Deutsche Tageszeitung - Rekordzahl von führenden Unternehmen in Deutschland korrigiert Prognosen nach oben

Rekordzahl von führenden Unternehmen in Deutschland korrigiert Prognosen nach oben


Rekordzahl von führenden Unternehmen in Deutschland korrigiert Prognosen nach oben
Rekordzahl von führenden Unternehmen in Deutschland korrigiert Prognosen nach oben / Foto: ©

Corona-Einschränkungen werden schrittweise gelockert, die Nachfrage steigt - genau wie die Stimmung in führenden deutschen Unternehmen: Seit Anfang des Jahres korrigierten 234 der insgesamt 309 im sogenannten Prime Standard gelisteten Börsenunternehmen ihre Gewinn- oder Umsatzerwartungen nach oben, wie die Unternehmensberatung EY am Mittwoch erklärte. Allerdings warnten die Experten angesichts störungsanfälliger Lieferketten, Rohstoffengpässen und der unklaren Entwicklung der Pandemie auch vor übertriebenem Optimismus.

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Die Zahl der Positivkorrekturen im laufenden Jahr ist ein Rekord: Schon in den ersten acht Monaten waren es mehr als in jedem Gesamtjahr seit Beginn der Erhebung 2011. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stieg die Zahl dieser Meldungen um 179 Prozent, die Zahl der Umsatz- und Gewinnwarnungen, also der Negativkorrekturen, sank gleichzeitig um 83 Prozent ab.

Nachdem im Jahr 2020 Unternehmensgewinne teils dramatisch eingebrochen waren, sei nun eine gegenteilige Entwicklung zu beobachten, erklärte EY-Experte Milan Knarse. "Die Wirtschaft erholt sich viel schneller als erwartet, einige Unternehmen haben gerade Rekordgewinne gemeldet."

Besonders viele Positivkorrekturen gab es demnach in der Chemiebranche und bei Energieversorgern: 85 Prozent der analysierten Chemieunternehmen und acht von zehn Energieversorgern korrigierten im ersten Halbjahr ihre Prognose nach oben. Bei den Industrieunternehmen waren es 69 Prozent, im Automobilsektor 56 Prozent. Bei den Immobilienunternehmen und Finanzdienstleistern gab es mit 25 beziehungsweise 36 Prozent etwas weniger Prognosekorrekturen nach oben.

Trotz der Flut an Positivmeldungen warnte Knarse vor zu viel Optimismus. Die Zahl der Risiken sei keineswegs kleiner geworden. "Die Lieferketten sind nach wie vor anfällig, die Versorgungslage bei Rohstoffen, aber auch bei diversen Zulieferteilen ist teils sehr angespannt", erklärte er. Noch sei nicht absehbar, wie sich die Pandemie weiter entwickle und damit auch die Lage in wichtigen Absatzmärkten und Wachstumsmotoren wie China. Erneute Lockdowns und Grenzschließungen könnten insbesondere für exportorientierte Volkswirtschaften wie der deutschen negative Folgen haben.

Die hohe Zahl der Positivkorrekturen wirft laut den EY-Experten eine weitere Frage auf: Die nach der Verlässlichkeit der Unternehmensprognosen. Zu viele Korrekturen nach oben oder nach unten könnten das Vertrauen der Anleger schädigen. Gerade in wirtschaftlich turbulenten Zeiten sei aber Verlässlichkeit und Transparenz besonders wichtig, warnten die Experten.

So hatten sowohl Positiv- als auch Negativprognosen deutliche Auswirkungen auf die Aktienkurse der entsprechenden Unternehmen. Am Tag einer Positivkorrektur stiegen die Aktienkurse des Unternehmens um durchschnittlich drei Prozent, innerhalb einer Woche sogar um 4,3 Prozent. Bei einer Gewinnwarnung hingegen sank der Kurs noch am selben Tag um durchschnittlich 3,3 Prozent, im Wochenschnitt um 4,3 Prozent.

Die Folgen der Pandemie sorgten indes nicht nur für Turbulenzen bei den Gewinn- und Umsatzprognosen der Unternehmen und an den Aktienmärkten. Laut EY kam es auch zu einem grundlegenden Umdenken in den Konzernen bezüglich ihrer langfristigen Strategien. Unternehmen hätten gelernt, dass auch "das scheinbar Unmögliche passieren kann", erklärte Knarse. Unternehmen müssten deshalb neue Wege gehen, "um sich an die veränderten Gegebenheiten und neue Risiken anzupassen und diese in ihre Planungen einzubeziehen".

Insbesondere die Auswirkungen des Klimawandels auf ihre Geschäftsmodelle beschäftigten die Unternehmen aktuell. Die Dekarbonisierung der Wirtschaft sei von vielen bisher "als Zukunftsthema gehandelt und kaum ernst genommen" worden. Spätestens seit der Flutkatastrophe im Juli habe sich dies aber geändert.

(L.Møller--DTZ)

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