Deutsche Tageszeitung - Pistorius wertet Drohnen-Vorfall in Polen als russische Provokation

Pistorius wertet Drohnen-Vorfall in Polen als russische Provokation


Pistorius wertet Drohnen-Vorfall in Polen als russische Provokation
Pistorius wertet Drohnen-Vorfall in Polen als russische Provokation / Foto: © AFP/Archiv

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat die Verletzungen des polnischen Luftraums durch russische Drohnen als gezielte Provokation gewertet und eine "besonnene" Reaktion der Nato angekündigt. Die Drohnen seien "offensichtlich von belarussischem Gebiet aus" gesteuert worden, sagte Pistorius am Mittwoch im Bundestag. Es gebe "definitiv keine Anlässe zu vermuten, dass es sich hier um Kurskorrekturfehler oder dergleichen handelt". Die Drohnen seien polnischen Angaben zufolge "entsprechend munitioniert" gewesen. "Es hätte also auch jederzeit etwas passieren können."

Textgröße ändern:

In einem Pressestatement am Nachmittag ergänzte Pistorius, der Vorfall sei "inakzeptabel". Die Provokation habe sich nicht nur gegen Polen, sondern gegen die gesamte Nato und die europäische Sicherheitsordnung gerichtet.

Es gehe Russland eindeutig darum, "unsere Geschlossenheit" auf den Prüfstand zu stellen, sagte der Minister weiter. Dieser Plan gehe aber nicht auf. "Wir setzen auf Stärke und Geschlossenheit, aber wir lassen uns eben nicht provozieren." Bei dem Vorfall habe es sich "nicht um eine Petitesse" gehandelt, betonte Pistorius. Die Nato werde nun reagieren - "klar, aber auch sehr besonnen und nicht eskalierend".

Die Bundesregierung sprach von einem "sehr ernsten Vorfall". Das Eindringen der russischen Drohnen in den polnischen Luftraum zeige "einmal mehr, unter was für einer Bedrohung wir stehen und wie sehr wir ausgetestet werden von Russland", sagte der stellvertretende Regierungssprecher Sebastian Hille in Berlin.

Eine Sprecherin des Auswärtigen Amts sagte, "dass Polen natürlich die volle Solidarität der Bundesregierung angesichts der russischen Verletzungen des polnischen Luftraums genießt". Sie fügte hinzu, "dass wir uns natürlich nicht einschüchtern lassen und gemeinsam entschlossen handeln".

Minister Pistorius ordnete den Drohnen-Vorfall bei seinem Auftritt in der Regierungsbefragung im Bundestag in einen größeren Zusammenhang ein: Er warnte vor einer "ständigen Bedrohung" durch Russland. Diese bestehe in "Provokationen russischer Streitkräfte im baltischen Luftraum, in der Ostsee, im Wasser unter See, aber eben auch in Mitteleuropa durch hybride Angriffe oder solche Flüge", sagte Pistorius. Er unterstütze daher die Konsultationen gemäß Artikel 4 des Nato-Vertrags: "Hier müssen Signale gesetzt werden."

Polen hatte in der Nacht insgesamt 19 Verletzungen seines Luftraums festgestellt. Ministerpräsident Donald Tusk sagte, das EU- und Nato-Land habe daraufhin mindestens drei russische Drohnen abgeschossen. Polen beantragte Konsultationen zum Bedrohungsfall gemäß Artikel 4 des Nato-Vertrags. Gemäß Artikel 4 des Nato-Vertrags kann jeder Mitgliedstaat im Fall einer Bedrohung seiner "territorialen Integrität, politischen Unabhängigkeit oder Sicherheit" die Einberufung einer Sitzung des Nordatlantikrates in Brüssel verlangen.

An der polnischen Grenze zu Ukraine unterstützen auch Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr den Schutz des polnischen Luftraums mit Patriot-Flugabwehrsystemen. Am Abschuss der russischen Drohnen seien die in Rzeszow stationierten Bundeswehrangehörigen aber nicht beteiligt gewesen, sagte ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums.

"Eine direkte Beteiligung an den Abwehrmaßnahmen ist nicht erfolgt", sagte der Sprecher. Es seien keine Patriot-Lenkflugkörper abgeschossen worden. Die Bundeswehr habe aber mit ihren Daten zum "Gesamtlagebild beigetragen". Die deutschen Soldaten in Rzeszow seien "in der letzten Nacht gemäß ihrem Auftrag wachsam und aktiv" gewesen, fügte der Sprecher hinzu.

Zur Frage, ob die Bundeswehr ihre Patriot-Abwehrraketen auch im ukrainischen Luftraum einsetzen würde, wollte sich der Ministeriumssprecher nicht äußern - dies sei "Spekulation". Er könne "aber sagen, dass die deutschen Patriot in Rzeszow einen Schutzauftrag haben", sagte der Sprecher. "Wenn es zu einer Situation, einer Eskalation kommen sollte, wo genau dieses Schutzobjekt bedroht ist, haben sie natürlich auch gemäß den Einsatzregeln das Recht, diese Bedrohung abzuwehren."

Der Polen-Beauftragte der Bundesregierung, Knut Abraham (CDU), verlangt nach dem Eindringen von russischen Drohnen eine intensivere Stärkung der Nato-Ostflanke. "Die beunruhigende Entwicklung zeigt, wie wichtig es war und ist, die Ukraine und die Ostflanke der Nato zu stützen", sagte Abraham den Funke-Zeitungen. Mit dem "schwer wiegenden Drohnenvorfall" zeige Russland auch sein "Aggressionspotenzial der Nato gegenüber".

(I.Beryonev--DTZ)

Empfohlen

Wahlbehörde: Trump-Kandidat Asfura gewinnt Präsidentschaftswahl in Honduras

Mehr als drei Wochen nach der Präsidentschaftswahl in Honduras hat die Wahlbehörde des Landes den von US-Präsident Donald Trump unterstützten Kandidaten Nasry Asfura zum Sieger erklärt. Asfura sei zu einer vierjährigen Amtszeit gewählt worden, erklärte die Präsidentin der Wahlbehörde, Ana Paola Hall, am Mittwoch. Kurz darauf gratulierte US-Außenminister Marco Rubio dem rechtsgerichteten Unternehmer zu seinem Wahlsieg.

Selenskyj stellt 20-Punkte-Plan für Ende des Ukraine-Krieges vor

Der Ukraine ist es laut dem jüngsten Entwurf eines zwischen Washington und Kiew vereinbarten Plans zur Beendigung des Krieges in der Ukraine gelungen, einige Zugeständnisse zu erreichen. Wie der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Mittwoch bekannt gab, werde der Entwurf derzeit von Russland geprüft. Der von Selenskyj erstmals vorgestellte 20-Punkte-Plan sieht ein Einfrieren der aktuellen Frontlinie vor, ebnet zugleich aber auch den Weg für den Abzug ukrainischer Truppen und entmilitarisierte Zonen. In einer Weihnachtsansprache schien Selenskyj zudem dem russischen Präsidenten Wladimir Putin den Tod zu wünschen.

Deutschland und weitere Staaten verurteilen Genehmigung neuer israelischer Siedlungen

Deutschland und 13 weitere Staaten haben die Genehmigung neuer israelischer Siedlungen in dem von Israel besetzten Westjordanland verurteilt. "Wir bekräftigen unsere klare Ablehnung jeglicher Form der Annexion und der Ausweitung der Siedlungspolitik", hieß es am Mittwoch in einer gemeinsamen Erklärung der Staaten. Sie riefen die israelische Regierung zudem zu einem Stopp des Siedlungsbaus auf.

Flugzeug mit libyschem Armeechef an Bord abgestürzt: Blackbox in Türkei geborgen

Nach dem Tod des libyschen Armeechefs Mohammed al-Haddad bei einem Flugzeugabsturz in der Türkei haben die Behörden den Stimmenrekorder und den Datenschreiber geborgen. Dies teilte der türkische Innenminister Ali Yerlikaya am Mittwoch mit. Verkehrsminister Abdulkadir Uraloglu erklärte im Onlinedienst X, die Auswertung werde in einem "neutralen Land" stattfinden. Die Staatsanwaltschaft in Ankara nahm laut Justizminister Yilmaz Tunc Ermittlungen zu dem Absturz auf.

Textgröße ändern: