Deutsche Tageszeitung - Ankara droht wegen Eskalation in Syrien mit Grenzöffnung zur EU für Flüchtlinge

Ankara droht wegen Eskalation in Syrien mit Grenzöffnung zur EU für Flüchtlinge


Ankara droht wegen Eskalation in Syrien mit Grenzöffnung zur EU für Flüchtlinge
Ankara droht wegen Eskalation in Syrien mit Grenzöffnung zur EU für Flüchtlinge / Foto: ©

Drohungen der Türkei mit der Öffnung ihrer Grenzen für Flüchtlinge haben am Freitag für Unruhe in der EU gesorgt. Griechenland und Bulgarien verstärkten die Sicherheit an ihren Grenzen. Brüssel forderte Ankara auf, die Verpflichtungen aus dem EU-Türkei-Flüchtlingspakt einzuhalten, was die Türkei nach Angaben des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell zusagte. Ankara forderte mehr Unterstützung von der Nato, nachdem 33 türkische Soldaten bei Luftangriffen in Syrien getötet worden waren.

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Die Türkei werde ihre Grenzen für Flüchtlinge, "die nach Europa wollen", nicht länger schließen, sagte ein ranghoher türkischer Regierungsvertreter am Freitag der Nachrichtenagentur AFP. Am Abend teilte Borrell nach einem Telefonat mit dem türkischen Außenminister Mevlüt Cavusoglu im Online-Dienst Twitter mit, die EU habe von der Türkei eine "Zusicherung" erhalten, dass Ankara sich an seinen Teil des Flüchtlingspakts zwischen der EU und der Türkei halten wird.

Nach ersten Berichten über die bevorstehende Grenzöffnung zur EU machten sich laut türkischen Nachrichtenagenturen bereits hunderte Flüchtlinge auf den Weg in Richtung der EU-Grenzen. Nach griechischen Polizeiangaben hielten Grenzschützer im Nordosten Griechenlands hunderte Migranten vom Übertreten der türkisch-griechischen Grenze ab.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verurteilte die "rücksichtslosen" Angriffe auf türkische Truppen im syrischen Idlib. In einem Telefonat mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan forderte sie zudem "ein Ende der Offensivoperationen des syrischen Regimes und seiner Unterstützer", wie Regierungssprecher Steffen Seibert mitteilte.

Der militärische Konflikt zwischen der Türkei und den syrischen Regierungstruppen war am Donnerstag eskaliert. Bei syrischen Luftangriffen auf türkische Stellungen in Idlib wurden 33 türkische Soldaten getötet. Die Türkei reagierte mit Vergeltungsangriffen, bei denen am Freitag nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte 20 syrische Soldaten getötet wurden.

Die Nato sicherte der Türkei ihre Solidarität im Syrien-Konflikt zu, stellte aber keine zusätzlichen Unterstützungsleistungen in Aussicht. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg verurteilte bei einem Dringlichkeitstreffen in Brüssel die "rücksichtslosen Luftangriffe" auf die türkischen Soldaten. Er verwies auch auf die bestehenden Maßnahmen der Allianz zur Unterstützung der türkischen Armee, etwa bei der Luftraumüberwachung. Die Nato-Partner prüften "permanent", "was sie noch tun können, um die Türkei darüber hinaus zu unterstützen".

Die Eskalation belastet auch die angespannten Beziehungen zwischen Ankara und Moskau, dem engsten Verbündeten der syrischen Regierung. Nach Kreml-Angaben stimmten Russlands Staatschef Wladimir Putin und der türkische Präsident Erdogan in einem Telefonat am Freitag zwar überein, dass "zusätzliche Maßnahmen" nötig seien, um den in einem Abkommen von 2018 beschlossenen Waffenstillstand in Idlib zu verwirklichen.

Zugleich warf Moskau der Türkei indirekt vor, ihren Verpflichtungen aus dem Abkommen nicht nachzukommen. Die syrische Armee habe jedes Recht, auf Verstöße gegen die Waffenstillstandsvereinbarung zu reagieren, sagte Russlands Außenminister Sergej Lawrow. Nach Angaben aus dem Kreml treffen sich Putin und Erdogan möglicherweise nächste Woche.

Russland schickte am Freitag zwei mit Marschflugkörpern ausgestattete Kriegsschiffe durch den Bosporus. Führende russische und US-Generäle berieten nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums telefonisch über den Konflikt in Syrien. US-Präsident Donald Trump telefonierte am Freitag mit Erdogan. Dabei wurden nach türkischen Angaben Maßnahmen beschlossen, um "eine große humanitäre Tragödie" zu verhindern. Der UN-Sicherheitsrat wollte am Abend über die Lage in Idlib berate.

Nach UN-Angaben wurden in den vergangenen Wochen 950.000 Menschen aus Idlib vertrieben, darunter eine halbe Million Kinder. Viele von ihnen leben unter katastrophalen Bedingungen in der Grenzregion zur Türkei.

Im Nordwesten Syriens geht die syrische Armee seit Dezember mit militärischer Unterstützung Russlands verstärkt gegen islamistische und dschihadistische Milizen vor. Der syrische Machthaber Baschar al-Assad will die letzte Milizen-Hochburg im Land wieder unter seine Kontrolle bringen. Ein Teil der Assad-Gegner in Idlib wird von der Türkei unterstützt.

(S.A.Dudajev--DTZ)

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