Deutsche Tageszeitung - Thüringen: SPD ist nur noch eine Ein-Prozent-Partei

Thüringen: SPD ist nur noch eine Ein-Prozent-Partei


Thüringen: SPD ist nur noch eine Ein-Prozent-Partei
Thüringen: SPD ist nur noch eine Ein-Prozent-Partei / Foto: ©

Auf Thüringen kommt eine äußerst schwierige Regierungsbildung zu. Die Linkspartei mit Ministerpräsident Bodo Ramelow erzielte bei der Landtagswahl am Sonntag zwar ein Rekordergebnis - allerdings verlor Ramelows Dreierkoalition mit SPD und Grünen ihre Mehrheit. Die CDU rutschte mit Spitzenkandidat Mike Mohring auf den dritten Platz hinter die deutlich erstarkte AfD. Auch die SPD sackte auf einen Tiefstand ab. FDP und Grüne sind nach einer Zitterpartie im Landtag.
 
Denkbare Koalitionen im künftigen Landtag könnten nur unter Einbeziehung entweder der Linkspartei oder der AfD auf eine Mehrheit kommen. Koalitionen mit der AfD schlossen alle anderen Parteien aus. Eine Regierungsbildung jenseits der AfD dürfte schwierig werden, sofern die CDU an ihrem Nein zu einem Bündnis mit der Linkspartei festhält.
 
Rein rechnerisch wäre auch eine Viererkoalition von Rot-Rot-Grün mit der FDP möglich. Die Liberalen lehnen ein solches Bündnis bislang aber ab. Nach dem vorläufigen amtlichen Wahlergebnis erreichte die Linke einen Rekordwert bei einer Landtagswahl überhaupt von 31 Prozent. Die AfD mit Björn Höcke landete mit 23,4 Prozent auf Platz zwei, vor der CDU mit 21,8 Prozent. Die SPD erreichte 8,2 Prozent, während Grüne und FDP mit 5,2 beziehungsweise fünf Prozent knapp den Einzug in den Landtag schafften.
 
Auf die Linke entfallen demnach im neuen Landtag 29 Sitze. Die AfD bekommt 22 und die CDU 21 Mandate. Die SPD erhält acht Sitze, auf Grüne und FDP kommen jeweils fünf Mandate.
 
Ministerpräsident Ramelow beanspruchte die Führung der künftigen Regierung: "Der Regierungsauftrag ist ganz eindeutig bei meiner Partei." Er zeigte sich bereit "zu Gesprächen mit allen demokratischen Parteien".
 
Mohring reagierte mit Ratlosigkeit auf die Tatsache, dass die CDU im Vergleich zu 2014 ein Drittel der Stimmen verlor. "Es gibt heute Abend keine einfachen Antworten", sagte der CDU-Politiker. Die Tatsache, "dass es in der Mitte keine Mehrheiten mehr gibt, verlangt jetzt neue Antworten". Er wolle die Stimmen seiner Partei "einbringen, damit es eine stabile Regierung gibt".
 
Mohring ließ offen, in welcher Form dies geschehen könnte. Koalitionen mit AfD oder Linkspartei schloss die CDU aus. Von einem "bitteren Tag" für die CDU sprach Bundes-Generalsekretär Paul Ziemiak. AfD-Chef Alexander Gauland bot der CDU an, mit ihr zu koalieren, wenn Mohring "den Mumm" dazu hätte. AfD-Spitzenkandidat Höcke sprach von einem "grandiosen Erfolg". Seine Partei wolle nun "staatspolitische Verantwortung tragen", sagte er im Sender Phoenix. "Jetzt wollen wir regieren."
 
Politiker von Linkspartei, Grünen und SPD äußerten sich entsetzt über das Abschneiden der Rechtspopulisten unter ihrem radikalen Flügelmann Höcke. Für die SPD in Thüringen war es das zweitschlechteste Resultat bei einer Landtagswahl überhaupt. SPD-Spitzenkandidat Wolfgang Tiefensee nannte das Abschneiden "enttäuschend".
 
Die Grünen-Bundesvorsitzende Annalena Baerbock führte das magere Ergebnis ihrer Partei auf die starke Polarisierung im Wahlkampf zurück - auch beim Thema erneuerbare Energien. Allerdings sei es den Grünen auch nicht so gut gelungen, in strukturschwachen Regionen zu punkten. FDP-Bundeschef Christian Lindner sprach angesichts des Wiedereinzugs seiner Partei in einen ostdeutschen Landtag von einem "tollen Erfolg".
 
Die Wahlbeteiligung lag mit knapp 65 Prozent deutlich über der Marke von 52,7 Prozent bei der Landtagswahl vor fünf Jahren. Trotz des Mehrheitsverlust für Rot-Rot-Grün könnte Ramelow laut Landesverfassung vorerst geschäftsführend im Amt bleiben, solange kein Nachfolger gewählt wird. Eine Frist dafür gibt es nicht  (W.Novokshonov--DTZ)

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