Deutsche Tageszeitung - 1,17 Millionen Euro Schadenersatz für Arzt nach Freispruch im Organspendeprozess

1,17 Millionen Euro Schadenersatz für Arzt nach Freispruch im Organspendeprozess


1,17 Millionen Euro Schadenersatz für Arzt nach Freispruch im Organspendeprozess
1,17 Millionen Euro Schadenersatz für Arzt nach Freispruch im Organspendeprozess / Foto: ©

Das Braunschweiger Landgericht hat einem Arzt nach dessen Freispruch im Prozess um mutmaßliche Manipulation bei der Vergabe von Spenderorganen Schadenersatz in Höhe von 1,17 Millionen Euro zugesprochen. Die Richter sahen es nach Gerichtsangaben vom Freitag als erwiesen an, dass dem Mann durch die Untersuchungshaft und andere frühere Strafverfolgungsmaßnahmen ein entsprechender Vermögensschaden entstand.

Textgröße ändern:

Die Entscheidung ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Sowohl der Kläger als auch das Bundesland Niedersachsen, gegen das sich dessen Forderungen richten, können dagegen noch Berufung einlegen. Der Transplantationsmediziner Aiman O. war bei Ermittlungen zum Organspendeskandal am Universitätskrankenhaus im niedersächsischen Göttingen 2013 zunächst wegen des Verdachts auf Korruptionsdelikte für rund elf Monate in Untersuchungshaft genommen worden. Er kam erst frei, als er eine Kaution stellte.

Später wurde der ehemalige leitende Oberarzt der unter anderem für Transplantationen zuständigen Abteilung der Universitätsklinik dann wegen versuchten Totschlags angeklagt und vor Gericht gestellt. Das Landgericht Göttingen sprach ihn 2015 in dem Strafverfahren frei. Auch der Bundesgerichtshof sah später kein strafrechtlich relevantes Verhalten. Das Urteil ist seit 2017 rechtskräftig.

Danach klagte O. in einem Zivilverfahren vor dem Braunschweiger Landgericht auf Schadenersatz in Höhe von rund 1,2 Millionen Euro. Nahezu die gesamte Summe resultiert aus von dem Mediziner geltend gemachten Verdienstausfällen. Er habe nur aufgrund der gegen ihn ergriffenen Maßnahmen eine bereits fest zugesagte Arztstelle in Jordanien nicht antreten können, die ihm 50.000 Dollar pro Monat eingebracht hätte. Dies entspricht in etwa 45.000 Euro.

Das Land Niedersachsen bestritt die Berechtigung der finanziellen Forderungen, das Landgericht folgte aber der Argumentation des Mediziners. Nach Vernehmung eines als Zeugen geladenen leitenden Mediziners der jordanischen Klinik sei die Kammer überzeugt, dass dem Kläger die fragliche Anstellung tatsächlich nur durch seine Inhaftierung entgangen sei. O. habe Anspruch auf sämtliche ihm durch die damalige Untersuchungshaft entstandenen Vermögensschäden.

Dazu zählten auch "Nachteile im Fortkommen und Erwerb, vor allem der Verdienstausfall und der entgangene Gewinn", die andernfalls zu erwarten gewesen wären, wie das Gericht am Freitag mitteilte. Es sprach O. auch 80.000 Euro Schadenersatz als Ersatz für Zinsen zu, die dessen Bruder für einen Kredit zahlen musste. Diesen hatte er aufgenommen, um die Kaution in Höhe von 500.000 Euro zu stellen.

Bei dem fraglichen Organspendeskandal ging es darum, dass Patienten durch die Meldung von falschen Informationen an die europaweite Koordinierungsstelle Eurotransplant bei der Vergabe von knappen Spenderorganen bevorzugt wurden. Konkret ging es um Angaben, wie lange von O. behandelte Alkoholiker bereits "trocken" waren. Nach dem Skandal brachen die Organspenderzahlen bundesweit stark ein.

(W.Uljanov--DTZ)

Empfohlen

Elf Jahre Haft und Sicherungsverwahrung für Totschlag an Radfahrer

Das Landgericht im rheinland-pfälzischen Frankenthal hat einen 26-Jährigen unter anderem wegen Totschlags an einem flüchtenden Radfahrer zu elf Jahren Haft verurteilt. Zudem wurde gegen den Angeklagten Sicherungsverwahrung verhängt, wie ein Gerichtssprecher am Donnerstag mitteilte. Die Kammer sah es als erwiesen an, dass der Mann im März 2024 sein Opfer in Ludwigshafen im Streit getötet hatte. Er stach ihm mit einem Messer in den Rücken. Der Verletzte floh zunächst mit einem Fahrrad und starb später an inneren Blutungen.

Deutsche Bahn schafft gezapftes Bier in Zügen ab und testet bargeldlose Bistros

Die Deutsche Bahn (DB) hat für das kommende Jahr einige Veränderungen für die Bordbistros im Fernverkehr angekündigt. So soll gezapftes Bier ab 2025 vollständig abgeschafft werden, stattdessen setzt das Unternehmen auf eine größere Auswahl bei Flaschenbier, wie die DB am Donnerstag mitteilte. Zwischen Februar und Mai werden demnach zudem auf ausgewählten Strecken komplett bargeldlose Bordgastronomien getestet.

Anwälte warnen vor "Schnellschuss" beim Gewalthilfegesetz

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) wendet sich gegen einen "Schnellschuss" beim geplanten Gewalthilfegesetz. Es gebe bei dem Vorhaben viele Punkte, "an denen noch gearbeitet werden muss", erklärte der DAV-Opferrechtsexperte Holger Rohne am Donnerstag. "Dafür genügt die Zeit in dieser Legislaturperiode schlichtweg nicht: Das Anliegen ist zu wichtig, um aus Eile ein unausgereiftes Gesetz zu beschließen."

Gericht: Radebeuler Oberbürgermeister muss Anfrage zu Mohrenstraße beantworten

Der Oberbürgermeister der sächsischen Stadt Radebeul muss die Anfrage eines Stadtrats zur Benennung der Mohrenstraße beantworten. Das entschied das sächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) in Bautzen und änderte damit eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Dresden ab, wie ein OVG-Sprecher am Donnerstag mitteilte.

Textgröße ändern: