Bundesanwaltschaft ermittelt nach Todesschüssen nahe Synagoge von Halle
Nach tödlichen Schüssen auf zwei Menschen in Halle an der Saale am Mittwoch hat die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe die Ermittlungen übernommen. Ein Sprecher begründete dies mit der "besonderen Bedeutung des Falls". Unklar blieb zunächst, ob die Schüsse etwas mit der nahen Synagoge zu tun hatten. Der Oberbürgermeister von Halle, Bernd Wiegand (parteilos), sprach von einer "Amoklage".
Der Sprecher der Bundesanwaltschaft sagte zur Übernahme der Ermittlungen durch die Karlsruher Behörde, es gehe hier um "die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland". Halles Oberbürgermeister rief einen Stab für außergewöhnliche Ereignisse ein.
Die Tat ereignete sich am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur. Ob ein Zusammenhang bestand, blieb aber zunächst unklar. Ein offenbar von einem Augenzeugen aufgenommenes Video zeigte einen mit einem Kampfanzug und Helm ausgestatteten Angreifer, der auf offener Straße mehrere Schüsse abgab.
Bei den Todesopfern handelt es sich nach den Worten einer Polizeisprecherin um einen Mann und eine Frau. Der Mann sei in einem Dönerimbiss erschossen worden, die Frau in der Humboldtstraße, in der sich auch die Synagoge befindet. Die beiden wurden gegen Mittag getötet.
Die Polizei sprach zunächst von mehreren mutmaßlichen Tätern, die mit einem Auto flüchteten. Ein Tatverdächtiger konnte festgenommen. Details zu dessen Identität blieben zunächst unklar. Die Polizei forderte die Einwohner von Halle auf, wachsam zu bleiben.
Ein Zeuge berichtete im Fernsehsender n-tv, dass ein mit Sturmmaske und Helm bekleideter Mann mit einem Sturmgewehr in ein Dönerrestaurant geschossen habe. Zuvor habe der Angreifer eine Art Sprengsatz geworfen, der aber an der Fassade abgeprallt und explodiert sei. In dem Dönerimbiss hätten sich insgesamt fünf bis sechs Gäste aufgehalten, sagte der Zeuge. Er selbst habe sich in der Toilette versteckt.
In welche Richtung die mutmaßlichen Täter flüchteten, war noch unbekannt. Die Polizei forderte die Menschen in Halle auf, in ihren Wohnungen zu bleiben oder sichere Orte aufzusuchen. Der Hauptbahnhof wurde wegen des Einsatzes gesperrt, wie die Bahn mitteilte. Auch der Nahverkehrsbetrieb stellte seinen Liniendienst ein.
Das Lagezentrum der Landesregierung warnte kurz darauf vor einem "Schusswaffengebrauch im Bereich Landsberg" östlich von Halle. Anwohner wurden ebenfalls aufgefordert, Gebäude und Wohnungen nicht zu verlassen. Die Polizei bestätigte das zunächst nicht.
Die Bundesregierung zeigte sich bestürzt über die tödlichen Schüsse. Regierungssprecher Steffen Seibert sprach von "schrecklichen Nachrichten". Dass es zwei Tote gebe, sei "entsetzlich". Er hoffe sehr, "dass die Polizei den Täter oder die Täter möglichst schnell fassen kann". Zur Motivlage seien "derzeit keine seriöse Angaben" möglich.
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) zeigte sich erschüttert über die tödlichen Schüsse. "Ich bin entsetzt über diese verabscheuenswürdige Tat", erklärte er. Dadurch seien nicht nur Menschen zu Tode gekommen, die Tat sei "auch ein feiger Anschlag auf das friedliche Zusammenleben in unserem Land". Haseloff sprach den Angehörigen der Opfer sein Mitgefühl aus.
(U.Beriyev--DTZ)