Deutsche Tageszeitung - Kramp-Karrenbauer: Deutschland muss "Rolle der Gestaltungsmacht" übernehmen

Kramp-Karrenbauer: Deutschland muss "Rolle der Gestaltungsmacht" übernehmen


Kramp-Karrenbauer: Deutschland muss "Rolle der Gestaltungsmacht" übernehmen
Kramp-Karrenbauer: Deutschland muss "Rolle der Gestaltungsmacht" übernehmen / Foto: ©

Angesichts zahlreicher internationaler Herausforderungen hat Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) ein stärkeres Engagement Deutschlands in der Welt gefordert. Dazu gehöre die Bereitschaft, "gemeinsam mit unseren Verbündeten und Partnern das Spektrum militärischer Mittel wenn nötig auszuschöpfen", sagte Kramp-Karrenbauer am Donnerstag in einer Grundsatzrede an der Universität der Bundeswehr in München. Viele Staaten wünschten sich "ein klares Zeichen der Solidarität" von Deutschland.

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"Ein Land unserer Größe und unserer wirtschaftlichen und technologischen Kraft, ein Land unserer geostrategischen Lage und mit unseren globalen Interessen, das kann nicht einfach nur am Rande stehen und zuschauen", sagte Kramp-Karrenbauer. Deutschland müsse den Mut haben, die "Rolle der Gestaltungsmacht anzunehmen". Dies werde "ein Gewinn für uns alle sein".

Zudem habe Deutschland eine "besondere Verpflichtung", sich für die internationale Ordnung einzusetzen und sie zu schützen. "Wir sind die Handelsnation, die von internationaler Verlässlichkeit lebt", sagte sie. Als ein Land "in der Mitte Europas" lebe Deutschland "von sicheren Grenzen und gleichzeitig kraftvollem Miteinander".

"Das gibt es nicht zum Nulltarif", betonte Kramp-Karrenbauer. Bislang hätten "andere den Großteil der dafür erforderlichen Energie aufgebracht, allen voran die USA". Dort würden derzeit aber "der Wille und vielleicht auch die Kraft" schwinden, überproportionale Beiträge zu leisten. Deshalb sei Deutschland stärker gefordert.

Für Forderung der USA nach einer Erhöhung der deutschen Verteidigungsausgaben zeigte sie sich erneut offen: Bis spätestens 2031 solle das Ziel einer Erhöhung des Verteidigungshaushalts auf zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes erreicht werden, sagte sie.

Die Ministerin griff die Idee eines Nationalen Sicherheitsrats auf. Dieser solle Instrumente von Diplomatie, Militär, Wirtschaft, Handel, Innerer Sicherheit und Entwicklungszusammenarbeit koordinieren. "So ein Nationaler Sicherheitsrat würde unsere Beiträge zur internationalen Krisenbewältigung schneller und effektiver zur Wirkung bringen", sagte sie.

Kramp-Karrenbauer würdigte zugleich die bisherigen Anstrengungen der Bundesrepublik. Deutschland leiste international bereits heute "markante Beiträge", auch bei Sicherheit und Verteidigung. "Wir brauchen uns dort nicht zu verstecken", sagte sie und verwies unter anderem auf die Beteiligung an Einsätzen in Afghanistan, im Irak und in Mali. Dabei machte sie deutlich, dass bei Auslandseinsätzen weiterhin immer ein Bundestags-Mandat erforderlich sei - allerdings regte sie eine "Vereinfachung und Beschleunigung" des Verfahrens im Bundestag an.

Zugleich zollte Kramp-Karrenbauer Verbündeten wie Frankreich Anerkennung etwa für ihren Anti-Terror-Einsatz in der Sahelregion. Viele Partner wünschten sich "Solidarität" von Deutschland, sagte sie. "Solidarität ist nie und darf nie eine Einbahnstraße sein."

Mit Blick auf Länder aus dem indo-pazifischen Raum, die sich vom Machtanspruch Chinas bedrängt fühlten, sagte Kramp-Karrenbauer, dass Deutschland ein Zeichen setzen müsse, "indem wir mit unseren Verbündeten und Freunden Präsenz in der Region zeigen".

Kramp-Karrenbauer forderte auch eine stärkere europäische Zusammenarbeit in der Verteidigung. Dies werde einer der Schwerpunkte der EU-Ratspräsidentschaft Deutschlands in der zweiten Hälfte 2020 sein.

Vor der Grundsatzrede Kramp-Karrenbauers hatte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) die Bedeutung europäischer Lösungen für internationale Krisen betont. "Wir müssen die Verantwortung, die in Zukunft auf uns zukommen wird, vor allen Dingen europäisch definieren", sagte er im ZDF.

Die Verteidigungsministerin umriss aber auch die Grenzen des deutschen Engagements. "Es wird immer Krisen geben, und wir werden nicht jede Bedrohung ausschalten, nicht jedes zerrissene Land befrieden können", sagte sie. Darüber hinaus betonte sie: "Für Abenteuer war die Sicherheitspolitik der Bundesrepublik nie zu haben, und das bleibt auch so."

(S.A.Dudajev--DTZ)

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