
Mindestens sechs Tote und 150 Verletzte bei schwerem Erdbeben in Albanien

Bei dem schwersten Erdbeben in Albanien seit Jahrzehnten sind am Dienstag mindestens sechs Menschen ums Leben gekommen und 150 weitere verletzt worden. Das Beben der Stärke 6,4 erschütterte das Land in den frühen Morgenstunden und war auf dem gesamten Balkan zu spüren. In der Hafenstadt Durres an der Adriaküste und in Thumana stürzten Gebäude ein. Rettungskräfte suchten in den Trümmern nach Verschütteten.
Das Erdbeben riss morgens um 03.54 Uhr viele Albaner aus dem Schlaf. Das Zentrum des Bebens lag nach Angaben des Erdbebenzentrums EMSC etwa 34 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Tirana in einer Tiefe von zehn Kilometern. "Es gibt Opfer", schrieb Regierungschef Edi Rama kurz darauf im Onlinedienst Twitter. "Wir arbeiten daran, in den betroffenen Gebieten alles, was nur möglich ist, zu tun."
Am schwersten wurde die Umgebung der Hafenstadt Durres an der albanischen Adriaküste getroffen. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums brach in der Stadt ein dreistöckiges Hotel zusammen, mehrere weitere Gebäude wurden schwer beschädigt. Rettungskräfte fanden drei Leichen in den Trümmern.
Zwei weitere Tote gab es nach Angaben des Ministeriums in der nahegelegenen Stadt Thumana. In Kurbin kam demnach ein etwa 50 Jahre alter Mann ums Leben, als er in Panik aus einem Gebäude sprang.
Das Verteidigungsministerium schickte 300 Soldaten nach Durres und Thumana, um bei den Rettungs- und Bergungsarbeiten zu helfen. Nach Angaben einer Sprecherin wurden noch Menschen unter den Trümmern vermutet.
In Thumana suchten Angehörige, Soldaten und andere Rettungskräfte in den Trümmern eines fünfstöckigen Hauses nach Verschütteten. Aus dem Trümmerhaufen waren immer wieder Schreie zu hören, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Wie ein Bewohner des Hauses sagte, wurden mindestens sechs Menschen vermisst. Ein weinender Mann sagte, er suche nach seiner Frau und seiner Nichte.
Ein Mann aus Durres sagte im albanischen Fernsehen, seine Tochter und seine Nichte seien unter der Trümmern eines Mehrfamilienhauses eingeschlossen. "Ich habe mit meiner Tochter und Nichte telefoniert", berichtete der Mann. "Sie haben gesagt, dass es ihnen gut geht und dass sie auf Rettung warten. Mit meiner Frau konnte ich nicht sprechen."
Auch in Albaniens Hauptstadt Tirana brach Panik aus, zahlreiche Menschen rannten auf die Straße. Allein in Tirana und Durres wurden nach Angaben von Gesundheitsministerin Ogerta Manasterliu 150 Menschen mit Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert.
Die Erschütterungen waren Medien- und Augenzeugenberichten zufolge auf der gesamten Balkanhalbinsel zu spüren, unter anderem im bosnischen Sarajevo und in der fast 700 Kilometer entfernten serbischen Stadt Novi Sad.
Der Erdbebenexperte Rrapo Ormeni sagte im Fernsehen, ein so starkes Erdbeben habe sich in der Region zuletzt 1926 ereignet. Dem Erdbebenzentrum EMSC zufolge gab es noch mehrere Nachbeben, darunter eines der Stärke 5,3.
Auch das Auswärtige Amt in Berlin warnte vor möglichen Nachbeben. Deutsche in Albanien sollen sich demnach mit Verhaltenshinweisen bei Erdbeben vertraut machen und bei beschädigten Gebäuden und Brücken vorsichtig sein.
Im September war dieselbe Region erst von einem Beben der Stärke 5,6 erschüttert worden. Die Behörden sprachen damals vom stärksten Beben der vergangenen 20 bis 30 Jahre. Der Balkan ist für seine seismische Aktivität bekannt. Erdbeben ereignen sich dort häufig.
(W.Budayev--DTZ)