Deutsche Tageszeitung - Konservativer Jurist Kaïs Saïed wird neuer Präsident in Tunesien

Anzeige Bild
Anzeige Bild
Anzeige Bild
Anzeige Bild
Anzeige Bild

Konservativer Jurist Kaïs Saïed wird neuer Präsident in Tunesien


Konservativer Jurist Kaïs Saïed wird neuer Präsident in Tunesien
Konservativer Jurist Kaïs Saïed wird neuer Präsident in Tunesien / Foto: ©

Der konservative Juraprofessor Kaïs Saïed wird neuer Staatschef in Tunesien. Bei der Stichwahl um das Präsidentenamt errang der 61-Jährige einen Erdrutschsieg und kam auf mehr als 70 Prozent der Stimmen, wie die tunesische Wahlbehörde am Montag mitteilte. Er deklassierte damit seinen Konkurrenten, den umstrittenen Medienunternehmer Nabil Karoui. Bereits nach der Veröffentlichung erster Prognosen am Sonntagabend feierten Anhänger Saïeds dessen Sieg.

Anzeige Bild

Textgröße ändern:

Wie die Wahlbehörde mitteilte, kam Saïed laut dem vorläufigen Endergebnis auf 72,7 Prozent der Stimmen. Knapp 2,8 Millionen Tunesier stimmten demnach für den 61-jährigen, der ebenso wie sein Konkurrent Karoui neu im Politgeschäft ist. Karoui kam demnach auf rund eine Million Stimmen.

Saïed hatte in der Nacht zu Montag in einer kurzen Ansprache der Jugend gedankt, die "ein neues Kapitel der Geschichte" aufgeschlagen habe - laut Umfragen stimmten rund 90 Prozent der 18- bis 25-Jährigen für den Juraprofessor. Er werde den Geist des Arabischen Frühlings von 2011 fortführen, versprach Saïed. "Unser Projekt gründet auf der Freiheit. Die Zeit der Unterwerfung ist vorbei."

Sein Rivale Karoui beklagte, dass er durch seine wochenlange Inhaftierung wegen des Vorwurfs der Geldwäsche und Steuerhinterziehung benachteiligt worden sei. "Es ist wie bei den Olympischen Spielen und man bricht vor dem 100-Meter-Lauf ein Knie", sagte der 56-Jährige. Karoui war im August in Untersuchungshaft genommen worden und erst vor wenigen Tagen wieder freigekommen. Er sieht die Ermittlungen gegen sich als politisch motiviert an.

Tausende Tunesier waren am Sonntagabend auf die Straßen gegangen, um Saïeds Wahlsieg zu feiern. In der Hauptstadt Tunis wurden Feuerwerkskörper gezündet und es gab Hupkonzerte.

Wahlsieger Saïed hat keinerlei Regierungserfahrung. Den Tunesiern verspricht er neben der Bekämpfung der Korruption eine rigorose Überarbeitung der Verfassung und des Wahlsystems sowie mehr Demokratie auf lokaler Ebene. Saïed ist zudem für seine erzkonservativen Ansichten in gesellschaftlichen Fragen bekannt.

Unterstützung erhielt er zuletzt von der gemäßigt islamistischen Ennahdha-Partei. Diese hatte vor einer Woche die tunesische Parlamentswahl gewonnen und sich 52 der 217 Sitze im Parlament gesichert. Am Sonntagabend rief sie ihre Anhänger auf, Saïeds Wahlsieg zu feiern.

Mit Saïed und Karoui waren gleich zwei politische Außenseiter in die Stichwahl um das Präsidentenamt eingezogen. Der erste Wahlgang wurde deswegen als herbe Schlappe für die herrschende politische Klasse Tunesiens gewertet.

Es war die zweite Präsidentschaftswahl in dem nordafrikanischen Land seit dem Arabischen Frühling im Jahr 2011. Die ursprünglich für den November geplante Wahl wurde nach dem Tod von Präsident Béji Caïd Essebsi am 25. Juli im Alter von 92 Jahren vorgezogen.

Tunesien ist das Ursprungsland des Arabischen Frühlings. Es hat als einziges Land an dem Demokratisierungsprozess festgehalten, leidet allerdings unter anderem unter großen wirtschaftlichen Problemen.

(U.Stolizkaya--DTZ)

Empfohlen

Guterres warnt bei UN-Sondersitzung vor "Zyklus der Zerstörung" in Nahost

UN-Generalsekretär António Guterres hat bei einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats zum Krieg gegen den Iran vor einem "Zyklus der Zerstörung" gewarnt. Der Eintritt der USA in den israelischen Krieg gegen den Iran markiere eine "gefährliche Wende" in der Region, sagte Guterres am Sonntag in New York. Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, forderte in einer Videobotschaft ebenfalls Zurückhaltung und äußerte Besorgnis über eine "mögliche Ausweitung" des Konflikts.

Mindestens 20 Tote bei Anschlag auf Kirche in Damaskus

Bei einem Anschlag auf eine Kirche in der syrischen Hauptstadt Damaskus sind am Sonntag nach Regierungsangaben mindestens 20 Menschen getötet worden. 52 weitere wurden nach Angaben des Gesundheitsministeriums verletzt. Ein Selbstmordattentäter sei in die St. Elias-Kirche eingedrungen, habe das Feuer eröffnet und sich dann in die Luft gesprengt, gab das Innenministerium bekannt. Es machte die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) für die Tat verantwortlich.

Iranische Oppositionsführer fordern Chamenei zum Rücktritt auf

Nach den US-Angriffen auf iranische Atomanlagen haben führende Oppositionelle des Iran das geistliche Oberhaupt des Landes, Ayatollah Ali Chamenei, zum Rücktritt aufgefordert und ein Ende des Blutvergießens verlangt. Der im Exil lebende Sohn des einstigen Schahs, Resa Pahlavi, rief Chamenei nach über einer Woche Krieg mit Israel in einer eigenen Erklärung zum Rückzug auf. Auch Marjam Radschawi von den Volksmudschaheddin forderte in einer eigenen Erklärung seinen Rücktritt.

Sorgen wegen drohender Eskalation nach US-Kriegseintritt gegen den Iran

Der US-Kriegseintritt gegen den Iran an der Seite Israels hat international Sorgen vor einer Eskalation im Nahen Osten genährt. Deutschland, Frankreich und Großbritannien riefen den Iran am Sonntagabend "dringend auf, keine weiteren Maßnahmen zu ergreifen, die die Region destabilisieren könnten". US-Präsident Donald Trump hatte Teheran nach den Luftangriffen gegen die wichtigsten iranischen Atomanlagen mit weiteren Militäreinsätzen gedroht, sollte Teheran Vergeltung üben.

Textgröße ändern:

Anzeige Bild