Deutsche Tageszeitung - Streit um neues Wehrdienstgesetz schwelt weiter - Söder: "Wischi-Waschi-Wehrpflicht"

Streit um neues Wehrdienstgesetz schwelt weiter - Söder: "Wischi-Waschi-Wehrpflicht"


Streit um neues Wehrdienstgesetz schwelt weiter - Söder: "Wischi-Waschi-Wehrpflicht"
Streit um neues Wehrdienstgesetz schwelt weiter - Söder: "Wischi-Waschi-Wehrpflicht" / Foto: © AFP

In der Koalition hält der Streit um das von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) eingebrachte Wehrdienstgesetz an. CSU-Chef Markus Söder kritisierte das Freiwilligen-Modell für die Bundeswehr am Sonntag als "Wischi-Waschi-Wehrpflicht". Aus der Union waren zuvor Forderungen gekommen, die für demnächst angedachte erste Beratung des Gesetzentwurfs im Bundestag von der Tagesordnung zu nehmen. Pistorius kritisierte die Union für ihre Hinhaltetaktik bei dem von ihm eingebrachten Gesetz.

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Die Pläne von Pistorius sollen pro Jahr Zehntausende neue Rekruten zur Bundeswehr bringen, bis auf Weiteres allerdings auf freiwilliger Basis. Ein verpflichtender Wehrdienst ist zwar vorgesehen für den Fall, dass Rekrutierungsziele nicht erreicht werden oder die Sicherheitslage höhere Zahlen nötig macht. Es gibt aber keinen Automatismus, keine festgelegte Zahl und keinen festgelegten Zeitpunkt für eine Wehrpflicht.

Die Union bezweifelt, dass so die anvisierte personelle Stärkung der Truppe erreicht werden kann. Schon seit Monaten fordern Politiker der Unionsparteien eine Verschärfung des Gesetzes.

Söder legte nun unter anderem im Onlinedienst X nach. "Eine Wischi-Waschi-Wehrpflicht hilft niemandem", erklärte er dort. "Freiwilligkeit kann nur ein erster Schritt sein. In Zeiten großer Bedrohung brauchen wir mehr als eine Fragebogen-Armee." Deutschlands Sicherheit sei massiv in Gefahr und jeder Tag Zögern schwäche sie weiter, warnte Söder. Deshalb müsse sich das Land wappnen und die Bundeswehr mit genügend Personal ausbauen. "Je schneller und klarer die Wehrpflicht kommt, desto besser", schrieb Söder.

Bisher steht die erste Lesung des Wehrdienstgesetzes am Donnerstag auf der Tagesordnung des Bundestags. Das könnte sich noch ändern: Ein Sprecher der Unionsfraktion erklärte am Samstag auf Anfrage, "dass die erste Beratung im Bundestag übernächste Woche erfolgen wird, hatten die beiden Fraktionsvorsitzenden bereits vor Tagen vereinbart". Er erklärte, die beiden Koalitionsfraktionen seien zu dem Gesetz "seit der Klausur in Würzburg in guten Verhandlungen". "Wir streben einen zügigen Abschluss an, der der fortgesetzt angespannten Sicherheitslage gerecht wird", fügte er hinzu.

Offenbar dringt die Union auf Nachbesserungen. "Wir streben einen konkreten Aufwuchspfad an und klare Vorgaben, was passiert, wenn die Ziele nicht erreicht werden", erklärte der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Thomas Erndl (CSU). Die Diskussion zum Aufwuchs der Bundeswehr und der Reserve müsse "bereits jetzt umfassend geführt werden", fuhr er fort.

Pistorius hatte eine mögliche Verschiebung ausgesprochen scharf kritisiert. "Das Verhalten der Unionsfraktion ist fahrlässig, weil es möglicherweise die Einführung des neuen Wehrdienstes und damit auch die Wiedereinführung der Wehrerfassung verzögert", sagte der SPD-Politiker dem "Handelsblatt" (Samstag). Im parlamentarischen Verfahren gebe es verschiedene Möglichkeiten, vom Gesetzentwurf abweichende Haltungen einzubringen – etwa durch Änderungsanträge.

Auch die Anhörung von Sachverständigen diene genau dazu, Expertise von außen einzuholen, so dass kein Argument unberücksichtigt bleibe. Der Verteidigungsminister forderte "die Unionsfraktion auf, am Zeitplan festzuhalten und sich so einzubringen, wie es das parlamentarische Verfahren vorsieht".

Kritisch äußerte sich erneut auch der Wehrbeauftragte des Bundestags, Henning Otte (CDU). Gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe bekräftigte er, "erhebliche Zweifel" am Konzept der Freiwilligkeit zu haben. Schließlich scheitere die Bundeswehr "als Freiwilligenarmee schon seit Jahren daran, die Truppenstärke anzuheben".

Aus Ottes Sicht ist es daher notwendig, bereits jetzt die Voraussetzungen zu schaffen, bei einem neuen Wehrdienst schnell auf weitere verpflichtende Elemente umschalten zu können. "Wir müssen recht zeitnah nach der Erfassung über die Fragebögen eine Zwischenbilanz ziehen – wie viele Rückmeldungen gab es? Wie viele Freiwillige haben Interesse bekundet?", sagte der Wehrbeauftragte. "Den Luxus, erst einmal ein Jahr oder zwei abzuwarten, wie sich die Dinge entwickeln, dürfen wir uns nicht leisten."

(B.Izyumov--DTZ)

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