
Mitte-links-Oppositionspolitiker Fernández wird neuer Präsident Argentiniens

Inmitten schwerer wirtschaftlicher Turbulenzen haben die Argentinier für einen Wechsel an der Staatsspitze gestimmt. Der Mitte-Links-Oppositionspolitiker Alberto Fernández setzte sich schon in der ersten Runde der Präsidentschaftswahl am Sonntag deutlich gegen den wirtschaftsliberalen Amtsinhaber Mauricio Macri durch. Während links regierte Staaten Südamerikas Fernández gratulierten, kritisierte Brasiliens rechtsextremer Staatschef Jair Bolsonaro den Wahlausgang scharf. Der Peso legte am Montag überraschend an Wert zu.
Fernández, der gemeinsam mit der umstrittenen Ex-Präsidentin Cristina Kirchner angetreten war, kam nach Auszählung fast aller Stimmen auf 48,1 Prozent. Macri erreichte lediglich 40,3 Prozent. Eine Stichwahl ist nicht nötig: Für einen Sieg in der ersten Wahlrunde muss ein Kandidat mehr als 45 Prozent der Stimmen auf sich vereinen oder mindestens 40 Prozent sowie einen Abstand von zehn Prozentpunkten zum Zweitplatzierten.
Mexiko, Venezuela und Bolivien begrüßten den Wahlsieg des Mitte-Links-Kandidaten. Sie beglückwünschten Fernández zu seinem Sieg. Die drei Staaten werden von Linken regiert. Brasiliens Präsident Bolsonaro dagegen sagte, Argentinien habe seinen neuen Staatschef "schlecht ausgewählt". Er werde seinem künftigen Kollegen nicht gratulieren.
Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Kristalina Georgieva, erklärte, sie freue sich darauf, mit Fernández zusammenzuarbeiten, um die "ökonomischen Herausforderungen anzupacken und inklusives und nachhaltiges Wachstum" für das krisengeschüttelte Land zu ermöglichen. Fernández hatte in der Vergangenheit scharfe Kritik an den Reformvorgaben des IWF im Gegenzug für Finanzhilfen geäußert.
Am Tag nach der Wahl blieb der im Vorfeld befürchtete weitere Kursverfall des Peso aus. Die argentinische Währung legte gegenüber dem US-Dollar um drei Prozent an Wert zu.
Der Amtsinhaber Macri hatte noch am Wahlabend seine Niederlage eingeräumt. Er habe Fernández zum Wahlsieg gratuliert, sagte Macri vor Anhängern in Buenos Aires. Er wollte seinen Nachfolger bereits am Montag treffen, um eine geordnete Amtsübergabe vorzubereiten. Zugleich kündigte Macri eine konstruktive Oppositionspolitik an.
Fernández sprach von einem "großen Tag für Argentinien". Vor dem Land liege aber eine schwierige Zeit, sagte der 60-jährige Anwalt mit Blick auf die Wirtschaftskrise. Das Leid der Argentinier müsse ein Ende finden.
Fernández wird das Präsidentenamt am 10. Dezember antreten. An seiner Seite wird Macris Vorgängerin Kirchner in Regierungsverantwortung zurückkehren: Die Ex-Präsidentin war für das Amt der Vize-Präsidentin angetreten.
Beobachter fragen sich allerdings, wer künftig wirklich das Sagen haben wird: Fernández oder Kirchner, die zwischen 2007 und 2015 Präsidentin war. Zuvor hatte ihr 2010 verstorbener Ehemann Néstor Kirchner das südamerikanische Land geführt. Die Ex-Präsidentin ist höchst umstritten: Gegen die 66-Jährige laufen zahlreiche Ermittlungsverfahren wegen Korruption.
Argentinien durchlebt derzeit seine schwerste Wirtschaftskrise seit 17 Jahren. Seit mehr als einem Jahr befindet sich das südamerikanische Land in der Rezession, die Menschen leiden unter hoher Inflation und Arbeitslosigkeit. Mehr als ein Drittel der Argentinier ist von Armut betroffen.
Hinzu kommen die chronisch hohen Staatsschulden. Selbst ein Rettungspaket des IWF in Höhe von 57 Milliarden Dollar (51,4 Milliarden Euro) konnte die Krise nicht entschärfen. Wegen der schwersten Wirtschaftskrise seit 2001 und der unbeliebten Sparmaßnahmen seiner Regierung verlor Präsident Macri deutlich an Zustimmung.
(S.A.Dudajev--DTZ)