Deutsche Tageszeitung - SPD will Hartz IV umbauen und ein "Recht auf Arbeit"

SPD will Hartz IV umbauen und ein "Recht auf Arbeit"


SPD will Hartz IV umbauen und ein "Recht auf Arbeit"
SPD will Hartz IV umbauen und ein "Recht auf Arbeit" / Foto: ©

Die SPD will Hartz IV zu einem Bürgergeld umbauen und die umstrittenen Sanktionen entschärfen. Das beschloss der Bundesparteitag am Samstag einstimmig in Berlin. Außerdem sollen Angehörige bei den Pflegekosten entlastet und das Rentenniveau stabilisiert werden. Der Parteitag beschloss zudem prominente Umbesetzungen im Parteivorstand.

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"Wir wollen nicht, dass Menschen zu Bittstellern werden", sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer zur geplanten Hartz-IV-Reform. Es gehe darum, jedem eine "gleichberechtigte Teilhabe" zu ermöglichen.

Kontrovers debattiert wurde vor allem die Frage der Sanktionen. Der Parteitagsbeschluss hält nun als Kompromiss fest, dass Pflichten der Leistungsbezieher verbindlich bleiben. "Das sozioökonomische und soziokulturelle Existenzminimum muss jederzeit gesichert sein", heißt es jedoch weiter. Prüfungen der Vermögensverhältnisse und der Wohnraumgröße sollen in den ersten zwei Jahren des Leistungsbezugs entfallen.

Es sei falsch "jede Form von Mitwirkungspflicht für einen Anschlag auf die Menschenwürde" zu halten, sagte Heil zuvor in der Debatte. Auch seien Mitarbeiter von Jobcentern "nicht Vertreter eines Unrechtsstaats". Zahlreiche Debattenredner verwiesen jedoch auf den hohen Druck, der durch Sanktionsdrohungen für Leistungsbezieher ausgelöst werde.

Die SPD bekennt sich in ihrem Beschluss auch zu einem "Recht auf Arbeit" und einem Anspruch auf Weiterbildung in Form einer "Qualifizierungsgarantie". Arbeitslose sollen bis zu zwei Jahre einen Anspruch auf Qualifizierungs-Arbeitslosengeld erhalten, die Gesamtdauer des Bezugs von Arbeitslosengeld I soll sich dadurch auf bis zu drei Jahre verlängern. Für Leiharbeiter soll ein "Flexibilitätszuschlag" von 20 Prozent angestrebt werden.

Im Rahmen eines "Sozialpakts für bezahlbares Wohnen" sollen das Mietrecht weiter reformiert und pro Jahr 1,5 Millionen Wohnungen neu gebaut werden. Gefordert wird auch die langfristige Stabilisierung des Rentenniveaus.

Bei der Pflege will die SPD den Eigenanteil der Pflegebedürftigen sowie ihrer Angehörigen deckeln. Die Pflegeversicherung soll zu einer Vollversicherung ausgebaut, die Begrenzung der Leistungshöhe also aufgehoben werden. Finanzieren will die SPD dies unter anderem durch den Umbau zu einer Bürgerversicherung, die auch bisherige Privatversicherte einbezieht.

Anschließend diskutierte der Parteitag über das Konzept einer Kindergrundsicherung, in der bisherige Familienleistungen zusammengefasst werden sollen. Für jedes Kind soll monatlich ein Grundbetrag von 250 Euro gezahlt werden, für Familien mit geringem Einkommen sind Zuschläge gestaffelt nach Alter der Kinder geplant. Zum Konzept gehören auch flächendeckend beitragsfreie Kitas und Ganztagsangebote für Schüler sowie kostenloser Nahverkehr für Kinder und Jugendliche.

Es gehe darum, "dass jedes Kind gleich viel wert ist", sagte Bundesfamilienministerin Franziska Giffey. Kinder dürften nicht "als kleine Langzeitarbeitslose" gesehen werden, sagte sie mit Blick auf Hartz-IV-Familien.

Der Parteitag wählte am Freitag zudem die Beisitzer des neuen, verkleinerten Parteivorstands. Bundesaußenminister Heiko Maas erhielt dabei erst im zweiten Wahlgang genügend Stimmen. Der bisherige Parteivize Ralf Stegner und Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller traten nach ihrem Scheitern im ersten Wahlgang nicht mehr an.

Mitglieder des neuen Parteivorstands sind unter anderem Familienministerin Franziska Giffey, Umweltministerin Svenja Schulze, Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius und Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke. Das Präsidium um die neuen Parteivorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans war bereits am Freitag gewählt worden.

(V.Korablyov--DTZ)

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