Deutsche Tageszeitung - Weitere Wendung in Entführungsfall Block: Razzia bei früherem BND-Chef Hanning

Weitere Wendung in Entführungsfall Block: Razzia bei früherem BND-Chef Hanning


Weitere Wendung in Entführungsfall Block: Razzia bei früherem BND-Chef Hanning
Weitere Wendung in Entführungsfall Block: Razzia bei früherem BND-Chef Hanning / Foto: © POOL/AFP/Archiv

Der Kriminalfall um die gewaltsame Verschleppung von zwei Kindern der Steakhauskettenerbin Christina Block ist um eine zusätzliche Wendung reicher: Wegen des Verdachts der Beteiligung an Entführungs- und Diskreditierungsplänen rückten Ermittler am Dienstag zu einer Razzia gegen den früheren Präsidenten des Bundesnachrichtendiensts (BND), August Hanning, aus. Das teilte die Staatsanwaltschaft in Hamburg mit. Sie ermittelt nach eigenen Angaben schon seit Frühjahr gegen ihn.

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Der 79-jährige Hanning und ein ebenfalls beschuldigter früherer Mitarbeiter des Hamburger Landeskriminalamts (LKA) sollen als "Verantwortliche einer Sicherheitsfirma" im Auftrag von Block gehandelt haben, wie die Behörde in der Hansestadt erklärte. Schon im Jahr 2022 sollen sie demnach gegen Zahlung von mehr als hunderttausend Euro von der Mutter beauftragt worden sein, einen ersten Entführungsversuch zu organisieren. Dieser sei später allerdings gescheitert.

Außerdem sollen Hanning und der frühere LKA-Polizist gemeinsam mit Block und Mitarbeitern einer israelischen Sicherheitsfirma demnach versucht haben, den Vater der zwei Kinder und Blocks früheren Ehemann sowie dessen Anwalt "durch wahrheitswidrige Vorwürfe aus dem Bereich der Pädophilie" zu diskreditieren. "Gegenstand der laufenden Ermittlungen" sei darüber hinaus auch, ob Hanning und der Mitbeschuldigte an der erfolgreichen späteren Entführung der Kinder an Silvester 2023/2024 beteiligt gewesen seien, erklärte die Staatsanwaltschaft.

Block und mehrere weitere Angeklagte müssen sich seit Juli in einem Prozess vor dem Hamburger Landgericht wegen der Verschleppung ihrer Kinder in der Neujahrsnacht 2023/2024 verantworten. Laut Anklage wurden sie von maskierten Männern dabei in Dänemark dem Vater entrissen und zur Mutter nach Deutschland gebracht, wo sie später unverletzt der Polizei übergeben wurden. Block soll den Entführungsauftrag gegeben haben, was sie vor Gericht vehement bestreitet.

Hintergrund des Falls ist ein jahrelanger, erbitterter Sorgerechtsstreit zwischen Block und ihrem früheren Ehemann, einem Unternehmensberater. Das Elternpaar teilte sich zunächst noch das Umgangsrecht, 2021 behielt der inzwischen in Dänemark lebende Vater zwei der vier gemeinsamen Kinder aber bei sich. Laut Blocks Verteidigung ignorierte er Gerichtsentscheidungen. In dem Fall werfen beide Seite einander massives Fehlverhalten zu Lasten der Kinder vor.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wurden am Donnerstag im In- und Ausland 13 Durchsuchungsbeschlüsse vollstreckt. Es handelte sich um acht Wohn- und Geschäftsadressen von Hanning und dem ehemaligen LKA-Beamten sowie weitere Objekte von "Nichtverdächtigen" in mehreren Bundesländern und der Schweiz. Es geht demnach unter anderem um den Verdacht der sogenannten gemeinschaftlichen schweren Entziehung Minderjähriger oder den Verdacht einer Verabredung dazu.

Die spätere Entführung an Silvesternacht 2023/2024 soll Block mit einem Anwalt und Verantwortlichen eines israelischen Sicherheitsunternehmens geplant haben. Zu den Angeklagten in dem Prozess gehört auch ein mutmaßlich zum Entführerteam gehörender Israeli, den die Behörden im vorigen Jahr auf Zypern fassten. Er gestand. Zu den Beschuldigten gehört zudem Blocks Lebensgefährte, der frühere Sportkommentator Gerhard Delling. Ihm wird Beihilfe vorgeworfen.

Wie die Staatsanwaltschaft am Donnerstag mitteilte, ermittelt sie zusätzlich auch wegen bereits weiter zurückliegender Entführungspläne. So sollen Hanning und der frühere LKA-Beamte schon 2022 einen Auftrag von Block zur Entführung ihrer zwei Kinder angenommen haben. Der Plan sah demnach vor, diese auf dem Schulweg in Dänemark abzupassen. Der Behörde zufolge scheiterte dieser, weil der Vater Verdächtige an seinem Haus bemerkte und die dänische Polizei rief.

Laut Staatsanwaltschaft sollen die Beschuldigten gemeinsam mit Block und der mutmaßlich später für die Entführung 2023/2024 verantwortlichen israelischen Sicherheitsfirma außerdem den Plan entwickelt haben, den Vater und und seinen Rechtsanwalt durch Pädophilievorwürfe in Verruf zu bringen. Demnach wurde eine Festplatte mit einschlägigem Material 2023 am Haus des Vaters platziert.

Der BND ist der deutsche Auslandsgeheimdienst. Hanning leitete die Behörde zwischen 1998 und 2005. Bis 2009 war er Staatssekretär im Bundesinnenministerium. Im Kriminalfall Block spielen mutmaßliche Verbindungen zu Sicherheitsfirmen ehemaliger Geheimdienstmitarbeiter bereits seit längerer Zeit eine Rolle. Auch bei dem laut Anklage von Block beauftragten israelischen Sicherheitsunternehmen stehen Berührungspunkte mit Geheimdiensten wie Mossad oder Schin Bet im Raum.

(A.Stefanowych--DTZ)

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