Deutsche Tageszeitung - Wirtschaftsforscher senken Konjunkturerwartungen für 2021 deutlich

Wirtschaftsforscher senken Konjunkturerwartungen für 2021 deutlich


Wirtschaftsforscher senken Konjunkturerwartungen für 2021 deutlich
Wirtschaftsforscher senken Konjunkturerwartungen für 2021 deutlich / Foto: ©

Die Erwartungen führender Ökonomen an die wirtschaftliche Entwicklung haben sich durch die zweite Corona-Welle und den anhaltenden Lockdown verschlechtert. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) senkte seine Prognose für das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in diesem Jahr von 5,2 auf nur noch 3,5 Prozent. Die Hans-Böckler-Stiftung hält dagegen ein Wachstum "um spürbar über vier Prozent" für möglich.

Textgröße ändern:

Das DIW erwartet im ersten Jahresquartal einen wirtschaftlichen Einbruch um über zwei Prozent. Ein Neustart im zweiten Quartal werde nur gelingen, wenn die Infektionswelle bis Februar abebbe und die Einschränkungen dann größtenteils aufgehoben werden könnten, sagte DIW-Präsident Marcel Fratzscher dem "Handelsblatt" vom Dienstag. "Wenn dies nicht gelingt, dann könnte die Wirtschaft in Deutschland noch länger leiden und die Gefahr von Unternehmensinsolvenzen und Arbeitslosigkeit deutlich zunehmen."

Die ursprüngliche DIW-Prognose war deutlich optimistischer gewesen als jene des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Dieser hatte im November - also noch vor dem derzeitigen harten Lockdown - ein BIP-Wachstum um 3,7 Prozent für 2021 vorhergesagt. Der Vorsitzende der Wirtschaftsweisen, Lars Feld, nannte diese Prognose inzwischen "nicht mehr haltbar".

Die geplante Lockdown-Verlängerung werde die wirtschaftliche Erholung verzögern, warnte auch der Präsident des Ifo-Instituts, Clemens Fuest, im "Handelsblatt". Eine längere Schließung großer Teile des Einzelhandels werde sich "irgendwann auch auf die Nachfrage nach Industriegütern auswirken" und könnte so die industrielle Erholung ausbremsen.

Solange sich Industrieproduktion und Baugewerbe noch positiv entwickelten, sei der Wirtschaftseinbruch deutlich milder als im Frühjahr 2020, sagte IfW-Präsident Gabriel Felbermayr der Zeitung. Allerdings sei für Februar bestenfalls "mit teilweisen Lockerungen" des Lockdowns zu rechnen. Laut Felbermayr rechnet sein Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) für 2021 insgesamt mit wirtschaftlichem Wachstum - allerdings "bei weiterhin enormer Unsicherheit".

Die Hans-Böckler-Stiftung mahnte am Dienstag verstärkte Investitionen zur Überwindung der Corona-Krise an. Andernfalls laufe Deutschland Gefahr, "die Erholung abzuwürgen", erklärte das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Stiftung. Die bereits erhöhte Staatsverschuldung sei "kein Hindernis" für kreditfinanzierte Investitionen in Digitalisierung, Forschung und Klimaschutz.

Bankenpräsident Hans-Walter Peters warnte insbesondere vor einem Anstieg der Unternehmenspleiten 2021. Die Zahl der Insolvenzen werde im Vorjahresvergleich voraussichtlich "um einige tausend steigen", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Der Lockdown über Weihnachten sei gerade für den Einzelhandel "der schlimmste annehmbare Fall gewesen" und werde "deutliche Spuren" hinterlassen: "Das wird Folgen für die Innenstädte haben", betonte der Präsident des Bundesverbands deutscher Banken (BdB). Auch in Gastronomie und Tourismus "werden wir sicherlich deutliche Probleme sehen".

(W.Budayev--DTZ)

Empfohlen

Französischer EPR-Atomreaktor Flamanville erreicht erstmals volle Kapazität

Der vor rund einem Jahr ans Netz gegangene moderne EPR-Atomreaktor im nordwestfranzösischen Flamanville hat am Sonntag erstmals seine volle Kapazität erreicht. "Der 14. Dezember 2025 markiert einen wichtigen Meilenstein: Der Reaktor von Flamanville 3 erreichte um 11.37 Uhr 100 Prozent seiner Nuklearleistung und erzeugte 1669 MW Bruttostromleistung", hieß es in einer Erklärung des Stromkonzerns und Reaktorbetreibers EDF am Sonntag.

Trump räumt mögliche Niederlage der Republikaner bei Zwischenwahlen 2026 ein

US-Präsident Donald Trump hat eine mögliche Niederlage seiner regierenden Republikaner bei den Zwischenwahlen im kommenden Jahr eingeräumt. Er habe als Präsident zwar für "die beste Wirtschaft der Geschichte" gesorgt, sagte Trump in einem am Samstag (Ortszeit) veröffentlichten Interview mit dem "Wall Street Journal" mit Blick auf die Wachstumszahlen. "Aber es könnte sein, dass die Menschen eine Weile brauchen, um das zu verstehen", fügte er hinzu.

Verdi-Umfrage: Jobcenter-Beschäftigte klagen über zu hohe Belastung

Viele Beschäftigte in Deutschlands Jobcentern erleben ihre Arbeitssituation als äußerst angespannt. Das zeigt eine Umfrage der Gewerkschaft Verdi, aus der die Zeitungen der Funke Mediengruppe am Sonntag zitierten. Danach gaben 70 Prozent der befragten Beschäftigten an, bereits gesundheitliche Auswirkungen zu spüren, knapp 41 Prozent berichten von häufiger Erschöpfung und hohem Stress. Nahezu jeder Zehnte (9,9 Prozent) war deswegen bereits krankgeschrieben.

Bahn kauft mehr als 3000 neue Busse - auch bei chinesischem Hersteller

Die Deutsche Bahn plant die größte Anschaffung von Bussen in ihrer Unternehmensgeschichte. Das Unternehmen will nach eigenen Angaben rund 3300 Busse mit Hybrid- oder Elektroantrieb anschaffen, die für die Regionalverkehrstochter DB Regio in ganz Deutschland eingesetzt werden sollen. Der Hauptpartner soll dabei das Münchner Unternehmen MAN Truck & Bus werden. Etwa fünf Prozent der Neuanschaffungen sollen vom chinesischen Hersteller BYD aus seiner Produktion in Ungarn kommen, wie die Bahn am Samstag mitteilte.

Textgröße ändern: