Deutsche Tageszeitung - Anklage für neues Amtsenthebungsverfahren gegen Trump im US-Senat eingereicht

Anklage für neues Amtsenthebungsverfahren gegen Trump im US-Senat eingereicht


Anklage für neues Amtsenthebungsverfahren gegen Trump im US-Senat eingereicht
Anklage für neues Amtsenthebungsverfahren gegen Trump im US-Senat eingereicht / Foto: ©

Das nachträgliche Amtsenthebungsverfahren gegen den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump kann Anfang Februar starten: Vertreter des Repräsentantenhauses reichten am Montag (Ortszeit) im US-Senat in Washington formell die Anklageschrift gegen den Republikaner wegen "Anstiftung zum Aufruhr" ein. Bei einem Schuldspruch könnte der Senat Trump auch verbieten, erneut für das Präsidentenamt zu kandidieren.

Textgröße ändern:

In einer feierlichen Zeremonie schritten neun Abgeordnete des Repräsentantenhauses schweigend durch die Hallen des Kapitols in Washington zum Senatsflügel, wo sie die Anklageschrift überbrachten. Diese neun Abgeordneten werden in dem Verfahren als Ankläger fungieren. Sie waren von der Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, der Demokratin Nancy Pelosi, ernannt worden.

Im Senat verlas dann der Vorsitzende der Ankläger, Jamie Raskin, das sogenannte Impeachment gegen den Ex-Präsidenten, welches das Repräsentantenhaus als Konsequenz aus der Erstürmung des Kongresssitzes am 6. Januar durch radikale Trump-Anhänger beschlossen hatte. Trump habe "die Integrität des demokratischen Systems bedroht" und "die friedliche Machtübergabe behindert", heißt es darin.

Die 100 Senatoren nehmen in dem Verfahren die Rolle der Geschworenen ein. Für diese Aufgabe sollen sie an diesem Dienstag vereidigt werden, wie der neue Mehrheitsführer in der Kammer, der Demokrat Chuck Schumer, ankündigte. Die Rolle des Verfahrensvorsitzenden übernimmt der dienstälteste Senator der Demokraten, der 80-jährige Patrick Leahy. Der Senator sicherte seine Unparteilichkeit in seiner Funktion als Verfahrensvorsitzender zu. Den Eid, den er dafür ablegen müsse, nehme er "außerordentlich ernst".

Aus den Reihen der Republikaner hatte es Kritik daran gegeben, dass Leahys Bestellung als Verfahrensvorsitzender und Geschworener zugleich einen Interessenskonflikt bedeuten könne. Dies wies aber der einflussreiche republikanische Senator Lindsey Graham zurück. Er kenne Leahy seit langem, sagte er. "Ich glaube und hoffe, dass er fair sein wird."

Bis zum Beginn des Verfahrens gibt es eine zweiwöchige Unterbrechung, damit Trump Zeit hat, seine Verteidigung vorzubereiten. Zugleich bekommt der Senat dadurch Zeit, die Ernennung von Ministern des neuen Präsidenten Joe Biden zu bestätigen und womöglich neue Corona-Hilfen zu beschließen. Denn während des Prozesses gegen Trump wird die Kammer kaum in der Lage sein, andere Aufgaben zu erledigen. Beginnen soll das Verfahren in der zweiten Februarwoche.

Die Anklage gegen Trump stützt sich unter anderem auf eine Rede, die er kurz vor dem Sturm auf das Kapitol bei einer Kundgebung gehalten hatte. Darin hatte Trump die Menge mit dem völlig unbelegten Vorwurf angestachelt, er sei bei der Wahl im November um den Sieg betrogen worden. Zudem rief er explizit zum Marsch auf das Kapitol und zum Kampf um den Wahlsieg auf. Im Zuge der Ausschreitungen in der US-Hauptstadt an diesem Tag starben fünf Menschen.

Trump ist der erste Präsident der US-Geschichte, der sich ein zweites Mal einem Impeachment-Prozess stellen muss. Das erste Amtsenthebungsverfahren gegen ihn wegen seiner Bemühungen um Wahlkampfhilfe aus der Ukraine war vor einem Jahr gescheitert.

Trump ist auch der erste US-Präsident, der nach seinem Ausscheiden aus dem Amt mit einem Impeachment-Prozess konfrontiert ist. Falls die Kammer ihn schuldig spricht, könnte sie ihn auch von künftigen politischen Ämtern ausschließen. Damit könnte der 74-Jährige im Jahr 2024 nicht erneut für das Präsidentenamt kandidieren.

Allerdings ist für eine Verurteilung Trumps eine Zweidrittelmehrheit im Senat erforderlich. 17 Senatoren von Trumps Republikanern müssten mit Bidens Demokraten stimmen, damit diese Mehrheit erreicht wird.

Ob eine solche Zahl von republikanischen Senatoren gegen Trump votieren wird, ist ungewiss. Die Partei ist tief gespalten, ob sie sich von Trump abgrenzen oder zu ihm halten soll. Der Rechtspopulist genießt weiterhin großen Rückhalt an der Parteibasis.

Mitarbeiter des US-Verteidigungsministeriums teilten am Montag mit, dass tausende Nationalgardisten, die zur Absicherung von Bidens Amtseinführung am vergangenen Mittwoch nach Washington entsandt worden waren, noch bis Mitte März dort stationiert bleiben sollen. Der Grund seien fortdauernde "Bedrohungen".

(U.Stolizkaya--DTZ)

Empfohlen

Internationaler Strafgerichtshof in Den Haag meldet Cyber-Attacke

Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag ist erneut Ziel einer Cyber-Attacke geworden. Wie ein IStGH-Sprecher am Montag mitteilte, handelte es sich um einen "neuen, raffinierten und gezielten" Angriff. Er habe Ende vergangener Woche stattgefunden. Wer dahinter stehen könnte, sagte der Sprecher nicht. Der in Den Haag ansässige Gerichtshof war bereits 2023 Ziel eines "beispiellosen" Cyber-Angriffs geworden, der sich später als Spionageversuch herausstellte.

Orban: Pride-Parade in Budapest war eine "Schande"

Der rechtspopulistische ungarische Ministerpräsident Viktor Orban hat die Pride-Parade in Budapest als eine "Schande" bezeichnet. "Ich gehöre zu denjenigen, die das, was stattgefunden hat, nicht als Anlass für Stolz sehen. Ich sage, es ist eine Schande", sagte Orban in einem am Montag in Onlinediensten veröffentlichten Ausschnitt aus einem Fernsehinterview.

Hamas-Zivilschutz: Dutzende Tote bei israelischen Angriffen im Gazastreifen

Bei Angriffen oder Schüssen der israelischen Armee im Gazastreifen sind nach Angaben des von der radikalislamischen Hamas kontrollierten Zivilschutzes am Montag dutzende Menschen getötet worden. Von 34 Opfern hätten mindestens elf versucht, an Verteilstationen an Hilfen zu gelangen, sagte ein Zivilschutzsprecher der Nachrichtenagentur AFP. Später teilte er mit, weitere 21 Menschen seien getötet worden, als Israel den Strand der Stadt Gaza angegriffen habe.

Bekenntnis zu Nachhaltigkeitszielen bei UN-Entwicklungskonferenz in Sevilla

Inmitten drastischer Einschnitte bei internationalen Hilfen haben sich die Teilnehmer der vierten UN-Konferenz für Entwicklungsfinanzierung im spanischen Sevilla zu den Nachhaltigkeitszielen der UNO bekannt. Am ersten Konferenztag am Montag beschlossen sie die sogenannte Verpflichtung von Sevilla und damit ein gemeinsames Vorgehen, um die Ziele trotz des Spardrucks bis 2030 zu erreichen. Bundesentwicklungsministerin Reem Alabali Radovan (SPD) sprach von einem "kraftvollen Schub für eine gerechtere Welt". UN-Generalsekretär António Guterres forderte mehr Investitionen.

Textgröße ändern: