
Indien inhaftiert drei hochrangige Politiker der Region Kaschmir

Im Konflikt um Kaschmir hat Indien drei politische Führungspersönlichkeiten der Region inhaftiert. Die ehemaligen Regierungschefs von Jammu und Kaschmir, Mehbooba Mufti und Ohmar Abdullah, sowie der Vorsitzende einer Regionalpartei, Sajad Lone, wurden laut einem Gerichtsbeschluss in ein "Gästehaus" der indischen Regierung gebracht. Dieses dient nach indischen Presseberichten zeitweise als Haftzentrum. Die Aktivitäten der drei Politiker könnten "den Frieden stören", hieß es in dem Beschluss, der der Nachrichtenagentur AFP am Dienstag vorlag.
Gegen die Politiker, die bereits am Wochenende unter Hausarrest gestellt und am Montag in das "Gästehaus" transferiert worden waren, liegt keine konkrete Anklage vor. Demnach befürchten die indischen Behörden aber, dass die Regionalpolitiker Demonstrationen organisieren könnten, um gegen die am Montag von Indien verfügte Aufhebung der Autonomierechte für den indischen Teil Kaschmirs zu protestieren.
Vor ihrer Inhaftierung schrieb die Politikerin Mufti im Kurzbotschaftendienst Twitter, dass Indien mit der Aufhebung der Autonomierechte als "eine Besetzungsmacht in Jammu und Kaschmir" anzusehen sei. Die Region war auch am Dienstag abgeschnitten von der Außenwelt, es gab weder Internet- noch Telefonverbindungen. Tausende indische Soldaten stellten sicher, dass sich die Einwohner an die Ausgangssperre hielten.
Indiens Premierminister Narendra Modi hatte am Montag per Präsidentendekret den in der Verfassung festgelegten Sonderstatus für den indischen Teil Kaschmirs beendet. Die auch in Indien umstrittene Aufhebung der Autonomierechte befeuerte die jüngsten Spannungen in der Region. Pakistan, das ebenfalls Anspruch auf die gesamte Region erhebt, verurteilte den Schritt als "illegal" und kündigte eine Reaktion an. Am Dienstag sollen in mehreren pakistanischen Städten Demonstrationen stattfinden.
In Kaschmir kommt es immer wieder zu Spannungen. Die Himalaya-Region ist seit der Unabhängigkeit Indiens von Großbritannien im Jahr 1947 zwischen Indien und Pakistan geteilt, wird aber bis heute von beiden Staaten zur Gänze beansprucht. Die beiden Atommächte führten zwei Kriegen um die Region. Seit 1989 kämpfen mehrere muslimische Rebellengruppen teils für die Unabhängigkeit Kaschmirs, teils für den Anschluss der Region an Pakistan.
Bereits nach dem Wahlerfolg von Modis hindu-nationalistischer Partei BJP im Mai waren in Kaschmir Befürchtungen laut geworden, dass Indiens Regierung der Region die Autonomierechte entziehen könnte. Die BJP will erreichen, dass auch Bürger anderer indischer Bundesstaaten - hauptsächlich Hinduisten - Eigentum in Kaschmir erwerben können. Kritiker sehen darin den Versuch der Partei, die demografischen Verhältnisse in dem mehrheitlich muslimischen Bundesstaat zu ändern.
(W.Novokshonov--DTZ)