
Unabhängigkeitsbefürworter kündigen neue Proteste in Katalonien an

Die Proteste in Katalonien gegen die Verurteilung von neun Anführern der Unabhängigkeitsbewegung reißen nicht ab. Demonstranten blockierten am Dienstag weiterhin mehrere Straßen und Zugverbindungen. Für den Abend waren Protestaktionen vor Büros der spanischen Zentralregierung in mehreren katalanischen Städten geplant. Am Montag hatten sich Unabhängigkeitsbefürworter heftige Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften am Flughafen von Barcelona geliefert, mehr als hundert Menschen wurden dabei verletzt.
Die Demonstranten besetzten am Dienstag weiterhin mehrere Straßen in der Region im Nordosten Spaniens, darunter die Autobahn in Richtung Frankreich auf Höhe von Girona, wie die Behörden mitteilten. Mit brennenden Reifen blockierten Aktivisten außerdem an mehreren Orten Bahngleise. Am Dienstagabend (ab 19.00 Uhr) wollten sich Anhänger der Unabhängigkeitsbewegung außerdem vor Gebäuden der spanischen Zentralverwaltung in Barcelona und drei anderen großen Städten in Katalonien zu Protestaktionen versammeln.
Die Proteste vom Montag waren durch ein Urteil des Obersten Gerichtshofs Spaniens gegen neun prominente katalanische Unabhängigkeitsbefürworter ausgelöst worden. Sie erhielten Haftstrafen von bis zu 13 Jahren wegen "Aufruhrs" und Veruntreuung öffentlicher Gelder. Den Angeklagten wurde vorgeworfen, im Oktober 2017 ein von der spanischen Justiz als illegal eingestuftes Unabhängigkeitsreferendum organisiert zu haben.
Nach dem Urteil waren in Katalonien tausende Menschen auf die Straße gegangen. Sie versammelten sich auf der Plaça de Catalunya in Barcelona und forderten die Freilassung der "politischen Gefangenen". Am Nachmittag marschierten dann rund 10.000 Demonstranten zum Flughafen, um ihn zu blockieren.
Hunderte Protestierende bewarfen die Sicherheitskräfte dort mit Steinen und Mülleimern. Diese setzten Schlagstöcke gegen die Aktivisten ein. Nach Angaben der Rettungskräfte wurden dabei 115 Menschen verletzt. In ganz Katalonien lag die Zahl der Verletzten demnach bei 131. Ein Demonstrant wurde nach Angaben eines Krankenhauses schwer am Auge verletzt. Die Polizei meldete eine Festnahme.
Infolge der Blockaden und Proteste wurden nach Angaben des Airport-Betreibers 110 Flüge am Montag abgesagt. Am Dienstagvormittag fielen erneut 45 Flüge aus, wie die spanische Flughafenaufsicht mitteilte. Hunderte Passagiere saßen die Nacht über fest.
Die Proteste wurden von der Gruppierung "Demokratischer Tsunami" organisiert, die ihre Anhänger über den Kurzmitteilungsdienst Telegram mobilisierte. Wer hinter dieser Gruppe steckt, war zunächst offen. Dennoch richtete Spaniens Innenminister Fernando Grande-Marlaska eine scharfe Drohung in Richtung der Aktivisten. Die Behörden würden die Hintermänner "ohne Zweifel" ausfindig machen.
Auch der designierte EU-Außenbeauftragte und derzeitige spanische Außenminister, Josep Borrell, fand deutliche Worte für die katalanischen Unabhängigkeitsbefürworter. Er verurteilte deren "totalitäre Haltung". Die Aktivisten würden Katalanen, die nicht für die Abspaltung von Madrid sind, die katalanische Zugehörigkeit absprechen, sagte Borrell. Die Unabhängigkeitsbefürworter würden jedoch nicht für die gesamte Bevölkerung der Region sprechen.
Kataloniens Regionalpräsident Quim Torra stellte sich hingegen hinter die Demonstranten. Er dankte im Kurzbotschaftendienst Twitter allen, die gegen die "Ungerechtigkeit des Urteils" auf die Straße gingen.
Der Oberste Gerichtshof hatte den früheren katalanischen Vize-Regionalpräsidenten Oriol Junqueras zu 13 Jahren Haft verurteilt. Die frühere Präsidentin des katalanischen Regionalparlaments, Carme Forcadell, wurde zu elf Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt.
Jordi Sànchez, Ex-Chef der Katalanischen Nationalversammlung (ANC), und Jordi Cuixart, Leiter der Kulturvereinigung Omnium Cultural, wurden zu jeweils neun Jahren Haft verurteilt. Gegen drei weitere Angeklagte wurden Geldstrafen in Höhe von 60.000 Euro verhängt. Gegen den ins Exil geflohenen Ex-Regionalpräsidenten Carles Puigdemont wurde erneut ein internationaler Haftbefehl erlassen.
(M.Dylatov--DTZ)