Deutsche Tageszeitung - Macrons EU-Kommissionskandidatin überzeugt Europaparlament nicht

Macrons EU-Kommissionskandidatin überzeugt Europaparlament nicht


Macrons EU-Kommissionskandidatin überzeugt Europaparlament nicht
Macrons EU-Kommissionskandidatin überzeugt Europaparlament nicht / Foto: ©

Die Französin Sylvie Goulard hat vom Europaparlament vorerst kein grünes Licht für ihre Berufung in die neue EU-Kommission bekommen. Abgeordnete fast aller Fraktionen zeigten sich am Mittwoch nach der fast dreistündigen Anhörung unzufrieden mit den Antworten der Liberalen auf Vorwürfe zu unklaren Finanzen. Sie verlangten von ihr die schriftliche Beantwortung weiterer Fragen, danach könnte eine weitere Anhörung im Parlament folgen.

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Goulard wurde in der Befragung hart von Konservativen und Sozialdemokraten angegangen. "Ich bin sauber", hielt sie ihnen entgegen. Die Französin forderte, dass auch in ihrem Fall "die Unschuldsvermutung" gelten müsse.

Goulard kommt aus dem selben politischen Lager wie Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und soll als eine Art "Super-Kommissarin" unter Ursula von der Leyen die Bereiche Industriepolitik, Binnenmarkt und Verteidigungsindustrie bekommen. Gegen Goulard sie läuft eine Untersuchung der EU-Betrugsbekämpfungsbehörde Olaf. Dabei geht es um Vorwürfe der Scheinbeschäftigung eines Assistenten auf Kosten des Europaparlaments zwischen Juli 2014 und Februar 2015.

Das Europaparlament hatte seine eigenen Ermittlungen gegen die Liberale Ende August beendet. Es sah kleinere Verstöße gegen Vorschriften. Goulard, die zuletzt Vize-Präsidentin der französischen Zentralbank war, hat inzwischen 45.000 Euro zurückgezahlt.

Die 54-jährige Französin bezeichnete diesen Fall als "Verwaltungsproblem". Ihr sei das Prinzip persönlicher Integrität sehr wichtig, sagte sie und verwies darauf, dass sie als Verteidigungsministerin 2017 nach nur einem Monat zurückgetreten sei, als die Vorwürfe erstmals erhoben wurden. Sie sei bei den laufenden Untersuchungen der französischen Justiz in dem Fall nicht angeklagt worden und habe auch "dieses Geld nicht persönlich erhalten".

"Wieso glauben Sie, eine Kommissarin sein zu können, aber nicht eine Verteidigungsministerin", fragte darauf der SPD-Abgeordnete Jens Geier. Schließlich sei Goulard just am Tag ihrer Nominierung zur EU-Kommissarin in Frankreich in der Affäre von der Polizei vernommen worden. "Es ist also noch nicht ausgestanden." Geier fragte Goulard auch, ob sie bei einer Anklage "als Kommissarin zurücktreten" werde.

Die EU-Abgeordneten verlangten auch Klarheit darüber, wofür Goulard zwischen 2013 und 2015 von dem US-Institut Berggruen als Beraterin mehr als 10.000 Euro monatlich erhalten hat. Diese Tätigkeit sei "absolut legal" gewesen, sagte Goulard, die damals EU-Abgeordnete war. Die Regeln des Europaparlaments erlaubten berufliche Beschäftigungen neben dem Abgeordnetenmandat.

Eine EU-Quelle, die mit Goulard im Kontakt stand, sagte zu deren Tätigkeit für das von dem US-deutschen Milliardär Nicolas Berggruen gegründete Institut: "Es ist teuer bezahlt, aber sie haben ihr Adressbuch gekauft."

Die konservative EVP-Fraktion erklärte nach der Anhörung, "eine Wolke des Zweifels" hänge über Gouldard. Angesichts der laufenden Untersuchung durch die EU-Betrugsermittler und die französische Justiz sei es "nicht angebracht, ihr heute als Kommissarin für den Binnenmarkt einen letzten Stempel der Zustimmung zu geben".

Die größte Fraktion im EU-Parlament schloss auch eine weitere Anhörungsrunde nicht aus. Auch die Grünen zeigten sich nicht überzeugt von Goulards Antworten. Sie muss nun weitere Fragen schriftlich beantworten, wie es aus EU-Kreisen hieß. Goulard werde die Fragen am Freitag zugeschickt bekommen und müsse diese bis Dienstag beantworten. Die schriftliche Befragung könnte die Vorstufe für eine weitere Befragung im EU-Parlament sein.

Unterstützer Goulards sahen die harsche Kritik an der Französin auch als Retourkutsche für das Scheitern eines Konservativen aus Ungarn und einer Sozialdemokratin aus Rumänien als Kommissionskandidaten in der vergangenen Woche. Beide waren schon bei einer Vorprüfung durch den Rechtsausschuss des Parlaments abgelehnt worden. Goulard hatte das Gremium aber passieren lassen.

(U.Beriyev--DTZ)

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