Deutsche Tageszeitung - Wirtschaftsweise: Zu früh für Entwarnung für globalen Bankensektor

Wirtschaftsweise: Zu früh für Entwarnung für globalen Bankensektor


Wirtschaftsweise: Zu früh für Entwarnung für globalen Bankensektor
Wirtschaftsweise: Zu früh für Entwarnung für globalen Bankensektor / Foto: © AFP/Archiv

Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm will nach dem Zusammenbruch der Silicon Valley Bank und der Zwangsfusion der Credit Suisse mit der UBS noch keine Entwarnung für den globalen Bankensektor geben. "Man sollte schon sehr wachsam sein", sagte Grimm der "Welt am Sonntag". "Man muss aber auch aufpassen, dass man nicht durch übertriebenen Alarmismus das Risiko einer Bankenkrise vergrößert." Psychologie spiele in dieser Situation eine entscheidende Rolle.

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Mit Sicherheit könne derzeit niemand sagen, ob sich die Einzelfälle doch noch zu einer Bankenkrise ausweiten, führte die Ökonomin aus. "Es wäre aber keine gute Idee, darüber jetzt abseits des aktuellen Sachstands zu spekulieren."

Laut Grimm ist die Bankenbranche heute "besser aufgestellt" als während der globalen Finanzkrise 2008/2009. Aber es gebe "Lücken – etwa, weil man Risiken nicht im Blick hat, die lange nicht aufgetreten sind". So habe es bei Banken Stresstests für Risiken durch niedrige Zinsen gegeben, nicht aber für den Fall einer schnellen Zinserhöhung durch die Zentralbanken. An dieser und anderen Stellen der Regulierung müssten die Aufsichtsbehörden eventuell noch "nachschärfen".

Grimm warnte, die Krise der Banken dürfe nicht dazu führen, dass die Zentralbanken nun keine Zinserhöhungen mehr vornehmen. "Wir sind bei der Inflation noch nicht über den Berg, weitere Zinsschritte werden nötig sein", sagte die Wirtschaftsweise der "WamS". "Lassen die Zentralbanken jetzt aus Sorge um die Finanzmarktstabilität zu früh nach, so könnte die Inflation länger als erwartet hoch bleiben oder sogar noch mal anziehen."

Andererseits dämpften die Unsicherheiten im Bankensektor auch die Kreditvergabe an die Wirtschaft und darüber indirekt wieder die Inflation. "Die Zentralbanken müssen also sehr genau hinschauen und abwägen", mahnte Grimm. "Die Situation ist extrem herausfordernd."

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatten am Freitag versichert, es gebe keinen Grund zur Sorge, dass hierzulande Geldhäuser wie die Deutsche Bank von den jüngsten Turbulenzen um die Credit Suisse oder die Silicon Valley Bank erfasst werden könnten.

Der Aktienkurs der Deutschen Bank war am Freitag an der Frankfurter Börse zeitweise um mehr als 13 Prozent abgestürzt. Grund war vor allem ein starker Anstieg der Kosten für Kreditausfallversicherungen.

yb

(U.Beriyev--DTZ)