Deutsche Tageszeitung - EU will in Corona-Krise "maximale Flexibilität" bei Staatsdefiziten zeigen

EU will in Corona-Krise "maximale Flexibilität" bei Staatsdefiziten zeigen


EU will in Corona-Krise "maximale Flexibilität" bei Staatsdefiziten zeigen
EU will in Corona-Krise "maximale Flexibilität" bei Staatsdefiziten zeigen / Foto: ©

Im Kampf gegen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise will die EU-Kommission betroffenen Mitgliedstaaten wie Italien weit entgegenkommen. Ihre Behörde werde "maximale Flexibilität" zeigen, damit Regierungen ihre Ausgaben erhöhen und Staatsbeihilfen zur Verfügung stellen könnten, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Freitag. Sie erhöhte zudem die Summe für eine geplante Investitionsinitiative auf 37 Milliarden Euro. Es handelt sich allerdings nicht um neue Gelder.

Textgröße ändern:

Die Coronavirus-Pandemie sei "ein großer Schock für unsere Volkswirtschaften", sagte von der Leyen. Ziel sei es "sicherzustellen, dass er so kurz und so begrenzt wie möglich ist". Die Kommission ermuntere deshalb die Mitgliedstaaten, "alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die am stärksten betroffenen Branchen zu unterstützen".

Das ohnehin hoch verschuldete Italien ist derzeit das von der Coronavirus-Pandemie am stärksten betroffene Land in der EU. Durch strikte Reise- und Versammlungsverbote der Regierung ist das Wirtschaftsleben dort praktisch zum Erliegen gekommen. Rom hat ein 25 Milliarden Euro schweres Programm angekündigt, um die Folgen abzumildern, was seine Verschuldung weiter erhöhen würde.

"Wir sind absolut bereit, Italien mit allem zu helfen, das nötig ist", sagte von der Leyen. "Das ist von höchster Wichtigkeit." Beim Haushaltsdefizit will sich die Kommission vorerst im Rahmen bestehender Regeln bewegen. "Wir setzen den Stabilitäts- und Wachstumspakt nicht aus", sagte Vize-Präsident Valdis Dombrovskis. "Wir nutzen die Flexibilität innerhalb des Stabilitäts und Wachstumspaktes."

Nach den Regeln des Stabilitätspaktes dürfen die EU-Staaten keine Neuverschuldung von mehr als drei Prozent der Wirtschaftsleistungen zulassen. Ansonsten kann Brüssel ein Defizitverfahren einleiten und Strafen verhängen. Bei außergewöhnlichen Umständen wie Naturkatastrophen sind innerhalb des Pakts aber Ausnahmen möglich.

Dies will die Kommission nun nutzen. Sie betont aber gleichzeitig, sie sei bereit weiter zugehen, "um eine allgemeinere Unterstützung der Haushaltspolitik zu ermöglichen", wenn es zu einem "schweren Wirtschaftsabschwung komme". Dann könnten Haushaltsvorgaben "insgesamt ausgesetzt" werden. Nötig ist dazu die Zustimmung der Mitgliedstaaten.

Auch bei Staatsbeihilfen gibt es Ausnahmen für außergewöhnliche Umstände. Sie sind normalerweise verboten, wenn sie ein Unternehmen gegenüber seinen Konkurrenten besser stellen und damit den Wettbewerb verzerren.

"Die Mitgliedstaaten können im Einklang mit den bestehenden EU-Vorschriften umfangreiche Unterstützungsmaßnahmen entwickeln", erklärte die Behörde zu Staatsbeihilfen. Am Donnerstag hatte die Kommission bereits der Bitte Dänemarks stattgegeben, Organisatoren großer Veranstaltungen, die wegen der Epidemie abgesagt wurden, zu entschädigen.

Von der Leyen bekräftigte, die Kommission wolle eine milliardenschwere Corona-Investitionsinitiative auflegen. Sie soll nun ein Volumen von 37 Milliarden Euro haben und Gesundheitssysteme, kleine und mittlere Firmen sowie Arbeitsmarktmaßnahmen unterstützen.

Die Kommission hat bereits klar gemacht, dass es sich nicht um neue Gelder handelt, sondern um vorhandene Mittel aus EU-Strukturfonds, die den Mitgliedstaaten bereits zustehen, aber wegen nötiger eigener Zuschüsse nicht abgerufen werden können.

Darüber hinaus will von der Leyen für 100.000 kleine und mittlere Unternehmen mit Liquiditätsproblemen Garantien für Kredite von acht Milliarden Euro bereit stellen. Dies soll über den EU-Investitionsfonds erfolgen.

(U.Beriyev--DTZ)

Empfohlen

SPD kritisiert Merz' Überlegungen zu Einsparungen im Sozialbereich

Aus der SPD kommt Kritik an den Ankündigungen von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) zu einer Überprüfung der Fördermittel im Sozial- und Kommunalbereich. Es sei "schwer erträglich", wie Merz versuche, Menschen mit Behinderung und Kinder und Jugendliche in schwierigen Lebenslagen "gegeneinander und gegen die Allgemeinheit auszuspielen", sagte Fraktionsvize Dagmar Schmidt dem "Stern" vom Donnerstag. Sie bezog sich damit auf Merz' Äußerungen beim Städte- und Gemeindebund.

Antrittsbesuch: Merz setzt in Washington auf persönlichen Draht zu Trump

Die Zukunft der Nato, der Ukraine-Krieg, der Zollstreit - dies sind die Top-Themen beim Antrittsbesuch von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) bei US-Präsident Donald Trump in Washington. Merz traf in der Nacht zum Donnerstag in der US-Hauptstadt ein und sollte später im Weißen Haus empfangen werden. Angesichts der Spannungen im Verhältnis zu den USA seit dem Amtsantritt Trumps wird besonders aufmerksam verfolgt, ob Merz und Trump einen guten persönlichen Draht zueinander finden.

Wehrbeauftragter Otte legt Eid im Bundestag ab - Debatte über Wehrpflicht erwartet

Der neue Wehrbeauftragte des Bundestags, Henning Otte (CDU), ist im Parlament vereidigt worden. Der 56-Jährige legte am Donnerstag im Plenum seine Eidesleistung vor Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) ab. Gewählt worden war Otte bereits Ende Mai vom Bundestag. Er trat die Nachfolge der SPD-Politikerin Eva Högl an, deren Amtszeit am 25. Mai turnusmäßig endete.

Pistorius beziffert Zusatzbedarf der Bundeswehr auf "rund 50.000 bis 60.000" Soldaten

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat den zusätzlichen Bedarf der Bundeswehr an Streitkräften auf bis zu 60.0000 Soldaten beziffert. "Wir gehen davon aus, das ist aber auch nur eine Daumengröße, um es klar zu sagen, dass wir rund 50.000 bis 60.000 Soldatinnen und Soldaten in den stehenden Streitkräften mehr brauchen als heute", sagte Pistorius am Donnerstag am Rande eines Treffens der Nato-Verteidigungsminister in Brüssel. Bei dem Treffen steht die Erhöhung der Verteidigungsausgaben europäischer Mitgliedsstaaten im Fokus.

Textgröße ändern: