte Übergangsregierungschef Wechayachai. Im Notfall werde das thailändische Militär jedoch sofort reagieren.

Thailand sei weiterhin offen für diplomatische Gespräche mit dem Nachbarland, sagte der thailändische Außenamtssprecher Nikorndej Balankura der Nachrichtenagentur AFP "Wir sind bereit, wenn Kambodscha diese Angelegenheit auf diplomatischem Wege, bilateral oder sogar über Malaysia regeln möchte." Bislang habe es jedoch noch keine Antwort von dem Nachbarland gegeben.

Kambodschas Premierminister Hun Manet erklärte wiederum, Thailand habe sich bereits aus einem vorgeschlagenen Waffenstillstand zurückgezogen. Sein Land warte auf eine "echte Bereitschaft" zur Deeskalation von Seiten Bangkoks.

Laut Thailands Außenamtssprecher Balankura wurden die Kämpfe am Freitagmorgen in drei Grenzgebieten fortgesetzt, gegen Nachmittag ließ der Beschuss jedoch etwas nach.

Nach Angaben des thailändischen Gesundheitsministeriums wurden bislang 15 Menschen getötet, darunter ein Soldat. 46 weitere Menschen seien verletzt worden. Mehr als 138.000 Einwohner wurden nach Angaben der Behörden aus thailändischen Grenzregionen evakuiert.

Die kambodschanischen Behörden sprachen ihrerseits von einem getöteten Zivilisten und fünf Verletzten.

Die Kämpfe hatten am Donnerstag in der Nähe von zwei Tempeln an der Grenze zwischen der thailändischen Provinz Surin und der kambodschanischen Provinz Oddar Meanchey begonnen. Dort ist der Verlauf der rund 800 Kilometer langen gemeinsamen Grenze seit Jahren umstritten.

Die Streitkräfte beider Seiten beschossen sich mit Artillerie, mit Raketen und griffen aus der Luft an. Sowohl das kambodschanische Verteidigungsministerium als auch die thailändische Armee beschuldigten die jeweils andere Seite, als erste geschossen zu haben.

Das Auswärtige Amt in Berlin riet angesichts des eskalierenden Konflikts "dringend" von Reisen in die Grenzregion zwischen Thailand und Kambodscha ab. Die Grenze zwischen beiden Ländern verläuft rund 130 Kilometer entfernt von der weltberühmten Tempelanlage Angkor Wat in Kambodscha, die ein beliebtes Reiseziel ist. Deutsche Staatsbürger in der Region sollten lokalen Sicherheitsanweisungen folgen, sich von Menschenansammlungen fernhalten und auf neue Reise- und Sicherheitshinweise achten.

Der UN-Sicherheitsrat kündigte für Freitag eine Dringlichkeitssitzung wegen der Kämpfe an, wie AFP aus diplomatischen Kreisen erfuhr. Die von Kambodschas Regierungschef Hun Manet beantragte Sitzung sollte demnach um 15.00 Uhr Ortszeit (21.00 Uhr MESZ) stattfinden.

Malaysias Ministerpräsident Anwar Ibrahim hatte am Donnerstag erklärt, er habe seine Kollegen aus Thailand und Kambodscha zu einer Einstellung der Kämpfe aufgefordert. Malaysia hat derzeit den Vorsitz der Staatengemeinschaft ASEAN, der sowohl Thailand als auch Kambodscha angehören.

Peking, ein enger Verbündeter Kambodschas, äußerte sich besorgt über die Kampfhandlungen. Außenminister Wang Yi bezeichnete die Opferzahlen laut seinem Büro als "tief beunruhigend" und führte die "Wurzel des Problems" auf die Nachwirkungen "des westlichen Kolonialismus" zurück.

Die Kämpfe sind die jüngste Eskalation in einem seit Jahrzehnten andauernden Streit um die Grenzziehung im sogenannten Smaragd-Dreieck, wo die thailändische Provinz Surin und die kambodschanische Provinz Oddar Meanchey sowie der Nachbarstaat Laos aneinander grenzen. In dem Gebiet stehen mehrere alte Tempel.

Der Konflikt hatte vor mehr als 15 Jahren Gefechte zwischen den Streitkräften ausgelöst und war im Mai erneut aufgeflammt, als ein kambodschanischer Soldat durch Schüsse getötet wurde. Diese Woche war der Konflikt erneut eskaliert, nachdem ein thailändischer Soldat an der Grenze auf eine kambodschanische Mine getreten war und ein Bein verloren hatte.

(V.Sørensen--DTZ)

Empfohlen

Ungarn fordern Rücktritt Orbans nach Bekanntwerden von Missbrauchsfällen

Nach dem Bekanntwerden von Missbrauchsfällen in staatlichen Kinder- und Jugendeinrichtungen haben in Ungarns Hauptstadt Budapest am Samstag mehr als 50.000 Menschen den Rücktritt von Ministerpräsident Viktor Orban gefordert. Sie riefen Parolen wie "Orban, hau ab!". Zu der Demonstration hatte Oppositionsführer Peter Magyar aufgerufen, dessen Partei Tisza vor der Parlamentswahl im Frühling die Meinungsfragen anführt. Er führte den Protestzug an und trug ein Banner mit den Worten "Lasst uns Kinder schützen".

US-Soldaten in Syrien in mutmaßlichem Hinterhalt des IS getötet

In Syrien sind am Samstag zwei US-Soldaten und ein US-Übersetzer bei einem Angriff eines mutmaßlichen Mitglieds der Dschihadistenmiliz IS auf eine gemeinsame Patrouille von syrischen und US-Soldaten getötet worden. Drei weitere US-Soldaten seien verletzt worden, teilte das Nahost-Regionalkommando der US-Armee, Centcom, mit. "Wir trauern um den Verlust von drei großen amerikanischen Patrioten in Syrien", erklärte US-Präsident Donald Trump auf seiner Online-Plattform Truth Social und drohte mit "sehr ernster Vergeltung".

Belarus lässt nach US-Vermittlung Oppositionelle Bjaljazki und Kolesnikowa frei

Im autoritär regierten Belarus sind nach der Vermittlung der USA überraschend mehr als 120 politische Gefangene freigelassen worden, darunter die prominente Oppositionspolitikerin Maria Kolesnikowa, der Friedensnobelpreisträger Ales Bjaljazki und der Lukaschenko-Gegner Viktor Babariko. Machthaber Alexander Lukaschenko habe insgesamt 123 Häftlinge aus verschiedenen Ländern begnadigt, hieß es in einem der belarussischen Präsidentschaft angegliederten Telegram-Kanal. Trotz der jahrelangen Haft zeigten sich Kolesnikowa und Bjaljazki bereits wenige Stunden nach ihrer Freilassung kämpferisch.

Belarussische Oppositionelle Bjaljazki und Kolesnikowa sowie weitere Gefangene frei

Die prominente belarussische Oppositionspolitikerin Maria Kolesnikowa und der Friedensnobelpreisträger Ales Bjaljazki sind zusammen mit mehr als 120 weiteren Gefangenen in dem autokratisch regierten Land freigelassen worden. Staatschef Alexander Lukaschenko habe insgesamt 123 Häftlinge aus verschiedenen Ländern begnadigt, hieß es am Samstag in einem der belarussischen Präsidentschaft angegliederten Telegram-Kanal. Dazu zählen laut der Menschenrechtsorganisation Wjasna auch Kolesnikowa, Bjaljazki und der Oppositionelle Viktor Babariko. Den Freilassungen war eine Lockerung von US-Wirtschaftssanktionen gegen Belarus vorausgegangen.

Textgröße ändern: