
Große Wissenslücken bei Bundesbürgern über Depressionen im Alter

Depressionen im Alter werden häufig nicht erkannt und falsch behandelt. Dies trage mit zu den deutlich erhöhten Suizidraten älterer Menschen bei, teilte die Stiftung Deutsche Depressionshilfe am Dienstag in Berlin mit. Eine Umfrage unter mehr als 5300 Bundesbürgern zeigt demnach große Wissenslücken bei dem Thema. So denkt mehr als jeder Fünfte (22 Prozent), dass bei Älteren die Behandlung körperlicher Erkrankungen wichtiger ist. 83 Prozent glauben zudem, dass Depressionen am häufigsten bei jüngeren Erwachsenen und im mittleren Alter auftreten.
"Bei Senioren wird die Depression noch häufiger als bei jüngeren Menschen übersehen", erklärte Ulrich Hegerl, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe. "Depressive Symptome wie Hoffnungs- und Freudlosigkeit, Schlafstörungen oder Erschöpfungsgefühl werden oft nicht als Ausdruck einer eigenständigen schweren Erkrankung gesehen, sondern als nachvollziehbare Reaktion auf die Bitternisse des Alters oder als Folge körperlicher Erkrankungen fehlinterpretiert."
Die übergroße Mehrheit der Deutschen zählt Stress und Belastung am Arbeitsplatz zu den Hauptursachen der Depression. Deshalb wird die Krankheit oft nicht mit Senioren in Verbindung gebracht. Nicht einmal die Hälfte der Befragten (45 Prozent) weiß, dass Depression auch eine Erkrankung des Gehirns ist. "Depression hängt viel weniger von den aktuellen Lebensumständen ab, als viele glauben", betonte Hegerl. "Es ist eine eigenständige Erkrankung, die jeden treffen kann – auch Senioren."
Solche Irrtümer führen zu großen Behandlungsdefiziten. So gehen 86 Prozent der Deutschen davon aus, dass es älteren Betroffenen schwerer fällt, sich Hilfe zu suchen. Dies gilt insbesondere für die Psychotherapie. Tatsächlich sind gerade einmal zwölf Prozent der über 70-Jährigen in psychotherapeutischer Behandlung, bei den erkrankten Befragten zwischen 30 und 69 Jahren ist dies fast ein Drittel (31 Prozent).
Dabei wären fast zwei Drittel (64 Prozent) der Älteren bereit, eine Psychotherapie in Anspruch zu nehmen. "Älteren Menschen wird viel zu selten eine Psychotherapie angeboten", folgerte Hegerl. Eine Behandlung der Depression sei bei älteren Patienten ebenso wichtig wie bei jüngeren. Sowohl Psychotherapie als auch medikamentöse Therapie hätten sich als wirksam erwiesen.
Angesichts des demografischen Wandels sei die Aufklärung über Depression und die Suizidprävention für ältere Menschen, aber auch für Pflegekräfte und Angehörige besonders wichtig. Zwei Drittel der Befragten gaben im "Deutschland-Barometer Depression" an, dass sie sich über die Erkrankung im Alter nicht gut informiert fühlten.
(P.Vasilyevsky--DTZ)