Deutsche Tageszeitung - Regierungssturz destabilisiert Frankreichs Wirtschaft: Staat muss Anleihenkäufern mehr zahlen

Regierungssturz destabilisiert Frankreichs Wirtschaft: Staat muss Anleihenkäufern mehr zahlen


Regierungssturz destabilisiert Frankreichs Wirtschaft: Staat muss Anleihenkäufern mehr zahlen
Regierungssturz destabilisiert Frankreichs Wirtschaft: Staat muss Anleihenkäufern mehr zahlen / Foto: © AFP/Archiv

Der Regierungssturz in Frankreich beunruhigt die Anleihenmärkte und wirft ein Schlaglicht auf die angespannte Finanzlage der zweitgrößten Volkswirtschaft der Eurozone. Am Dienstag stieg der Zinssatz, den der französische Staat Käufern von zehnjährigen Anleihen zahlt, auf das Niveau Italiens. Bereits am Freitag könnte eine Herabstufung der Bonität des Landes durch die Ratingagentur Fitch drohen.

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Nach dem Sturz der Regierung von Premierminister François Bayrou, der sein Schicksal als Regierungschef mit der von ihm beabsichtigten Einsparung von 44 Milliarden Euro im kommenden Haushaltsjahr verknüpft und am Montagabend die Vertrauensabstimmung in der Nationalversammlung verloren hatte, droht der französischen Wirtschaft eine neue Phase der Unsicherheit.

Zwar hatte sich die Konjunktur in Frankreich zuletzt trotz der weltwirtschaftlichen Verwerfungen durch die US-Zölle als vergleichsweise robust erwiesen. So hatte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im zweiten Quartal überraschend um 0,3 Prozent zugelegt, während etwa die deutsche Wirtschaft um 0,3 Prozent im Vergleich zum Vorquartal schrumpfte.

Doch es sei "schwierig, eine Beschleunigung des Wachstums in der zweiten Jahreshälfte zu erwarten, zumal die politische Instabilität das Vertrauen belastet", kommentierte Analystin Charlotte de Montpellier von der ING. Die wirtschaftlichen Aussichten für Frankreich dürften "in den kommenden Quartalen unter dem europäischen Durchschnitt bleiben", prognostizierte sie.

Nach Berechnungen des in Paris ansässigen Wirtschaftsforschungsinstituts OFCE könnte die politische Unsicherheit das BIP-Wachstum in diesem Jahr um 0,3 Prozentpunkte verringern - was die ohnehin schon schwierige Haushaltslage in einem zersplitterten politischen Umfeld weiter erschwert.

Hinzu kommt, dass Frankreich mit seinem hohen Staatsdefizit von 5,8 Prozent des BIP im Jahr 2024 und seiner Schuldenlast, die sich Ende März auf 113,9 Prozent des BIP oder 3,345 Billionen Euro summierte, zu den Schlusslichtern in Europa zählt.

Und selbst bei einer raschen Ernennung einer neuen Regierung wäre die Verringerung des Defizits wegen der dann notwendigen Kompromisse begrenzt, und "weniger ehrgeizig", gibt Analyst Maxime Darmet von Allianz Trade zu bedenken. Eine Verringerung des Staatsdefizits auf 4,6 Prozent des BIP, wie sie die Regierung Bayrou angestrebt hatte, ist seiner Einschätzung nach in diesem Jahr nicht zu erwarten - sondern vielmehr 5,4 Prozent. Im kommenden Jahr rechnet er mit etwa fünf Prozent.

Finanzmärkte und Unternehmen hätten "verstanden, dass bis 2027, dem nächsten Präsidentschaftswahltermin, keine grundlegende Lösung für das Defizitproblem gefunden wird“, glaubt Darmet. Verdüstert werden könnte die Lage zudem durch einen weiteren Regierungssturz und länger anhaltende Unsicherheit.

An den Anleihenmärkten stieg der Zinssatz französischer Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit am Dienstagmorgen auf 3,48 Prozent und überholte damit den Zinssatz für italienische Staatsanleihen (3,47 Prozent).

Mit Spannung erwartet wird nun die Einschätzung der Rating-Agentur Fitch am Freitag. Denn eine mögliche Herabstufung könnte zu einem weiteren Anstieg der Zinsen auf französische Anleihen führen, wenn sich Anleger verstärkt weniger riskanten Anlagen zuwenden.

Eric Dor von der IESEG School of Management hält eine Herabstufung für "logisch", da die Instabilität infolge des Regierungssturzes die Fähigkeit Frankreichs zu beeinträchtigen scheine, "einen glaubwürdigen mittelfristigen Plan zur Haushaltskonsolidierung umzusetzen".

Wirtschaftswissenschaftlerin Lucile Bembaron von Asterès hält es jedoch ebenfalls für "plausibel", dass Fitch am Freitag von einer solchen Herabstufung absieht. Es sei auch denkbar, dass die Ratingagentur zunächst "auf mehr politische Klarheit" warte.

(V.Varonivska--DTZ)

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