Deutsche Tageszeitung - Europaparlament stimmt für Pläne gegen Arzneimittelengpässe

Anzeige Bild
Anzeige Bild
Anzeige Bild
Anzeige Bild
Anzeige Bild

Europaparlament stimmt für Pläne gegen Arzneimittelengpässe


Europaparlament stimmt für Pläne gegen Arzneimittelengpässe
Europaparlament stimmt für Pläne gegen Arzneimittelengpässe / Foto: © AFP/Archiv

Das Europaparlament hat Plänen der EU-Kommission gegen Versorgungsengpässe, zu teure Medikamente und Antibiotikaresistenzen zugestimmt. Die Abgeordneten votierten am Mittwoch in Brüssel mit großer Mehrheit für das Gesetzespaket, das den Arzneimittelmarkt in der EU reformieren soll. Die Reform sieht unter anderem Fördermaßnahmen für die Entwicklung neuer Antibiotika und einen leichteren Zugang zu preisgünstigen Medikamenten vor.

Anzeige Bild

Textgröße ändern:

Um Engpässe zu verhindern, sollen Pharmaunternehmen den Gesetzentwürfen zufolge Pläne zur Vorbeugung aufstellen. Die EU-Kommission soll künftig eine Liste wesentlicher Medikamente führen. Auf dieser Grundlage könnte die Behörde etwa die Pflicht einführen, für bestimmte Arzneimittel einen Vorrat sicherzustellen.

Das Gesetz soll dafür sorgen, dass schneller sogenannte Generika, also günstigere Nachahmerprodukte, auf den Markt kommen. Die Frist, innerhalb derer keine Generika eines Medikaments zugelassen werden können, soll der Position des Parlaments zufolge von zehn Jahren auf sieben Jahre und sechs Monate verringert werden. Die EU-Kommission hatte eine Frist von acht Jahren vorgeschlagen, das Parlament sieht allerdings zahlreiche Ausnahmen vor.

So sollen die Hersteller die Frist um ein Jahr verlängern können, wenn das Arzneimittel "einen ungedeckten medizinischen Bedarf" deckt. Zudem ist eine Verlängerung um sechs Monate möglich, wenn ein Großteil der Entwicklung innerhalb der EU liegt. Die Verkaufsrechte an Medikamenten für besonders seltene Krankheiten sollen darüber hinaus für bis zu elf Jahre geschützt bleiben. Unternehmen sollen dadurch einen Anreiz haben, in der EU zu produzieren.

Auch das wachsende Problem resistenter Keime, durch die pro Jahr schätzungsweise 35.000 Menschen in der Europäischen Union sterben, soll die Reform angehen. Derzeit haben Pharmaunternehmen kein großes Interesse daran, neue Antibiotika zu entwickeln, weil diese wegen ihres eingeschränkten Gebrauchs nicht viel einbringen.

Die Abgeordneten sprachen sich deshalb für den Vorschlag der EU-Kommission aus, Firmen für die Entwicklung eines neuen Antibiotikums zu belohnen. Sie sollen ein anderes, gewinnbringenderes Medikament aus ihrem Sortiment ein Jahr länger exklusiv verkaufen oder dieses Recht an ein anderes Pharmaunternehmen verkaufen können. Bei mehreren Mitgliedstaaten und bei Verbraucherschützern stößt dieser Ansatz auf Kritik.

"Ich bin sehr froh, dass sich der Vorschlag trotz Gegenwind durchgesetzt hat", begrüßte der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese den Beschluss. Die EU müsse "unbedingt handeln, damit weniger Menschen an antibiotikaresistenten Keimen sterben".

Für weitere Verbesserungen auf dem EU-Arzneimittelmarkt soll eine Beschleunigung und Vereinfachung der Zulassungsverfahren sorgen, wie es bei den Corona-Impfstoffen bereits praktiziert wurde. Die Prüfung durch die Europäische Arzneimittelbehörde EMA soll künftig statt bis zu 400 nur noch maximal 180 Tage dauern. Pharma-Hersteller sollen zudem offenlegen, welche öffentlichen Mittel sie für Forschung und Entwicklung erhalten.

"Als Lehre aus der Pandemie verkürzt das Pharmapaket die Dauer für die Marktzulassung und ermöglicht ein beschleunigtes Verfahren für die Zulassung von Arzneimitteln", erklärte einer der im Parlament zuständigen Verhandlungsführer, der SPD-Abgeordnete Tiemo Wölken. Die Modernisierung der Arzneimittelvorgaben der EU sei "dringend notwendig".

Hintergrund der Reformpläne sind die wiederkehrenden Arzneimittel-Engpässe in der Europäischen Union. Besonders schwierig war die Lage während der Corona-Pandemie, als insbesondere Antibiotika wie Amoxicillin, aber auch alltägliche Medikamente wie das Schmerzmittel Paracetamol oder Fieber- und Hustensäfte für Kinder knapp wurden.

Die gegenwärtigen Arzneimittel-Bestimmungen der EU sind bereits 20 Jahre alt. Die nun diskutierten Pläne hatte die EU-Kommission vor rund einem Jahr vorgelegt. Über das Gesetzespaket wird allerdings frühestens im Herbst weiter verhandelt, dann mit einem neu gewählten Europaparlament.

(P.Tomczyk--DTZ)

Empfohlen

Maskenbeschaffung: Schwere Vorwürfe gegen Spahn in Aktueller Stunde

Die Opposition hat Unionsfraktionschef und Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in einer Aktuellen Stunde zur Maskenbeschaffung schwere Vorwürfe gemacht. Spahn habe sich in der Coronapandemie vor allem "selbst versorgt - mit Kontakten, mit Deals, mit Milliarden aus unserem Steuergeld", sagte Linken-Chefin Ines Schwerdtner am Mittwoch in der Debatte des Bundestags. "Wir mussten verzichten, sie haben verteilt, vor allem an Parteifreunde, ohne Ausschreibung und Rat anderer Ministerien."

Brandenburger Verfassungsgericht: Versammlungsverbot während Pandemie nichtig

Die Einschränkung von Versammlungen in Brandenburg während der Coronapandemie ist nicht mit der Verfassung vereinbar gewesen. Entsprechende Regelungen in der Eindämmungsverordnung seien nichtig, teilte das Gericht am Mittwoch in Potsdam mit. Zwei Vorschriften zur Maskenpflicht bestätigte das Verfassungsgericht hingegen.

Spahn begrüßt Einsetzung von Kommission zur Corona-Aufarbeitung als überfällig

Der Unionsfraktionschef und frühere Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat die geplante Einsetzung einer Enquetekommission aus Abgeordneten und Experten zur Aufarbeitung der deutschen Coronapolitik als überfällig begrüßt. "Die Aufarbeitung der Pandemie hätte längst starten müssen", sagte der CDU-Politiker der "Augsburger Allgemeinen" (Mittwochausgabe). "Union und SPD holen jetzt ein großes Versäumnis der letzten Legislaturperiode nach", fuhr Spahn fort.

Bundestag: Spahn nimmt in Haushaltsausschuss Stellung zu Masken-Bericht

Unionsfraktionschef und Ex-Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will am Mittwoch (14.00 Uhr) im Bundestags-Haushaltsausschuss Stellung nehmen zum Sonderbericht zur Maskenbeschaffung. Ebenfalls dort sprechen will die aktuelle Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU). Sie wird zudem zuvor (09.30 Uhr) im Gesundheitsausschuss des Bundestags zum Bericht Stellung nehmen. Das von der Sonderbeauftragten Margaretha Sudhof im Auftrag des früheren Gesundheitsministers Karl Lauterbach (beide SPD) verfasste Gutachten macht Spahn erhebliche Vorwürfe.

Textgröße ändern:

Anzeige Bild