
Nach Grundrenten-Vertagung ringt die Koalition weiter um Einigung

Nach der Verschiebung des Beschlusses zur Grundrente ringt die große Koalition weiter um eine Einigung. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil forderte am Montag im ZDF CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, ihre Partei mit einem Machtwort auf eine klare Linie in der Grundrenten-Frage zu bringen. Vor allem in der Unionsfraktion ist der Widerstand gegen Zugeständnisse an die SPD weiterhin groß. Fraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) beharrte auf der umstrittenen Bedürftigkeitsprüfung.
Klingbeil beklagte widersprüchliche Äußerungen aus der CDU zur Grundrente - "Teile der Union" würden einen Kompromiss in der Koalition zur Grundrente blockieren. Vor diesem Hintergrund stelle sich die Frage, ob sich Kramp-Karrenbauer und Merkel "endlich mal in die Debatte einmischen, sich durchsetzen, mal den Kurs der Union bestimmen".
Die Union müsse ihre Position innerhalb dieser Woche abklären, damit der Koalitionsausschuss wie geplant am Sonntag über die Grundrente entscheiden kann, forderte Klingbeil.
Die Spitzen der großen Koalition hatten am Sonntag ihr eigentlich für Montagabend geplantes Treffen zur Klärung des Streits um die Grundrente verschoben. Die CDU verwies auf weiteren Klärungsbedarf. Dort gibt es Widerstand gegen den Kompromissvorschlag, den Fachpolitiker beider Seiten ausgearbeitet haben.
Im Zentrum des Streits steht die Frage, welche Voraussetzungen Rentner für die Auszahlung der Grundrente erfüllen müssen. Klingbeil bekräftigte im ZDF den Widerstand der SPD gegen eine individuelle Bedürftigkeitsprüfung. Es dürfe nicht sein, dass Menschen "massenweise Unterlagen" zu Behörden bringen und um Grundrente "betteln" müssten".
Brinkhaus (CDU) schloss eine Lösung ohne Bedürftigkeitsprüfung weiterhin aus. "Das wird mit uns nicht klappen", sagte er der "Welt" vom Montag. "Wir wollen keine Steuergelder an Menschen verteilen, die die Unterstützung gar nicht brauchen."
CSU-Chef Markus Söder machte derweil deutlich, dass eine Einigung nicht an seiner Partei scheitern müsse. Wegen der CSU hätte es die Verschiebung nicht geben müssen, sagte Söder in München. Die Vorarbeit der Koalitionsarbeitsgruppe sei "exzellent" gewesen. "Die Grundrente eigne sich auch nicht dafür, "andere Fragen damit zu koppeln".
Damit ging Söder auf Distanz zu CDU-Vertretern, die im Zuge der Grundrenten-Debatte eine Reform der Unternehmenssteuer gefordert hatten. Damit sollten jene entlastet werden, die Steuern und damit auch die Finanzierung der Rente erwirtschafteten.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) warf der GroKo wegen diesem Punkt ein "unwürdiges Geschacher" vor. Die Union nehme ohne Skrupel zwei Millionen Rentner "in Geiselhaft, um der SPD ein Absenken der sowieso schon zu niedrigen Körperschaftssteuer abzupressen", erklärte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach am Montag in Berlin.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt kritisierte CDU und SPD einem Bericht zufolge scharf. "Man kann den Eindruck haben, dass manche hier eine Sachfrage mit einer Machtfrage verbinden wollen", sagte Dobrindt nach Angaben des Redaktionsnetzwerks Deutschland (Dienstagsausgaben) auf einer Sitzung des CSU-Vorstands in München.
Scharfe Kritik kam von der FDP. "Die absurde Debatte über die Grundrente ist Sinnbild für die Handlungsunfähigkeit der Großen Koalition", sagte ihr Fraktionsvize Christian Dürr zu AFP. "Union und SPD sind seit Monaten mit sich selbst beschäftigt und verlieren dabei die demografischen Probleme völlig aus den Augen."
(A.Nikiforov--DTZ)