
Bundesregierung beschließt Neun-Punkte-Plan gegen Rechtsextremismus

Als Konsequenz aus dem Anschlag auf die Synagoge in Halle und weitere Gewalttaten will die Bundesregierung den Kampf gegen Rechts verstärken. Ein am Mittwoch vom Bundeskabinett verabschiedeter Neun-Punkte-Plan zielt darauf ab, "sämtliche rechtsstaatliche Mittel gegen Hass, Rechtsextremismus und Antisemitismus einzusetzen". FDP und Grüne halten die Pläne jedoch für unzureichend.
"Die Bedrohungslage aus dem Bereich des Rechtsextremismus und des Rechtsterrorismus ist in Deutschland hoch", begründete Innenminister Horst Seehofer (CSU) die Regierungspläne. Dies gelte in Verbindung damit auch für den Antisemitismus. Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) sagte, man dürfe es bei Bestürzung über rechtsextreme Verbrechen nicht belassen. "Es kann nicht sein, dass Hass und Hetze in diesem Land einen Nährboden finden."
In dem gemeinsam von den Ministerien für Inneres, Justiz und Familie vorgelegten Programm geht es um schärfere Verfolgung von Hetze im Netz, Stärkung der Ermittlungsbehörden und Ausbau von Präventionsarbeit. Soziale Netzwerke sollen verpflichtet werden, strafbare Inhalte künftig aktiv den Sicherheitsbehörden zu melden und gegebenenfalls auch die IP-Adresse der Nutzer herauszugeben. Aggressive Beleidigungen und Hetze im Netz sollen härter bestraft werden können.
Kommunalpolitiker sollen einen besonderen Schutz gegen Beleidigungen und üble Nachrede auch im Internet erhalten. Eine Änderung des Meldegesetzes soll die Veröffentlichung der Adressen zivilgesellschaftlich engagierter Bürger erschweren, um sie besser vor Hass und Hetze zu schützen.
Wer Mitglied in einer verfassungsfeindlichen Vereinigung ist, soll künftig keinen Waffenschein bekommen. Dazu soll es eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz geben. Verfassungsschutz und andere Sicherheitsbehörden sollen zudem für den Kampf gegen Rechts besser ausgestattet werden.
Die Bundesregierung will auch die Prävention gegen Rechtsextremismus verstärken. Programme zur Förderung der Demokratie und zur Sensibilisierung gegen Extremismus, Rassismus und Antisemitismus sollen eine ständige Förderung "auf hohem Niveau" erhalten, beschloss das Kabinett. Bislang ist diese häufig befristet.
Kritischer äußerte sich der FDP-Innenexperte Benjamin Strasser. "Die Vorschläge bleiben ziemlich dünne Luft und gehen die wirklichen Probleme des Rechtsextremismus in Deutschland nicht an", erklärte er. Strasser forderte unter anderem den Aufbau von Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften gegen Hasskriminalität sowie mehr Vereinsverbote.
Von "viel Symbolik" und "wenig Wirksamem" sprachen die Grünen-Politiker Konstantin von Notz und Renate Künast. Sie begrüßten, dass die Regierung endlich mehr gegen rechtsextreme Gefahren unternehmen wolle, doch bleibe Vieles in dem Maßnahmenpaket "nebulös". Die Grünen-Innenexpertin Irene Mihalic sagte der Nachrichtenagentur AFP, vor allem das "offensichtliche Analysedefizit bei der Erkennung und Erfassung rechtsextremer Strukturen" werde nicht angegangen.
Die gegen Rechtsextremismus engagierte Amadeu-Antonio-Stiftung urteilte, viele der geplanten Maßnahmen "bleiben zu vage". Besseren Schutz für Journalisten vor Anfeindungen forderte der Deutsche Journalistenverband (DJV).
Linksfraktionsvize André Hahn betonte, Rechtsextremismus lasse sich nicht alleine durch Sicherheitsbehörden bekämpfen. "Wir dürfen es nicht zulassen, dass die Rechten auf den Straßen und in den Parlamenten die Tagesordnung diktieren", erklärte er. Die anderen Parteien, "vor allem die Unionsfraktionen", dürften sich nicht "von der AfD treiben lassen".
(U.Beriyev--DTZ)