Chemie-Nobelpreis für Protein-Code-Knacker aus den USA und Großbritannien
Für die Entschlüsselung von Protein-Strukturen werden die Wissenschaftler David Baker und John Jumper aus den USA sowie der Brite Demis Hassabis mit dem diesjährigen Chemie-Nobelpreis geehrt. Baker erhält den Preis für "computergestütztes Proteindesign", Hassabis und Jumper für die Voraussage von Protein-Strukturen mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI), wie das Nobel-Komitee am Mittwoch in Stockholm verkündete.
David Baker habe die "nahezu unmögliche Leistung vollbracht, völlig neue Arten von Proteinen zu bauen", erklärte das Nobel-Komitee. Seine Arbeit habe zur Erschaffung von Proteinen geführt, die als Medikamente, Impfstoffe, Nano-Materialien oder winzige Sensoren eingesetzt werden können.
Der Biochemiker teilt sich den Nobelpreis mit Jumper und Hassabis, die das KI-Unternehmen Google DeepMind in London leiten. Sie entwarfen das KI-Modell AlphaFold2, mit dem laut Nobel-Komitee "ein 50 Jahre altes Problem gelöst werden konnte", nämlich die komplexen dreidimensionalen Strukturen von Proteinen vorherzusagen.
Seit dessen Vorstellung im Jahr 2020 wurde das Modell laut Nobel-Komitee von mehr als zwei Millionen Menschen in aller Welt genutzt, mit seiner Hilfe seien die Strukturen fast aller von Forschern identifizierten mehr als 200 Millionen Proteine vorhergesagt worden. Neben zahlreichen wissenschaftlichen Anwendungen könnten Forscher mithilfe des Modells beispielsweise Antibiotika-Resistenzen besser verstehen und Bilder von Enzymen erschaffen, die Plastik verdauen.
Die Entdeckungen der drei Wissenschaftler hätten "enormes Potenzial", betonte das Nobel-Komitee: "Das Leben könnte ohne Proteine nicht existieren. Dass wir nun Proteinstrukturen voraussagen und unsere eigenen Proteine erschaffen können, ist für die Menschheit von größtem Nutzen."
Baker, den der Anruf des Nobel-Komitees aus dem Schlaf gerissen hatte, sprach von einem "außergewöhnlichen, ganz besonderen Tag" für ihn. Er sei begeistert von "all den Möglichkeiten, mit Hilfe von Protein-Design die Welt zu verbessern", etwa in den Bereichen Medizin, Technologie und Nachhaltigkeit. Google DeepMind sprach von einem "riesigen Erfolg für KI, für computergestützte Biologie und die Wissenschaft insgesamt".
Nach der Verkündung der Preisträger in den Bereichen Medizin, Physik und Chemie wird am Donnerstag der Literatur-Nobelpreis verkündet. Am Freitag folgt die Bekanntgabe des Friedensnobelpreises. Den Abschluss macht am kommenden Montag die Verkündung der Auszeichnung für Wirtschaftswissenschaften. Der Nobelpreis ist mit elf Millionen schwedischen Kronen (knapp 968.000 Euro) dotiert. Die Verleihung findet am 10. Dezember in Stockholm statt, dem Todestag des 1896 gestorbenen Erfinders Alfred Nobel.
(Y.Leyard--DTZ)