
Tausende Guaidó-Anhänger protestieren gegen Venezuelas Staatschef Maduro

In Venezuela haben am Samstag tausende Anhänger von Oppositionsführer Juan Guaidó den Rücktritt des umstrittenen Staatschefs Nicolás Maduro gefordert. "Bolivien hat 18 Tage gebraucht, wir sind seit Jahren dabei - ich fordere ganz Venezuela auf, weiter zu protestieren", sagte Guaidó vor seinen Anhängern vor der bolivianischen Botschaft in Caracas. Guaidó hofft, sich die Situation in Bolivien zunutze machen zu können, wo der linksgerichtete Staatschef Evo Morales unter dem Druck der Straße zurückgetreten war.
"Wir werden nicht wanken", sagte Guaidó weiter. "Der Kampf geht weiter, bis die Übernahme endet, bis freie Wahlen erreicht sind."
Nach Schätzungen der Nachrichtenagentur AFP kamen rund 5000 Menschen dem Demonstrationsaufruf Guaidós nach. Das waren deutlich weniger als erwartet und als zu Beginn des Jahres, als sich Guaidó zum Übergangspräsidenten erklärt hatte. Dennoch war es die größte Protestaktion seit Mai.
Die Demonstranten trugen am Samstag die Nationalflagge und Spruchbänder mit Slogans wie "Maduro raus" und "Folgt dem Beispiel Boliviens". "Evo ist weg, Maduro geht, Venezuela ruft: Wir wollen Freiheit", rief der 65-jährige Demonstrant Rafael Castillo. "Wir sind heute mit sehr hohen Erwartungen hergekommen, wir wollen nicht, dass dies nur wieder ein weiterer Protestmarsch wird", sagte der 19-jährige Jurastudent Omar Kienzler.
Bei einer Gegendemonstration gingen im Zentrum von Caracas am Samstag auch tausende Menschen zur Unterstützung von Maduro und Morales auf die Straße. "Wir hatten einen weiteren Sieg, einen Sieg des Friedens", sagte Maduro zu seinen Anhängern in einer über Lautsprecher übertragenen Ansage per Telefon. Er warf der Opposition vor, sie wolle mit Hilfe der USA und Kolumbiens gewaltsam seine Regierung destabilisieren.
Der linksgerichtete Staatschef warnte, er werde keinerlei Versuche dulden, die einem "Staatsstreich" wie in Bolivien gleichkämen. Morales war unter dem Druck der Straße zurückgetreten und ins Exil nach Mexiko gegangen.
Die neue bolivianische Übergangspräsidentin Jeanine Áñez rief Guaidó am Samstag auf, Venezuela "zu befreien". "Es ist unfair, dass ihr so viel Gewalt und Repression erleiden musstet", sagte sie in einer im nationalen Fernsehen übertragenen Videobotschaft.
Die Proteste in Caracas und andernorts verliefen am Samstag friedlich. Unmittelbar vor der Demonstration gegen Maduro wurde jedoch Guaidós Parteizentrale angegriffen. Die bewaffneten und vermummten Angreifer holten Computer, Überwachungskameras und Videoaufzeichnungen aus dem Gebäude, wie Zeugen am Freitag (Ortszeit) berichteten.
Guaidó sprach im Kurzbotschaftendienst Twitter von einer illegalen Beschlagnahmung und einem Einschüchterungsversuch durch die "Diktatur" Maduros. Allerdings blieb zunächst unklar, wer die Angreifer waren. Sie trugen keinerlei Zeichen der Armee oder der Polizei, sondern waren komplett schwarz gekleidet und mit Pistolen und Gewehren bewaffnet.
Guaidó wird von mehr als 50 Staaten als Staatschef anerkannt, darunter auch Deutschland. Allerdings hält Maduro bisher erfolgreich an seiner Macht fest, Guaidós Aufrufe zu Protesten wurden zuletzt weniger befolgt.
Politische Beobachter sind skeptisch, ob der von Guaidó erhoffte neue Schwung durch die Ereignisse in Bolivien eintreten wird. Einer jüngsten Umfrage zufolge wünschen sich zudem 38 Prozent der Maduro-Gegner einen neuen politischen Führer, der Guaidó ersetzen soll.
(W.Novokshonov--DTZ)