Deutsche Tageszeitung - WHO rechnet nicht mit Herdenimmunität gegen Corona in diesem Jahr

WHO rechnet nicht mit Herdenimmunität gegen Corona in diesem Jahr


WHO rechnet nicht mit Herdenimmunität gegen Corona in diesem Jahr
WHO rechnet nicht mit Herdenimmunität gegen Corona in diesem Jahr / Foto: ©

Auch nach dem Start großangelegter Corona-Impfkampagnen machen steigende Infektionszahlen und potenziell gefährlichere Virusvarianten vielen Ländern zu schaffen. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist mit einer Herdenimmunität gegen das neuartige Coronavirus in diesem Jahr nicht zu rechnen. Japan teilte zudem am Dienstag mit, dass es eine neue Virusvariante untersuche, die den ansteckenderen Mutationen aus England und Südafrika ähnele.

Textgröße ändern:

"Wir werden 2021 nicht irgendwelche Stufen von Bevölkerungsimmunität oder Herdenimmunität erreichen", sagte die WHO-Chefwissenschaftlerin Soumya Swaminathan am Montag in Genf in einem Online-Pressebriefing. Zwar sei die rasche Entwicklung gleich mehrerer Corona-Impfstoffe ein "unglaublicher Fortschritt". Doch brauche die Produktion und Auslieferung der Milliarden von weltweit benötigten Impfdosen Zeit. Deshalb müssten die Menschen weiterhin Geduld aufbringen.

Als Herdenimmunität wird bezeichnet, wenn in einer Bevölkerung so viele Menschen gegen einen Erreger immunisiert sind, dass sich dieser kaum noch ausbreiten kann - und somit auch die nicht-geimpften Menschen weitgehend vor ihm geschützt sind.

Derzeit haben viele Länder aber weiter mit steigenden Infektionszahlen zu kämpfen. Englands Chef-Mediziner Chris Whitty sagte der BBC mit Blick auf die Covid-Patienten des nationalen Gesundheitsdiensts: "Die nächsten Wochen werden zahlenmäßig beim NHS die schlimmsten Wochen dieser Pandemie sein."

Portugal, das am Montag einen neuen Tageshöchststand von 122 Corona-Toten registrierte, steuert auf einen neuen Lockdown zu. Ministerpräsident António Costa kündigte für Mittwoch die Bekanntgabe neuer Beschränkungen an. Derweil wurde der portugiesische Präsident Marcelo Rebelo de Sousa knapp zwei Wochen vor der Präsidentschaftswahl positiv auf das Coronavirus getestet. Der 72-Jährige habe keine Symptome und befinde sich in Isolation, teilte das Präsidialamt mit.

Die Slowakei sieht sich zu erneuten Corona-Massentests gezwungen. "Spätestens nächstes Wochenende starten wir jede Woche einen Massentest, bis wir die Lage im Griff haben", kündigte Regierungschef Igor Matovic an. Bereits Anfang November waren 3,6 Millionen der 5,4 Millionen Einwohner des Landes getestet worden.

Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa verlängerte den Corona-Lockdown bis auf weiteres und beschränkte Einreisen auf dem Landweg drastisch. In Südafrika breitet sich eine Variante des neuartigen Coronavirus aus, die ersten Studien zufolge ansteckender ist als frühere Virusvarianten. Dies hat laut Ramaphosa zu einem "massiven Anstieg der Infektionen" geführt.

Eine andere offenbar ebenfalls deutlich ansteckendere Virusvariante hat sich inzwischen in England massiv ausgebreitet. Mittlerweile wurde sie vereinzelt allerdings auch in vielen anderen Ländern, darunter Deutschland, nachgewiesen.

Die Behörden im Bundesland Tirol im Westen Österreichs meldeten am Dienstag 17 Verdachtsfälle einer Infektion mit der Variante aus Großbritannien. Wie die österreichische Nachrichtenagentur APA berichtete, handelt es sich bei den mutmaßlich Infizierten in der Gemeinde Jochberg im Bezirk Kitzbühel zum Großteil um britische Teilnehmer einer Skilehrer-Aus- oder Weiterbildung.

Nach der am Sonntag gemeldeten Entdeckung einer weiteren Virus-Variante in Japan arbeiten die Behörden weiter daran, das mutierte Virus zu isolieren und zu analysieren. Es war bei vier am 2. Januar aus Brasilien eingereisten Menschen festgestellt worden. Nach Angaben des Nationalen Instituts für Infektionskrankheiten bestehen gewisse Ähnlichkeiten zwischen der in Japan entdeckten Virusvariante und den Varianten in England und Südafrika.

Zur Eindämmung der Corona-Pandemie riegelten die chinesischen Behörden derweil eine weitere Millionenstadt ab. Die 4,9 Millionen Einwohner der rund 55 Kilometer südlich von Peking gelegenen Industriestadt Langfang dürfen ihren Heimatort zunächst eine Woche lang nur in absoluten Notfällen verlassen und müssen sich binnen zwei Tagen auf Corona testen lassen.

Vergangene Woche waren bereits die Elf-Millionen-Einwohner Stadt Shijiazhuang und die Sieben-Millionen-Einwohner-Stadt Xingtai abgeriegelt worden. Alle drei Städte liegen in der Provinz Hebei, die Chinas Hauptstadt Peking umschließt.

Das südostasiatische Malaysia verhängte am Dienstag den Notstand. Seinem Gesundheitssystem droht wegen der Corona-Pandemie eine Überlastung.

(W.Budayev--DTZ)

Empfohlen

Geplante Bolsonaro-Amnestie in Brasilien: USA heben Sanktionen gegen Richter auf

Entspannung zwischen den USA und Brasilien: Das US-Finanzministerium hob am Freitag Sanktionen vom Juli gegen den brasilianischen Verfassungsrichter Alexandre de Moraes wieder auf. Dieser hatte den Prozess gegen den früheren Präsidenten Jair Bolsonaro geleitet, der im September wegen eines Umsturzversuchs zu gut 27 Jahren Haft verurteilt worden war.

Vorrücken von M23-Miliz: UNO warnt vor "Flächenbrand" in DR Kongo

Die UNO hat angesichts der Kämpfe im Osten der Demokratischen Republik Kongo vor einem "Flächenbrand" gewarnt. Der Leiter der UN-Friedensmissionen, Jean-Pierre Lacroix, sagte am Freitag, das Vorrücken der von Ruanda unterstützten M23-Miliz habe "unvorhersehbare Konsequenzen". Die USA warfen Ruanda vor, die Region in einen Krieg zu verwickeln.

Friedensnobelpreisträgerin Mohammadi im Iran gewaltsam festgenommen

Die iranische Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi ist nach Angaben von Unterstützern im Iran gewaltsam festgenommen worden. Mohammadi sei zusammen mit weiteren Aktivisten bei einer Trauerzeremonie für einen verstorbenen Anwalt von Sicherheitskräften und Polizisten gewaltsam abgeführt worden, teilte die Stiftung der Frauenrechtlerin am Freitag im Onlinedienst X mit. Ihr französischer Anwalt bestätigte die Festnahme gegenüber der Nachrichtenagentur AFP.

Seltene Orang-Utans durch Folgen von Flutkatastrophe in Indonesien bedroht

Die jüngste Flutkatastrophe in Indonesien hat nach Angaben von Wissenschaftlern den Lebensraum der seltensten Menschenaffen der Welt schwer beschädigt und könnte katastrophale Folgen für die Tierart haben. Die Überschwemmungen könnten das Überleben der Tapanuli-Orang-Utans in freier Wildbahn gefährden, warnten Forscher am Freitag. Bei den Überschwemmungen Ende November waren in Indonesien rund 1000 Menschen ums Leben gekommen.

Textgröße ändern: