
Konflikt zwischen Iran und den USA spitzt sich im Irak zu

Der seit langem schwelende Konflikt zwischen den USA und dem Iran hat sich im Krisenland Irak dramatisch zugespitzt: Nach US-Luftangriffen auf pro-iranische Milizen im Irak stürmten am Dienstag tausende Demonstranten das normalerweise massiv gesicherte US-Botschaftsgelände in Bagdad. Am Mittwoch setzten sie ihren Angriff zunächst fort, zogen dann aber ab. Die USA machten den Iran verantwortlich, drohten mit Vergeltungsmaßnahmen und schickten hunderte zusätzliche Soldaten in die Region. Teheran warf Washington "Kriegstreiberei" vor.
Die pro-iranischen Demonstranten in Bagdad hatten am Dienstag zunächst an einem Trauerzug für die Getöteten der US-Luftangriffe vom vergangenen Sonntag teilgenommen. Anschließend gelang es ihnen, ungehindert alle Kontrollposten zur streng gesicherten Grünen Zone, in der sich die US-Botschaft befindet, zu passieren und erstmals seit Jahren zu der US-Vertretung vorzudringen. Sie riefen "Tod Amerika", tausende teils uniformierte Kämpfer und Anhänger der pro-iranischen Hasched-al-Schaabi-Miliz durchbrachen schließlich die Außenwand des Botschaftsgeländes.
US-Sicherheitskräfte auf dem Gelände feuerten zunächst Schüsse ab, dann Tränengas und Blendgranaten. Nach Angaben der Hasched-al-Schaabi-Miliz wurden dutzende Menschen verletzt.
Am Mittwoch setzten die Demonstranten ihren Sturm auf das Gelände zunächst fort. US-Sicherheitskräfte reagierten mit Tränengas-Salven. Medienberichten zufolge gab es erneut Verletzte. Hunderte Demonstranten errichteten eine Sitzblockade vor der Botschaft und kündigten an, so lange zu bleiben, bis die US-Truppen das Land verließen.
Hintergrund der Eskalation sind die US-Luftangriffe auf die pro-iranischen Hisbollah-Brigaden, bei denen am Sonntag 25 Kämpfer getötet worden waren. Die Hisbollah-Brigaden sind Teil der pro-iranischen, überwiegend schiitischen Hasched-al-Schaabi-Milizen. Mit ihren Luftangriffen reagierte die US-Armee auf den Tod eines US-Zivilisten bei einem Raketenangriff auf einen US-Militärstützpunkt im Irak.
Die Hasched-al-Schaabi-Miliz forderte die Demonstranten vor der US-Botschaft am Mittwoch schließlich auf, sich zurückzuziehen. Die Sitzblockade solle außerhalb der Grünen Zone fortgesetzt werden. Nachdem die Hisbollah-Brigaden zunächst ankündigten, ihre Anhänger würden vor der Botschaft bleiben, zogen später alle Demonstranten ab.
US-Präsident Donald Trump hatte am Dienstag den Iran für den Angriff auf das Botschaftsgelände in Bagdad verantwortlich gemacht und mit Vergeltungsmaßnahmen gedroht. Dennoch gab er an, nicht mit einem Krieg mit dem Iran zu rechnen.
Die USA kündigten allerdings die Entsendung von rund 750 zusätzlichen Soldaten in die Golfregion an. Verteidigungsminister Mark Esper sprach von einer "Vorsichtsmaßnahme" zum Schutz von US-Personal und -Einrichtungen.
Irans geistliches Oberhaupt Ayatollah Ali Chamenei verurteilte die US-Luftangriffe am Mittwoch scharf. An die Adresse Trumps gerichtet twitterte er, dieser könne "gar nichts machen". Überdies führten die "US-Verbrechen im Irak und Afghanistan dazu, dass Nationen euch hassen".
Später bestellte Teheran einen Vertreter der Schweizer Botschaft ein, welche die US-Interessen im Iran vertritt. Der Iran protestiere "entschieden gegen kriegstreiberische Äußerungen amerikanischer Beamter", hieß es.
Das Auswärtige Amt in Berlin erklärte am Mittwoch, die Ereignisse von Bagdad würden "auch mit Blick auf die Lage in der Region" Anlass zur Sorge geben. Die Übergriffe auf die Botschaft seien "durch nichts zu rechtfertigen". Zugleich mahnte die Bundesregierung, es müsse "alles unterlassen" werden, "was die Stabilität und Sicherheit des Irak gefährdet".
Die Beziehungen zwischen den USA und dem Iran haben sich seit Trumps Ausstieg aus dem Atomabkommen mit Teheran 2018 massiv verschlechtert. Die USA haben auch ihre Sanktionen gegen den Iran deutlich verschärft. Seither kam es mehrfach zu gefährlichen Eskalationen zwischen beiden Seiten. Bagdad unterhält enge Verbindungen sowohl zu Teheran als auch zu Washington.
Die Lage im Irak ist äußerst instabil; seit Anfang Oktober wird das Land angesichts einer schweren sozialen Krise von einer beispiellosen Protestwelle erschüttert. Der Iran hat großen Einfluss im Irak und versucht auch, die Bildung einer neuen Regierung zu steuern.
(P.Tomczyk--DTZ)