Deutsche Tageszeitung - Ukrainisches Atomkraftwerk Saporischschja erneut vom Netz getrennt

Ukrainisches Atomkraftwerk Saporischschja erneut vom Netz getrennt


Ukrainisches Atomkraftwerk Saporischschja erneut vom Netz getrennt
Ukrainisches Atomkraftwerk Saporischschja erneut vom Netz getrennt / Foto: © Maxar Technologies/AFP/Archiv

Das von russischen Truppen besetzte Atomkraftwerk Saporischschja in der Südukraine ist erneut vom Netz getrennt worden. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) teilte am Samstag mit, die Verbindung zwischen der letzten verbleibenden Hauptstromleitung des Kraftwerks und dem Versorgungsnetz sei unterbrochen worden. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bot sich unterdessen als Vermittler im Konflikt um das Akw an.

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Die IAEA sei "heute vor Ort" darüber informiert worden, dass die Anlage weiter Strom über eine Reserveleitung liefere, hieß es in der IAEA-Mitteilung weiter. "Ein Reaktor arbeitet noch und produziert Strom sowohl für die Kühlung als auch für andere wesentliche Sicherheitsfunktionen der Anlage und für Haushalte, Fabriken und andere." Die Verbindung sei "nach neuen Bombenangriffen in dem Gebiet" unterbrochen worden.

Das seit März von Russland besetzte Atomkraftwerk Saporischschja sowie dessen Umgebung waren in den vergangenen Wochen immer wieder beschossen worden. Die Ukraine und Russland machen sich gegenseitig für die Angriffe verantwortlich. Bereits am 25. August war das Akw vorübergehend vollständig vom Stromnetz abgeschnitten worden - zum ersten Mal in der Geschichte des größten Atomkraftwerks Europas.

Laut der IAEA-Mitteilung verfügte das Akw ursprünglich über insgesamt vier Hauptstromleitungen. Drei davon seien schon "früher während des Konflikts" abgeschnitten worden.

Die Kämpfe rund um das Kernkraftwerk schüren die Angst vor einer Atomkatastrophe wie 1986 in Tschernobyl. Ein vollständiger Stromausfall im Kraftwerk - wenn der von außen kommende Strom ausfällt und die Notstromaggregate nicht funktionieren - könnte zu einer Überhitzung der Anlagen führen.

Am Donnerstag traf ein Expertenteam der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) im größten Atomkraftwerk Europas ein. Das 14-köpfige Team soll die Sicherheit der Anlage überprüfen. IAEA-Chef Rafael Grossi und einige andere Mitglieder des Teams reisten zwar bereits am Donnerstag wieder ab, sechs der internationalen Inspektoren blieben nach russischen Angaben jedoch in der Anlage. Zwei IAEA-Experten sollen demnach dauerhaft in dem Akw bleiben.

Die Kämpfe gingen nach dem Eintreffen der IAEA-Experten weiter. Die Ukraine beschoss am Freitag nach eigenen Angaben einen russischen Stützpunkt in der Nähe des Akw. In der Stadt Enerhodar sowie in der ebenfalls im Süden gelegenen Stadt Cherson seien mit "präzisen Angriffen" drei russische Artilleriesysteme sowie ein Munitionslager zerstört worden, teilten die ukrainischen Streitkräfte mit. Die Ukraine hatte die russischen Streitkräfte beschuldigt, vor der Ankunft der IAEA-Mission "ihre gesamte militärische Ausrüstung vom Kraftwerksgelände" abgezogen zu haben.

Das Verteidigungsministerium in Moskau teilte am Samstag mit, die russischen Truppen hätten am Vortag einen Versuch der ukrainischen Truppen "zurückgedrängt", mit Hilfe von Amphibienfahrzeugen das Atomkraftwerk wieder unter ihre Kontrolle zu bringen.

Am Samstag dauerten die Angriffe und Kämpfe auch in anderen Regionen der Ukraine an. Im Donbass im Osten griff die russische Armee in Richtung von Bachmut und Awdijiwka an, wie die ukrainische Armee mitteilte. Die ukrainische Armee wiederum habe "fünf Angriffe" nahe Donezk und Piwdenny geflogen, hieß es.

Im Zentrum des Landes starb ein neunjähriger Junge bei russischen Angriffen, wie die ukrainischen Behörden mitteilten. Zehn weitere Menschen wurden bei den Angriffen in der Region Dnipropetrowsk schwer verletzt. Demnach gab es auch heftige Angriffe in der Region Nowgorod-Siwerks nahe der russischen Grenze mit "mehr als 50 Explosionen". Opfer gab es demnach keine.

Angesichts des anhaltenden Beschusses rund um das Akw Saporischschja bot der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan dem russischen Präsidenten Wladimir Putin seine Vermittlung an. Wie das Präsidialamt in Ankara mitteilte, hob Erdogan hervor, dass die Türkei in dem Konflikt "eine Vermittlerrolle" einnehmen könne, "wie sie es bereits beim Abkommen über das Getreide getan" habe.

Unter Vermittlung der Türkei und der UNO hatten Russland und die Ukraine im Juli separate Abkommen zur Wiederaufnahme der ukrainischen Getreidelieferungen unterzeichnet. Zuvor waren die Lieferungen aufgrund des russischen Angriffskriegs monatelang blockiert.

(V.Sørensen--DTZ)

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