
Polizei verhinderte seit Breitscheidplatz-Anschlag neun Anschläge

Deutsche Sicherheitsbehörden haben in den drei Jahren seit dem Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz nach eigenen Angaben neun islamistisch motivierte Anschläge verhindert. Alleine im November seien zwei abgewendet worden, teilte das Bundeskriminalamt der "Welt am Sonntag" mit. Nach der Räumung des Weihnachtsmarkts am Breitscheidplatz am Samstagabend wegen zwei verdächtiger Männer gab die Polizei Entwarnung. Der Markt öffnete am Sonntag wieder.
Die beiden Männer seien zwei Polizisten durch ihr verdächtiges Verhalten aufgefallen, sagte eine Polizeisprecherin der Nachrichtenagentur AFP. Der Verdacht, dass die beiden Männer einen "gefährlichen Gegenstand" auf dem Weihnachtsmarkt abgelegt haben könnten und einer der Männer mit einem Haftbefehl gesucht werde, habe sich letztlich aber nicht bestätigt.
Alle Besucher hätten den Weihnachtsmarkt "ruhig und besonnen verlassen". Nach Angaben der Polizeisprecherin hatten die beiden Männer erst versucht, sich einer Polizeikontrolle zu entziehen. Die von ihnen genannten Namen hätten dann den Verdacht erregt, dass einer von ihnen mit einem Haftbefehl gesucht werde. Dieser Verdacht habe sich aber nicht bestätigt, sagte die Sprecherin. Es habe sich lediglich um eine "Namensgleichheit" gehandelt. Der Weihnachtsmarkt blieb Samstagabend geschlossen, öffnete am Sonntag dann wieder wie geplant.
Vor fast genau drei Jahren, am 19. Dezember 2016, war der Attentäter Anis Amri mit einem Lastwagen in den Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Breitscheidplatz gerast. Bei dem Anschlag wurden zwölf Menschen getötet.
Der Leiter der neuen BKA-Abteilung Islamistisch motivierter Terrorismus/Extremismus, Sven Kurenbach, wies in der "Welt am Sonntag" auf die erhöhte Anschlagsgefahr nach dem Tod des IS-Anführers Abu Bakr al-Baghdadi Ende Oktober hin. In radikalislamistischen Kreisen sei vermehrt zum Terror im Westen aufgerufen worden. "Der Trend geht dabei zu Anschlägen mit einfachen Tatmitteln. Schusswaffen spielten bei Anschlagsplanungen hierzulande zuletzt weniger eine Rolle", sagte Kurenbach.
Bei zwei vereitelten Anschlägen im November handelt es sich dem Bericht zufolge um Festnahmen in Offenbach und Berlin. In Offenbach durchsuchten am 12. November 170 Beamte drei Wohnungen und nahmen einen 24-jährigen Deutschen fest, dem die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat vorgeworfen wird. In Berlin wurde am 19. November ein 26-jähriger Syrer festgenommen, ebenfalls unter diesem Vorwurf. In beiden Fällen dauern die Ermittlungen an, wie die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main und die Bundesanwaltschaft (GBA) der Zeitung mitteilten.
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sagte der "WamS", "unsere Sicherheitsbehörden leisten hervorragende Arbeit und zwar 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche". Gleichzeitig forderte Seehofer weitere Befugnisse für Ermittler im Internet. "Wir haben die Sicherheitsbehörden in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestärkt. Jetzt müssen wir ihnen die notwendigen Befugnisse geben, um Terroristen auch online entdecken und dingfest machen zu können."
Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Irene Mihalic kritisierte in dem Blatt ein "strukturelles Kooperationsdefizit der vielen Sicherheitsbehörden in unserem Föderalstaat". Das Gemeinsame Terror Abwehr Zentrum (GTAZ) sei "noch zu sehr Beruhigungspille und Fassade". Der innenpolitische Sprecher der FDP, Konstantin Kuhle, forderte eine Reform des Föderalismus im Bereich der Inneren Sicherheit.
(P.Vasilyevsky--DTZ)