Deutsche Tageszeitung - Klimaschützer und Wirtschaftsexperten fordern sozial verträglichen Emissionshandel

Klimaschützer und Wirtschaftsexperten fordern sozial verträglichen Emissionshandel


Klimaschützer und Wirtschaftsexperten fordern sozial verträglichen Emissionshandel
Klimaschützer und Wirtschaftsexperten fordern sozial verträglichen Emissionshandel / Foto: © AFP/Archiv

Sowohl Klimaschützer als auch Wirtschaftsexperten begrüßen die Ausweitung des europäischen Emissionshandels ab 2027 grundsätzlich, mahnen jedoch soziale Ausgleiche an. Die Klima-Allianz sprach sich mit Blick auf eine Studie für ein Gesamtpaket aus nationalem CO2-Mindestpreis, Klimageld und einem gezielten Förderprogrammen für Menschen mit geringem Einkommen aus. Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) fordert bereits mit Blick auf den aktuellen CO2-Preis statt der Zahlung eines Klimageldes sinkende Strompreise als Entlastung.

Textgröße ändern:

"Die Ausweitung des europäischen Emissionshandels ist ein Meilenstein für die europäische Klimapolitik", erklärte Stefanie Langkamp, politische Geschäftsleiterin bei der Klima-Allianz am Dienstag. Gleichzeitig sei es wichtig, sozial verträgliche Voraussetzungen zu schaffen, damit "auch die alleinerziehende Pflegekraft in einer Mietwohnung in Zukunft klimafreundlich und günstig heizen" könne. Anders sei die Akzeptanz der Bevölkerung gefährdet.

Ab 2027 soll der europäische Emissionshandel (ETS2) den derzeit geltenden nationalen CO2-Preis in den Bereichen Verkehr und Gebäude ablösen. Einer der Hauptunterschiede: Der Preis pro Tonne CO2 wird dann nicht mehr wie aktuell vorher festgelegt, sondern bildet sich am Markt.

Weil sich die ausgegebenen Zertifikate an den Klimazielen der EU orientieren und daher stark begrenzt sein dürften, erwarten die Mitgliedsverbände der Klima-Allianz ab 2027 deutlich steigende CO2-Preise. Die Unternehmen wiederum geben diese höheren Kosten an Verbraucherinnen und Verbraucher weiter.

Die Bundesregierung hatte im Koalitionsvertrag als Ausgleich die Zahlung eines pauschalen Klimageldes an alle Bürger vereinbart. Die Umsetzung lässt bislang aber auf sich warten. Die Studie, die das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) und das Öko-Institut im Auftrag der Klima-Allianz erstellt haben, bewertet die Maßnahme positive, aber nicht als ausreichend.

Das Klimageld federe nur entstehende Mehrkosten ab, für die Transformation im Gebäude- und Verkehrssektor etwa seien weitere Förderungen nötig, erklärte Maria Loheide von der Diakonie Deutschland. "Wirksam wären zum Beispiel ein deutschlandweites Sozialticket, der Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs im ländlichen Raum und gezielte Sanierungsförderung für einkommensschwache Haushalte."

Um einen Preisschock 2027 zu vermeiden, empfiehlt die Studie zudem die Anhebung des nationalen CO2-Preises bereits vor der Einführung des ETS2. Zudem sollte die Bundesregierung sich auf einen nationalen Mindestpreis pro Tonne CO2 festlegen. Unternehmen und private Haushalte könnten dann besser planen. Wie hoch der Mindestpreis sein könnte, habe die Studie nicht untersucht.

Derzeit müssen Gasversorger und Kraftstoffhändler 45 Euro pro Tonne CO2 zahlen, 2025 steigt der CO2-Preis auf 50 Euro und bis 2026 nochmals auf bis zu 65 Euro an. Der ab 2027 geltende Preis dürfte deutlich darüber liegen.

Das RWI in Essen plädiert dafür, das Klimageld nicht einzuführen, sondern die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung "durch eine jederzeit mögliche schrittweise Senkung des Strompreises an die Bevölkerung zurückzugeben". Dazu könnten die Netzentgelte reduziert und von Verbraucherinnen und Verbrauchern gezahlte Umlagen abgeschafft werden, erklärten die Experten.

Ein durchschnittlicher Vier-Personen-Haushalt mit einem Stromverbrauch von etwa 4250 Kilowattstunden pro Jahr könnte durch die Absenkung der Netzentgelte und Umlagen demnach jährlich um etwa 400 Euro entlastet werden. Zudem deute eine Umfrage unter 4500 Befragten daraufhin, dass die Einführung des Klimageldes "keine breite Mehrheit in der Bevölkerung hat", erläuterten die RWI-Forschenden.

(V.Korablyov--DTZ)

Empfohlen

Französisches Endlager kommt Umsetzung näher - Sicherheitsfragen bleiben

Das in Frankreich geplante Endlager für radioaktiven Atommüll ist seiner Umsetzung einen Schritt näher gekommen. Die französische Atomaufsicht beurteilte die Sicherheitsvorkehrungen für das unterirdische Lager im lothringischen Bure nahe der deutschen Grenze in einem am Donnerstag vorgestellten Bericht als "zufriedenstellend". Sie verwies aber zugleich auf zahlreiche Risiken, die weiter geprüft werden müssten. "Es ist eine wichtige Etappe, aber noch nicht das Ende der Geschichte", sagte der Vize-Generladirektor der Atomaufsicht (ASN), Pierre Bois, der Nachrichtenagentur AFP.

"Grüner Betrug": Trump lockert Emissionsregeln für Autos

US-Präsident Donald Trump hat gelockerte Emissionsregeln für Autohersteller angekündigt. Trump sagte am Mittwoch im Weißen Haus, er mache Auflagen seines Vorgängers Joe Biden rückgängig. Dadurch würden Autos erschwinglicher und Arbeitsplätze in der US-Autoindustrie geschützt, sagte Trump im Beisein von Managern der Konzerne Ford, General Motors und Stellantis.

EU-Kommission stellt Pläne für Beschaffung Seltener Erden vor

Die EU-Kommission stellt am Mittwoch ihre Pläne für eine zuverlässigere Beschaffung Seltener Erden für die europäische Industrie vor. EU-Industriekommissar Stéphane Séjourné will die EU damit unabhängiger von China machen, das einen Großteil der weltweiten Produkten und Verarbeitung Seltener Erden kontrolliert. Er hatte Peking in der vergangenen Woche "Erpressung" in diesem Zusammenhang vorgeworfen.

Autos gerammt und in Höfen verschanzt: Wildschweinrotte raste durch Ortschaft

Eine Wildschweinrotte hat die Bewohner einer Ortschaft in Rheinland-Pfalz in Angst und Schrecken versetzt. Die rund zehn Tiere hatten sich offenbar verlaufen und rannten am Montagnachmittag aggressiv durch die Gemeinde, wie die Polizei am Abend in Landau mitteilte. Dabei streiften die Schweine parkende Fahrzeuge, einige Tiere "verschanzten sich in Privathöfen", wie es hieß.

Textgröße ändern: